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0640 - Hexentränen

0640 - Hexentränen

Titel: 0640 - Hexentränen
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sich - einmal mehr, nur wurde ihm die Erinnerung diesmal nicht aufgezwungen und konnte ihn auch nicht wehrlos machen. Aber er sah das Bild wieder überdeutlich vor sich, das ihn schon damals erschreckt und ihm zu denken gegeben hatte.
    »Nie wird Dir, Myrddhin Emrys, die Frau im Mond leuchten. Wo Mondschein wandelt, deine Macht wird schwinden, wenn der Mond über Broceliande leuchtet.«
    Damals hatte er nicht begriffen, was die aus dem Nichts erklingende Frauenstimme ihm damit hatte sagen wollen. Damals, als er mit der Magie des Vollmondes ein Amulett zu schmieden versucht hatte!
    Doch jetzt verstand er es endlich.
    Baba Yaga hatte mehr gewußt als er, viel mehr, damals schon. Hatte sie beobachtet, was er tat, um ihm dann ihren Zauber entgegenzuschleudern? Nein, sie selbst konnte es nicht gewesen sein. Frau im Mond…
    Aber die Merlin fremde Mondmagie war der Grund, weshalb Baba Yaga mit der Kraft des Vollmondes die Magie von Zamorras Amulett außer Kraft setzen konnte. Auch die Magie der späteren Amulette, die er auf eine völlig andere Weise geschaffen hatte. Denn da hatte sich die artfremde Magie längst in ihm festgesetzt.
    Vollmond-Magie… das war die Kraft, mit der auch Baba Yaga arbeitete. Jetzt endlich verstand er, was ihm bis dahin stets ein Rätsel geblieben war.
    Jetzt wußte er es. Die Erinnerung hatte es ihm eben gezeigt.
    Zu spät… viel zu spät…
    Was half es jetzt noch, daß sein späterer Versuch von Erfolg gekrönt war, daß er Sterne vom Himmel holte, um aus ihnen die Amulette zu formen, eines nach dem anderen… die sieben Sterne von Myrrian-ey-Llyrana? Denn auch mit ihnen war er unzufrieden gewesen. Sie funktionierten, aber immer hatte noch etwas gefehlt. Eines nach dem anderen hatte er geschaffen, und jedes war stärker geworden als sein Vorgänger, bis hin zum siebten, das endlich die gewünschte Perfektion zeigte.
    Merlin schluckte. War es vielleicht das, was ihm die Erinnerungsbilder hatten zeigen sollen? Sollten sie ihn zu Erkenntnissen führen, die ihm sonst verschlossen geblieben wären?
    Aber warum ausgerechnet jetzt?
    Warum im Zusammenhang mit der Suche Yagas nach dem Hinweis auf ihre Tochter?
    War Zeit vergangen, während er sich erinnerte?
    Die Sichel flog immer noch!
    Blitzschnell, und doch schien die Zeit stillzustehen. Oder…
    Auch die Tränen der Hexe flogen!
    Sie trafen ihr Ziel. Sie zerstörten die Schutzhülle um den Wald. Von einem Moment zum anderen sah Merlin den Mond, der über dem Zauberwald leuchtete. Den Vollmond, den er bis zu diesem Augenblick nicht über dem Wald hatte sehen können. Seine Strahlen fielen ein, formten sich zu einer Mondsichel aus Licht. Diese Mondsichel zerschnitt Merlins Sichel in zwei Teile.
    Das Symbol seiner Macht war zerbrochen!
    Das Zeichen seiner persönlichen Macht!
    Die Mondsichel löste sich wieder in einzelne Lichtstrahlen auf, die jetzt Merlin trafen.
    Er schrie auf.
    Die Strahlen wurden zurückgeworfen.
    Einer von ihnen traf Baba Yaga.
    Und etwas Erstaunliches geschah!
    Etwas, mit dem nicht einmal Merlin selbst in letzter Konsequenz gerechnet hatte.
    Durch diesen Strahl erhielt sie den ersten Hinweis, der in Merlin selbst verborgen lag.
    In ihren Augen blitzte es auf. Wild lachte sie ihren Triumph hinaus, die uralte Hexe, die in diesem Moment so jung aussah wie Merlins Tochter.
    Augenblicke später war sie verschwunden.
    Die letzten Worte, die Merlin von ihr hörte, waren ›Die Puppenspielerin‹. Dann war Baba Yaga fort.
    Aber damit war es noch nicht zu Ende. Denn da waren immer noch die anderen Strahlen des Vollmonds.
    Sie zerstörten den Wald.
    In einem gigantischen Feuerorkan verging Broceliande.
    Allein blieb Merlin in den rauchenden Resten zurück.
    Jetzt war der Frevel gerächt, den Merlin damals begangen hatte, als er ohne zu fragen die Macht des Mondes benutzt hatte…
    ***
    Fassungslos sah der Zauberer sich um. Kaum etwas war übriggeblieben. Von dem einst so wunderbaren Zauberwald existierten nur noch kleine Reste hier und da.
    Alles andere war zerstört.
    Durch Baba Yaga…
    »Nichts im Zauberwald verändert sich je.«
    Das hatte er zu Gryf gesagt, als er ihn, Teri und Ted hierher geholt hatte.
    »In Broceliande tötet niemand einen anderen.« Der Satz aus einem seiner Erinnerungsträume.
    Der Tod hatte reiche Ernte gehalten. Nicht nur etwas hatte sich im Zauberwald geändert - von dem ganzen Wald existierten nur noch kleine Bereiche. Ob es in ihnen jedoch noch Leben gab, konnte Merlin nicht sagen. Erschüttert, wie er
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