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065 - Corrida der Dämonen

065 - Corrida der Dämonen

Titel: 065 - Corrida der Dämonen
Autoren: Larry Brent
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besser, daß sie allein tätig geworden
war.
    Auf Anhieb fand Mary das Haus in der schmalen, staubigen
Gasse und sah wieder mal ihr gutes Gedächtnis bestätigt, das auch beiläufig
Dinge aufnehmen und behalten konnte.
    Sie bat den Taxifahrer zu warten, da sie überzeugt war,
daß ihr Aufenthalt nicht lange dauern würde.
    Sie klopfte an. Ihre Blicke waren unstet, und sie
beobachtete die Menschen und die herumstreunenden Köter, die nach etwas
Freßbarem suchten.
    Am gegenüberliegenden Haus wurden die Läden im ersten
Stock geöffnet. Hinter einem Vorhang aus bunten Plastikstreifen sah Mary den
dunkelhäutigen Körper eines gutgewachsenen Mischlingsmädchens, das offenbar
eben aus dem Bett stieg und außer einer schimmernden, unechten Perlenkette
nichts weiter auf der Haut trug.
    Hinter dem Mädchen tauchte eine muskulöse, weißhäutige
Gestalt auf. Mary Dawson sah den nackten Oberkörper eines Mannes, der sich dem
Mädchen näherte, es umfaßte und dann zärtlich die Schultern küßte.
    Mary Dawson schloß die Augen. Sie hatte plötzlich einen
bitteren Geschmack im Mund. Sie durfte nicht daran denken, daß Hathly sich
tatsächlich in dieser Gegend wohl gefühlt hatte.
    »Hathly, Hathly«, murmelte sie, und es wurde ihr nicht
bewußt, daß sie die Worte halblaut vor sich hinsprach.
    »Ja, Señora, Sie wünschen?« fragte die Stimme vor ihr
plötzlich.
    Mary Dawson zuckte zusammen. Ihr wurde bewußt, wie nervös
und unruhig sie in Wirklichkeit doch war.
    Die Tür vor ihr war geöffnet, und wie eine Erscheinung
aus dem Grab stand die greise Rosana Getabojc vor ihr.
    Helles Sonnenlicht fiel auf die braune, runzlige Haut,
der Mund war ein einziger dünner Strich, die Augen lagen tief in den Höhlen.
    »Wohnt hier Señorita Ramona?« fragte Mary Dawson schnell.
    In dem Gesicht bewegte sich kein Muskel. »Sie hat hier
gewohnt, Señora. Sie ist gestern ausgezogen.« Die Stimme der Alten klang
schwach und krank. Mary merkte ihrer Gesprächspartnerin an, daß sie schlecht zu
hören und zu sehen schien. Sie legte den Kopf schief und lauschte, wenn die
Sekretärin sprach, und ihre kleinen Augen waren ständig zu schmalen Schlitzen
zusammengepreßt.
    »Hat hier gewohnt?« antwortete Mary Dawson wie ein Echo.
    »War die Señorita mit einem Amerikaner befreundet?«
    »Ich glaube, ia.« Die Alte zuckte die Achseln. »Ich weiß
da nicht so genau Bescheid.« Sie sprach spanisch. Offenbar konnte sie kein Wort
englisch.
    »War dieser Mann in Ramonas Begleitung?«
    Wieder das Achselzucken.
    »Er war ein paarmal hier, ich habe ihn gesehen. – Aber so
treten Sie doch bitte näher! Unterhalten wir uns im Haus.«
    Rosana Getaboje trat zur Seite.
    Mary Dawson machte erst keine Anstalten, sich vom Fleck
zu rühren. Sie fragte:
    »Könnte es möglich sein, daß es Ihnen entgangen ist, als
Ramona in Begleitung nach Hause kam?«
    »Aber sicher. Ich liege schließlich nicht auf der Lauer
wie ein Wachhund, Señora.«
    Die Art, wie sie das sagte, zeigte Mary, daß die alte
Dame ihre eigene Art von Humor hatte.
    Da entschloß Mary sich doch, ins Haus zu gehen. Es war
leicht möglich, daß die Greisin nicht mehr so genau merkte, was eigentlich um
sie herum vorging.
    Aber die Bemerkung, daß Ramona gestern ausgezogen sei,
beschäftigte Mary Dawson außerordentlich.
    Ausgerechnet gestern! Der letzte Tag von Bill Hathlys
Anwesenheit in Mexico City!
    Ob der Auszug Ramonas und das Verschwinden Bills
miteinander in Zusammenhang standen?
    »Darf ich mir Ramonas Zimmer ansehen?« fragte Mary, als
sie in der dumpfen, übelriechenden Küche stand.
    »Aber natürlich, gern. Gehen Sie die Treppe dort hoch!
Die Tür gleich rechts. Es ist nicht abgeschlossen.«
    »Danke!« Mary Dawson ging an der schwarzverrußten
Feuerstelle vorbei. Die Alte setzte sich in ihren abgenutzten Korbsessel und
starrte gedankenverloren vor sich hin, als ginge sie der Besuch nichts an.
    Mary Dawson fühlte sich nicht wohl in ihrer Haut. Wenn
ihr jetzt etwas zustieß, dann wußte niemand, wo sie sich befand!
    Sie beeilte sich, die schmale Treppe emporzukommen, und
klopfte mechanisch an die verschlossene Tür. Aber es meldete sich niemand. Es
war niemand da. Das hatte die Alte schon gesagt.
    Die Amerikanerin drückte die Tür auf und warf von der
Schwelle aus einen Blick in den nicht ungemütlich und einigermaßen
geschmackvoll eingerichteten Wohnraum.
    Kein Mensch.
    Mary Dawson wurde das Gefühl nicht los, daß hier einiges
nicht stimmte. Sie konnte nicht sagen, warum sie so dachte,
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