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065 - Corrida der Dämonen

065 - Corrida der Dämonen

Titel: 065 - Corrida der Dämonen
Autoren: Larry Brent
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er auch dem
Taxifahrer ein Trinkgeld, über das der Mann sich freute.
    »Ich stehe Ihnen gern zu jeder Zeit wieder zur Verfügung,
Señor«, sagte er und machte eine tiefe Verbeugung.
    Das Taxi fuhr davon. Rund fünfzehn Meter von ihm stand
ein Lkw, der fast die ganze Breite der Straße einnahm.
    Es war ein Wunder, wie der Fahrer den Wagen daran vorbeibrachte,
ohne den Lkw zu rammen oder den Verputz des nicht mehr ganz sauber aussehenden
Hauses abzukratzen.
    Hathly kannte hier jeden Stein, jeden Fußbreit Erde.
    Diese alte mexikanische Gasse mit ihren Gerüchen und
schattigen Winkeln und Ecken, den herumlungernden Gestalten, den spielenden, im
Schatten sitzenden, schmutzigen Kindern war ihm vertraut.
    Ramona verdiente nicht soviel, daß sie sich eine
Apartmentwohnung im Zentrum hätte mieten können. Es sei denn, sie wäre auf den
Gedanken gekommen, ihre Arbeitsstelle in dem Silberwarengeschäft zu kündigen
und mit ihrem Körper Geld zu machen.
    Es gab gerade unter den Mischlingsmädchen sehr viele, die
dem Gewerbe der käuflichen Liebe nachgingen. Aber Ramona war aus einem anderen
Holz geschnitzt. Wenn sie mit einem Mann schlief, dann wollte sie sich den auch
selbst aussuchen.
    Die braune, verwitterte Holztür war nicht abgeschlossen.
Ramona drückte die Klinke und stieß sie auf.
    Von der Straße aus trat man direkt in eine dunkle, kühle
Küche, in der eine alte Frau saß. »Buenos noches«, grüßte Hathly.
    Die runzlige Frau blickte kaum auf, als die beiden ins
Haus kamen.
    Sie war nicht Ramonas Mutter. Die Mestizin hatte ihre
Eltern nie kennengelernt. Sie war in einem von katholischen Schwestern
geführten Heim großgeworden. Einige Zeit nach ihrer Entlassung war sie der
alten Frau hier zur Hand gegangen und hatte dafür umsonst hier wohnen können.
Nachdem sie in der Stadt Arbeit gefunden hatte, brachte sie es jedoch nicht
fertig, die alte Frau einfach im Stich zu lassen.
    »Kann ich was für dich tun, Rosana?« fragte Ramona
Charreda, während sie sich der dunkel gekleideten Frau näherte, die ihre
Handarbeit zur Seite legte. Es war ein Strohgeflecht.
    »Nein, schon gut. Ich freue mich, daß du zu Hause bist.«
Sie hatte eine dunkle, etwas brüchige Stimme. Die kleinen Augen in dem
runzligen Gesicht befanden sich in ständiger Bewegung. Auch Rosana war eine
Mestizin, die in ihrer Jugend eine schöne begehrenswerte Frau gewesen sein
mußte. Aber das Klima und die Entbehrungen ließen die Menschen hier schneller
altern.
    Bill Hathly konnte sich in der Nähe der Alten eines
eigenartig beklemmenden Gefühls nicht erwehren. Jedesmal, wenn er in die Küche
trat und Rosana war anwesend, hatte er den Eindruck, die Blicke aus den alten
Augen würden ihn bis auf den Grund seiner Seele durchbohren.
    Sie mußten an der Alten vorüber.
    Schweigend sah die Frau Ramona und dem Amerikaner nach.
    Ihr schmaler, zahnloser Mund war ein kaum wahrnehmbarer
Strich in dem zerknitterten Gesicht.
    Ramona Charreda ging Hathly voraus.
    Neben der primitiven Feuerstelle war ein Durchbruch in
der Wand, der zu einer schmalen Holztreppe führte, über die man in die zwei
kleinen oberen Zimmer gelangte, wo Ramona wohnte.
    Der Treppenaufgang war finster. Elektrisches Licht gab es
in diesem Haus nicht. Die Alte konnte es sich nicht leisten.
    Hätte jemand von Hathlys Angestellten die Gelegenheit
gehabt, den Chef jetzt hier zu sehen, er würde sich an den Kopf gegriffen und
gefragt haben, ob Hathly geistig noch normal war.
    Was suchte ein Mann wie er in dieser primitiven
Behausung?
    In der City war er in einem Hotel untergebracht, und dort
standen zwei luxuriös eingerichtete Apartments zur Verfügung.
    Vielleicht aber war es gerade der Kontrast, der Geschmack
am wirklichen Leben, das Einfache, was Hathly reizte. Das ewig Sterile, das Vornehme
konnte auf die Dauer langweilig sein. Das Haus war alt und in seinem Innern
roch es modrig, nach abgestandener Luft, nach den Gerüchen der Küche, nach
Gewürz und altem Fett.
    Aber Ramonas Zimmer war eine Insel, auf der er sich wie
zu Hause fühlte. Es gab ein breites, weiches Sofa und mehrere handgeknüpfte
Teppiche, die den alten morschen Dielenfußboden farbenprächtig verkleideten.
Jedes Möbelstück, jeder noch so kleine Gegenstand, den Ramona besaß, war
liebevoll ausgesucht und zusammengestellt und drückte ihren ganz persönlichen
Geschmack aus. An der Wand hingen zwei Petroleumlampen. Auf dem Tisch und neben
dem Sofa standen halb abgebrannte Kerzen.
    Es war schon dämmrig. Die letzten Strahlen
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