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0654 - Unter dem Vampirmond

0654 - Unter dem Vampirmond

Titel: 0654 - Unter dem Vampirmond
Autoren: Werner Kurt Giesa
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küssen, aber sie wich aus. »Erst das Vergnügen, dann die Arbeit«, spöttelte sie. »Mach dir den Spaß, eine Zeichnung anzufertigen… danach können wir vielleicht zu den schweißtreibenderen Tätigkeiten übergehen.«
    Das Programm hatte ihnen Pierre Robin vor einiger Zeit zur Verfügung gestellt. Zamorra begann mit der Zusammenstellung der einzelnen Komponenten, die schließlich ein Gesicht ergeben sollten. Aber obgleich er die Vampirin in der Zeitschau recht deutlich gesehen hatte, war seine Erinnerung hier nicht sehr exakt. »Schade«, murmelte er, »daß man die Bilder, die das Amulett zeigt, nicht wie bei einer Digitalkamera speichern und im Computer weiterverarbeiten kann… Merlin hätte damals, als er das Ding erschuf, ein Interface mit einbauen sollen, um einen Datenaustausch zu ermöglichen!«
    »Vor fast einem Jahrtausend hat der auch ganz bestimmt schon an Computer gedacht«, spöttelte Nicole. »Warte mal, könnte sein, daß ich hier fündig werde. Eines von den Suchwörtern, die ich eingegeben habe, paßt zu einer Datei…«
    Sie rief sie auf. Aber es handelte sich nur um einen kurzen mehrzeiligen Verweis auf eine uralte Schrift, die von einer bestimmten Art besonders blutrünstiger Vampire handeln sollte. Diese Schrift aber befand sich nicht in der Datenbank.
    »Aber in der Bibliothek?« hoffte Zamorra. »Eines der vielen Werke, die noch nicht eingescannt sind?«
    »Vergiß es«, murmelte Nicole. »Ausgerechnet diese Schrift muß damals mit abgefackelt sein, als das Château brannte… und war damals auch noch nicht elektronisch erfaßt.«
    Zamorra preßte die Lippen aufeinander. 1987 war das geschehen. Damals starb auch Bill Fleming, sein alter Freund und Mitstreiter. Es war eine böse Zeit gewesen. [3]
    Zamorra dachte noch oft an Bill. Sie hatten zuviel gemeinsam erlebt, um ihn jemals vergessen zu können.
    Er riß sich aus seinen Erinnerungen. »Die Datei ist also aus der Erinnerung heraus angelegt worden?«
    »Als Platzhalter für den Fall, daß wir noch einmal an eine Abschrift jener Schriftrolle gelangen«, sagte Nicole.
    Sie runzelte die Stirn.
    »Warum holen wir uns nicht einfach das Original zurück?«
    »Es verbrannte!«
    »Ja, aber… die Regenbogenblumen! Mit ihnen können wir doch auch, wie wir seit kurzem wissen, auch gezielte Zeitreisen unternehmen. Wenn wir nun in die Zeit vor dem Brand zurückkehrten und retten, was zu retten ist, bevor es verbrennt…?«
    »Es wäre ein Eingriff in den regulären Zeitablauf, vielleicht würde es sogar zu einem Paradoxon. Und das möchte ich nicht riskieren. Nicht schon wieder, und nicht für so eigentlich recht profane Dinge wie eine Schriftrolle, so einzigartig und wertvoll sie auch gewesen sein mochte!«
    »Wir könnten sie im Computer sichern und dann wieder zurückbringen in die Vergangenheit…«
    »Und mit etwas Pech dabei von uns selbst dabei erwischt werden. Prompt hätten wir das übelste aller Paradoxa. Vergiß es, Nici. Wir werden nicht ohne wirklich triftigen Grund mit der Zeit herumspielen! Wir haben doch schon oft genug erlebt, was dabei an Katastrophen herauskommen kann!«
    Nicole nickte. »Stimmt schon«, murmelte sie unbehaglich. »Aber andererseits wissen wir nicht hundertprozentig, ob Zeitreisen mit den Regenbogenblumen nicht solche Paradoxa unmöglich machen…«
    »Vergiß es«, wiederholte Zamorra energisch. »Selbst wenn es so ist -wenn wir einmal damit anfangen, aus einem so relativ unwichtigen Grund Zeitreisen durchzuführen, wird es irgendwann zur Gewohnheit. Wir haben Merlins Zeitringe. Sie zwingen uns Disziplin auf, schon allein durch die Art, wie sie bedient werden wollen. Wenn es bei den Regenbogenblumen einfacher ist, verlieren wir diese Disziplin zu schnell. Und irgendwann einmal geht es schief, dann aber gleich richtig…«
    Nicole seufzte. »Vielleicht hast du recht. Aber es ist ein verlockender Gedanke!«
    »Vergiß es!«
    Sie nickte. »Schon gut, Chef. Aber dann kommen wir mit dieser Vampirbestie nicht weiter! Übrigens könnten wir vielleicht ein paar Stunden in der Zeit zurückgehen und das Opfer retten…«
    Zamorra sprang auf. »Keiner von uns ist Gott!« stieß er hervor. »Sicher. Wir retten den Mann. Dann fällt uns der nächste Mensch ein, der getötet wurde und den wir nachträglich retten könnten, dann der übernächste und der überübernächste, und warum machen wir nicht den Kosovo-Krieg ungeschehen und den zweiten Weltkrieg und die Kreuzigung Christi und Kains Mord an Abel?«
    Er stürmte aus
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