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0651 - Zeitfeuer

0651 - Zeitfeuer

Titel: 0651 - Zeitfeuer
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Das Buch existiert. Gestern, heute und morgen. Es ist einfach da. Der Vorgang des Lesens, gut, der mag zeitlich gebunden sein. Aber das Buch ist es nicht. Es ist fortwährend da, und die Handlung des Romans findet immer genau dann statt, wenn Sie darin lesen. Auch wenn Sie es gestern schon gelesen haben, oder wenn es vor fünfzig Jahren geschrieben wurde. In dem Fall war die Handlung vor fünfzig Jahren für den Verfasser aktuell. Sie ist es jetzt für Sie. Und trotzdem ist es die gleiche Handlung.«
    »Ich glaube, ich will wirklich nicht darüber nachdenken«, wehrte Kreis ab. »Erzählen Sie mir lieber, was Sie Vorhaben. Sie sagten, Sie würden mich durch die Traumzeit schicken?«
    »Ich träume Sie von hier aus an einen anderen Ort«, sagte Shado. »Wenn Sie einverstanden sind. Ihr Körper bleibt hier zurück. Ihr Geist schafft sich einen neuen Körper am Ziel. Einen…« Er zögerte.
    »Ja?« hakte Kreis nach.
    »Einen Körper, mit dem Sie handeln können. Er wirkt völlig echt. Sowohl für Sie als auch für andere. Zum Beispiel für Shirona. Sie wird glauben, sie hätte es mit dem echten Stefan Kreis zu tun. Sie wird sich mit Ihnen befassen, ohne zu ahnen, daß Sie in Wirklichkeit hier bei mir sind und ruhen.«
    »Schön. Und dann? Sie wird mich verschleppen wollen. Sie wird also meinen Geistkörper, oder was immer das auch ist, verschleppen. Und da mein Geist drin steckt, werde ich also…«
    »Wenn Sie es zulassen«, sagte Shado. »Es wäre eine einmalige Gelegenheit, mehr über Shirona und ihre Absichten herauszufinden. Aber Sie können jederzeit zurück. Sie müssen es nur wollen. Denken Sie einfach daran, wieder in Ihrem ursprünglichen, wirklichen Körper zu sein, und es geschieht unverzüglich. Sie sind keinen Moment lang in wirklicher Gefahr.«
    Kreis hob die Brauen.
    »Das klingt wirklich nach Sciencefiction«, sagte er. »So etwas wie Translokation.«
    »Dieses Wort kenne ich nicht«, gestand Shado. »Aber wenn Sie es sagen, wird es wohl so sein. Sind Sie bereit, auf diese Weise Shirona in ein Verwirrspiel zu verwickeln? Sie gehen kein Risiko ein. Sie kann Sie nicht töten, sie kann Ihnen nicht schaden. Wünschen Sie sich einfach hierher in Ihren Körper zurück, und schon sind Sie hier, und Shirona greift in die leere Luft, mit allem, was sie aufzuwenden hat.«
    Kreis sah ihn eine Weile an. Sah durch das Cockpitfenster nach vorn in die endlose Weite vor dem Flugzeug.
    Shado hatte sich ihm gegenüber noch nicht feindselig gezeigt. Und es schien auch keine Falle zu sein.
    Im Gegenteil, es war vielleicht die Möglichkeit, etwas Unglaubliches zu erleben, von dem andere Menschen nicht einmal träumen konnten. Etwas, das Romane vor der Wirklichkeit verblassen ließ, etwas, das ihm kein Computerspiel bieten konnte.
    Wenn es stimmte, was Shado sagte - wenn es wirklich kein Risiko gab, wenn er jederzeit abbrechen und zurückkehren konnte…
    »Ich muß verrückt sein«, sagte der Student. »Aber ich probier’s mal aus. Was muß ich tun?«
    »Gar nichts«, sagte Shado. »Entspannen Sie sich, Kreis. Allenfalls überlegen Sie sich, was Sie tun werden, wenn Sie Shirona unmittelbar gegenüberstehen.«
    »Sie wollen mich zu ihr schicken?«
    »Ich träume Sie in ihre Nähe. Sie wird glauben, Sie ergreifen zu können. Alles weitere hängt von Ihnen ab. Spielen Sie mit ihr, oder lachen Sie sie aus. Was auch immer… Ihnen selbst kann nichts geschehen.«
    Kreis nickte. »Sofern ich mich rechtzeitig zurückwünsche.«
    »Richtig.«
    Irgendwie hatte der Student das Gefühl, daß Shado eigentlich noch etwas mehr hatte sagen wollen, es aber verschwieg. Trotzdem glaubte er nicht, daß der Aborigine ihn damit in Gefahr brachte. Es mußte etwas eher Unbedeutendes sein…?
    Er ahnte nicht, daß es um Verletzbarkeit ging.
    Wenn Shado einen anderen Menschen an einen anderen Ort träumte und ihn dort agieren ließ, war dieser Mensch unverwundbar.
    So hatte Shado es zumindest bisher erfahren.
    Doch dann hatte er es bei Zamorra und einem seiner Freunde erlebt, daß diese Unverwundbarkeit scheinbar doch nicht funktionierte. Denn es hatte Verletzungen gegeben!
    Aber Shado glaubte nicht, daß Shirona Kreis wirklich verletzen wollte. Aus irgendeinem Grund, den bisher keiner von ihnen kannte, schien sie ihn zu brauchen. Ihn - oder sein Wissen, seine Fähigkeiten. Was auch immer! Wenn sie ihn verletzte, schadete sie ihrem eigenen Vorhaben. Also war er auf jeden Fall sicher. Und vor allem konnte er jederzeit zurück.
    »Wo wird sie jetzt
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