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0686 - Engel der Finsternis

0686 - Engel der Finsternis

Titel: 0686 - Engel der Finsternis
Autoren: Claudia Kern
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ausgesetzt, die an dem Flugzeug zerrten.
    Papiere, Colaflaschen, Socken, Münzen und Teile der Innenverkleidung wirbelten durch die Kabine. Die Leiche des Kameramannes hatte sich zwischen zwei Sitzen verkeilt. Der hin und her schwingende Arm des Mannes sah aus, als würde er winken.
    Etwas traf Zamorra am Kopf und ließ ihn aufstöhnen.
    Das überleben wir nicht, dachte er mit plötzlicher Klarheit.
    Smith hatte aufgehört zu wimmern. Sein Gesicht war zu einer Maske des Schreckens erstarrt. Nur der stahlharte Griff, mit dem sich seine Hände um Zamorras Arm gekrallt hatten, verriet, dass er nicht vor Angst gestorben war.
    Und dann war es soweit.
    Die Maschine schlug auf.
    Ein furchtbarer Ruck ging durch die Kabine, trieb Zamorra die Luft aus den Lungen. Für eine Sekunde wurde ihm schwarz vor Augen. Er sah nicht, wie Smith weggerissen wurde, spürte nur, wie der Druck um seinen Arm plötzlich verschwand.
    Mit ohrenbetäubendem Lärm bohrten sich Äste durch die zerberstenden Fenster. Plastikverkleidungen platzten, als die Maschine sich verformte. Felsen rissen hämmernd Metall auf. Das Dröhnen, Kreischen und Stöhnen des Flugzeugs klang wie der Todeskampf eines riesigen Tiers, das sich nicht in sein Schicksal fügen will.
    Funken sprühten durch die Kabine. Holzsplitter und scharfkantiges Metall vermischten sich zu tödlichen Geschossen. Sitzbänke wurden empor geschleudert, als der Boden Wellen warf und aufbrach. Die Leiche des Kameramanns wurde herumgewirbelt, verschwand in einer Wolke aus Staub und Rauch.
    Es stank nach Benzin.
    Das war das erste, was Zamorra deutlich in diesem Chaos aus Lärm und Schmerz wahrnahm. Er wusste, was das zu bedeuten hatte, aber bevor er einen klaren Gedanken fassen konnte, wurde die Turbo-Prop erneut herumgerissen.
    Im nächsten Moment sah der Dämonenjäger blauen Himmel über sich. Um ihn herum knirschte und krachte es, als die Maschine, die immer noch mit hoher Geschwindigkeit über den Boden rutschte, langsam auseinanderbrach. Trümmer bohrten sich in die helle Erde. Rauch stieg aus einer Tragfläche auf.
    Zamorra handelte instinktiv.
    Seine Finger fanden den Verschluss des Sicherheitsgurts, öffneten ihn. Er holte tief Luft und stieß sich ab!
    Der Boden kam rasend schnell auf ihn zu. Aus den Augenwinkeln sah Zamorra den Schatten des Höhenruders, das nur Zentimeter über seinem Kopf vorbeischoss. Dann schlug er auf, rollte sich ab und kam taumelnd wieder auf die Beine.
    Vor ihm rutschte das brennende Flugzeug auf einige Felsen zu. Der hintere Teil, in dem er gesessen hatte, stand im rechten Winkel vom Rest ab. Der Benzingestank war selbst auf diese Entfernung noch unerträglich.
    Für einen Augenblick glaubte Zamorra, das Gesicht eines Menschen hinter einem der zerstörten Fenster zu sehen. Er schluckte und verdrängte den Gedanken. Es gab nichts, was er für die Insassen tun konnte. Sie hatten keine Chance.
    Zamorra drehte sich um und stolperte auf eine Felsgruppe zu. Erst jetzt bemerkte er, dass er am Ende seiner Kräfte war, aber er konnte nicht aufgeben. Er war der brennenden Maschine noch viel zu nah. Es musste ihm wenigstens gelingen, hinter den Felsen in Deckung zu gehen. Dort war er in Sicherheit.
    Als das Flugzeug explodierte, war Zamorra nur noch wenige Meter von den rettenden Felsen entfernt. Die Druckwelle traf ihn wie die Faust eines Riesen und warf ihn zu Boden. Notdürftig versuchte der Parapsychologe, seinen Kopf mit den Armen zu schützen, während brennende Trümmerstücke zischend um ihn herum einschlugen.
    Ein scharfer Schmerz.
    Schwärze.
    ***
    »Hier ist ja noch einer.«
    »Ohne euch hätte ich ihn nicht gefunden.«
    »Ich denke schon.«
    »Ach, verdammt…«
    Die Stimme drang leise durch die Dunkelheit an Smiths Bewusstsein. Er hörte die Worte, verstand aber dessen Bedeutung nicht. Der Dämmerzustand, in dem er sich befand, ließ keine Zusammenhänge zu.
    Der Regisseur spürte, wie sein Körper angehoben und über den Boden gezerrt wurde. Aus irgendeinem Grund war ihm das unangenehm. Er wollte nur, dass man ihn in Ruhe ließ.
    Irgendwo stöhnte jemand leise. Smith bemerkte nicht, dass er es selbst war.
    »Ich glaube, er kommt zu sich.«
    »Ja, das hat uns gerade noch gefehlt.«
    »Meint ihr das wirklich?«
    »Keine Ahnung.«
    Die Stimme schwieg. Dankbar sank Smith zurück in seinen Dämmerzustand, aber das wohlige Gefühl stellte sich nicht wieder ein. Ohne dass er es eigentlich wollte, begann er sich zu fragen, wer diese Person war und mit wem sie
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