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0640 - Hexentränen

0640 - Hexentränen

Titel: 0640 - Hexentränen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Händen trank.
    Dann richtete sie sich wieder auf.
    Sie hatte ihre normale Größe wieder.
    Neben dem Brunnen lag der Ofen mit strampelnden Beinen auf der Seite. Auf dem Brunnenrand lag Yagas Kleidung.
    Und das Wasser im Brunnen war versiegt…
    Die Hexe stieg aus ihm heraus. Sie fühlte sich wieder verjüngt und stark, hatte ihre Kräfte zurückgewonnen. Sie kleidete sich an und sah zum Himmel hinauf.
    Jetzt konnte sie den Vollmond wieder sehen!
    Er schien wieder über ihr!
    Aber noch etwas geschah. Etwas, womit sie in diesem Moment schon gar nicht mehr gerechnet hatte.
    Merlin kam!
    ***
    Und Merlin tobte innerlich vor Zorn.
    Er war nicht mehr rechtzeitig gekommen. Das Unheil, das er hatte verhindern wollen, war geschehen. Baba Yaga hatte vom Wasser des Jungbrunnens getrunken.
    Nicht nur etwas.
    Zuviel…
    Nun war der Brunnen versiegt.
    Versiegt für alle Zeiten.
    Nie wieder würde er sein magisches Wasser führen. Um den Schrumpfungszauber aufzuheben -oder auch aus völlig anderen Beweggründen - hatte die Hexe daraus getrunken.
    Zuviel getrunken! So viel, daß das Wasser sich nicht mehr erneuern konnte.
    Es war nicht für das gedacht, was Yaga getan hatte. Kleine Schlucke waren der Normalfall, nicht diese entsetzliche Gier, welche Yaga an den Tag gelegt hatte. Darauf war der Jungbrunnen nicht eingerichtet; der ganze Zauberwald war es nicht.
    Alles war nun verloren. Kein Wasser im Jungbrunnen mehr, kein Weg mehr für Merlin nach Avalon.
    Seinen persönlichen Schlüssel dorthin besaß er jetzt nicht mehr!
    Wenn er nach Avalon ging, mußte er vom Wasser des Jungbrunnens trinken. Das war ihm nun unmöglich gemacht worden!
    Es traf ihn schlimmer als alles andere, das er jemals zuvor erlebt hatte. Der wichtigste aller Wege war ihm versperrt worden.
    Er hatte geahnt, daß das geschehen könnte.
    Deshalb hatte er Yaga von hier fernhalten wollen. Es war ihm nicht gelungen.
    Sie hatte das Schlimmste getan.
    Ungeheurer Zorn ergriff Besitz von ihm.
    Ohne Vorwarnung griff er an.
    ***
    Yaga zögerte fast zu lange.
    Entgeistert starrte sie Merlin an, mit dessen Auftauchen sie nicht gerechnet hatte. Unbändiger Zorn tobte deutlich sichtbar in ihm. Er war so wütend, daß sein Gesicht fast schon dämonenhafte Züge zeigte.
    Die Hexe schrie ihn an. »Sohn des Teufels, jetzt messe Dich mit seiner Großmutter… mit der Baba Yaga! Jetzt gib mir den Hinweis, nach dem ich schon so lange suche! Du bist in der Pflicht!«
    Doch Merlin reagierte anders.
    Er dachte gar nicht daran, zu tun, was sie von ihm verlangte.
    Wortlos schleuderte er seine goldene Sichel nach der Hexe. Mehr als ein Werkzeug, mehr als eine Waffe. Sein Symbol. Der Inbegriff seiner persönlichen Macht.
    Die Sichel flog auf die Hexe zu.
    Obwohl Baba Yaga mit einem harten Zweikampf gerechnet hatte, war sie jetzt doch beeindruckt von dem Gesicht Merlins, das selbst sie nicht kannte. Selbst nach all den Jahrhunderten noch nicht! Nein, nicht dieses Gesicht…
    Von einem Augenblick zum anderen spürte sie Angst.
    Es war eine andere Angst als zuvor. Das hier war viel elementarer. Sie fürchtete sich. Sie, das Mütterchen Rußlands… Sie, die einst zum Spaß dafür sorgte, daß Rasputin zum Zarenhof kam, sie, die so den Untergang der Zarenfamilie, mehr noch, des ganzen Zarenreiches bewirkte!
    Niemand dort hielt sie jemals für eine Märchenfigur. Auch die letzte Zarin nicht mehr, als sie ihr in ihrer Todesstunde im Traum erschien und ihr verriet, wer den Untergang den Zarenreiches bewirkte. Die Baba Yaga. Eine Figur, die in Romanen, im Märchen vorkommt, so dachte die letzte Zarin, bis die Mutter Rußlands ihr ihren Irrtum aufzeigte.
    Das war Macht gewesen, wie sie ihr gefiel. Macht, wie sie sie immer ausgeübt hatte. Doch nun, als Merlin ihr gegenüberstand, verflog in ihr jeder Gedanke an Macht. Hier konnte sie nicht mehr Schicksal für ein Weltreich spielen. Hier ging es um ihr eigenes Schicksal. Und der Spieler war Merlin!
    Baba Yaga hatte Angst. Was konnte sie noch tun angesichts des mächtigen Magiers, der sich jetzt an nichts mehr gebunden fühlte? Der all seine Kraft gegen sie schleuderte, um sie ein für alle Mal zu verderben?
    Sie weinte… sie weinte die Tränen der Baba Yaga.
    Und die Sichel, sie flog.
    Raste gedankenschnell auf die Hexe zu!
    Und Baba Yaga fing ihre Tränen auf - und schleuderte sie gegen den Zauberbann, der den Wald als schützende Hülle umgab!
    »Othium Lunarsa, FRAU IM MOND!«
    ***
    Als Merlin diesen Namen hörte, erbleichte er.
    Er erinnerte
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