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0674 - Der Wald des Teufels

0674 - Der Wald des Teufels

Titel: 0674 - Der Wald des Teufels
Autoren: Claudia Kern
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Zeit später war er Ludmilla zufällig begegnet. Er konnte sich noch genau an ihren Blick erinnern, als sie ihn ansah. »Heinrich«, hatte sie ihn mit seinem eigentlichen Vornamen angesprochen. »Ein Vertrag mit der Hölle hinterläßt einen Gestank, den keine Seife der Welt abwaschen kann. Du bist verflucht, und ich bedaure dich«.
    Harry Bender schüttelte die Erinnerung ab. Sein Weg hatte ihn bis in diesen Wald geführt und er würde ihn auch wieder hinausführen. Er mußte nur die Nerven behalten…
    »Wir sind da, Sterbliche«, unterbrach die Stimme des Dämons seine Gedanken. Er hatte also nicht gelogen, als er behauptete, er könne magische Quellen so sicher aufspüren wie ein Magnet Eisen.
    Ahrens trat neben ihn und blickte staunend auf die große Lichtung.
    Vor ihm erhob sich eine dunkle Ruine, deren verwitterte Mauerfragmente sich scheinbar gegen die Gesetze der Schwerkraft durchgesetzt hatten und wie eine stumme Anklage steil in den Himmel ragten. Um die Mauern herum lagen Trümmer verteilt, die bis zu dem großen Friedhof reichten, auf dem nur wenige Grabsteine dem Zahn der Zeit standgehalten hatten.
    Ahrens trat an einen der Grabsteine heran und versuchte das Geburtsdatum darauf zu lesen, aber die Schrift war zu sehr verwittert.
    Er bemerkte, daß kein Baum und kein Strauch auf der Lichtung wuchs. Der Boden war völlig kahl. Nicht einmal Unkraut gab es hier, kein Gras, kein Moos… In einiger Entfernung, am Rande der Lichtung, sah er einen kleinen Bach, der anscheinend dort entsprang und tiefer in den Wald floß.
    »Hast du gewußt, daß hier eine Ruine steht?« fragte er Bender.
    Der Bürgermeister schüttelte den Kopf. »Nein, woher auch? Ich war immer ein braver Junge«, er grinste spöttisch, »und bin nie so tief in den Wald hineingegangen. Ich habe keine Ahnung, warum Leute irgendwann mal hier etwas gebaut haben. Mir sind auch keine Aufzeichnungen darüber bekannt.«
    Von Ludmillas Schreibblock, den jetzt Zamorra besaß, ahnte er nichts.
    Er sah Cyarxon an. »Ist das die Quelle seiner Kraft?«
    Der Dämon nickte.
    »Ja«, log er.
    ***
    Zamorra setzte sich frustriert auf einen Baumstamm und sah sich um. Für ihn sahen die Bäume alle gleich aus. Er war sich sicher, daß der Held aus einem Karl-May-Roman keine zehn Sekunden gebraucht hätte, um »die alte, starke Eiche, an der die Wildschweine sich reiben« zu finden, von der es laut der Aufzeichnungen dieses mittelalterlichen Priesters »nicht mehr als zwanzig Manneslängen bis zu dem Bach sind, dem ich zur Ruine folgte«. Der Parapsychologe hatte jedenfalls den Eindruck, nur ziellos durch den Wald zu irren.
    Keine Eiche, keine Wildschweine.
    Zumindest war er dank Ludmillas Anmerkungen so weit gekommen. Die Russin hatte den Weg, den der Priester genommen hatte, bis zum Waldrand nachverfolgt und mit der heutigen Landschaft verglichen. Hätte Zamorra nur den Ursprungstext zur Verfügung gehabt, wäre er verloren gewesen.
    Jetzt sah es allerdings so aus, als habe er das Ende dieses Weges erreicht.
    »Wo ist diese verdammte Eiche?« murmelte er.
    Gab es die überhaupt noch? Die Geschichte lag Jahrhunderte zurück. Vielleicht war der Baum längst irgendeinem Sturm oder Waldbrand zum Opfer gefallen. Dann konnte Zamorra die nächsten Jahre in diesem Wald verbringen, ohne die Ruine zu finden.
    Hinter ihm versank langsam die Sonne zwischen den Bäumen. Die tagaktiven Tiere kehrten in ihre Behausungen zurück, die Vögel verstummten. Stille legte sich über den Wald.
    Es plätscherte.
    Zamorra sah von dem Block auf. Im ersten Moment glaubte er sich geirrt zu haben, aber dann konnte er ganz klar das Geräusch von fließendem Wasser ausmachen.
    Er stand auf und folgte dem Geräusch. Nur wenige Minuten später hatte er den Bach gefunden - wenn es der richtige war, dachte er pessimistisch. Immerhin lag die Trefferquote des Textes bei fünfzig Prozent. Zwar hatte er immer noch keine Eiche gefunden, aber zumindest einen Wasserlauf, dem er folgen konnte und an dessen Ursprung sich mit ein wenig Glück die Ruine und der Naturgeist befanden.
    Und hoffentlich auch Nicole…
    ***
    »Ist das die letzte Kiste?« flüsterte Frank Therborn.
    Der Waldarbeiter rülpste als Antwort.
    »Ja«, sagte er dann schleppend. »Das ganze Lager ist leergeräumt.«
    Frank grinste. »Und du bist wirklich sicher, daß das Zeug noch funktioniert?«
    »Natürlich. Das ist gute alte VEB-Qualität. Kein Schnickschnack, nur das nötigste. Da kann überhaupt nichts schief gehen. Wir haben damit
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