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064 - Der Frauenhexer

064 - Der Frauenhexer

Titel: 064 - Der Frauenhexer
Autoren: Earl Warren
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gehört hatte.
    Der Verwalter, der mit Graf Bodo am Tisch beim Wein saß, schlug ihm vor, den Fiedler hereinkommen zu lassen.
    „Ihr braucht eine Ablenkung, Graf Bodo. Die Musik wird Euch aufheitern. Vielleicht können diese Klänge sogar Fräulein Roxane auf andere Gedanken bringen, damit sie an etwas anderes denkt als an diesen Schankwirt.“
    Der Graf wollte zuerst nicht, doch dann stimmte er zu. Der Burghauptmann selbst führte den Fiedler in den großen Saal.
    Der Fiedler war ein großer, hagerer Mann in einem oft geflickten Anzug. Er zog den Hut mit der langen Feder, verneigte sich tief vor dem Grafen. Er hatte rotes Haar, verschiedenfarbige, helle Augen, und er hinkte.
    „Meine Verehrung, Graf Bodo von Falkenfels. Darf ich Euch mit meinen Melodien unterhalten?“
    Der Graf bedeutete dem hinkenden Fiedler, zu beginnen. Dieser setzte den Bogen an, und zauberhafte Klänge drangen durch den Raum. Bald versammelten sich vor den Fenstern im Hof alle Burgbewohner, vom Stallknecht bis zum adligen Burghauptmann, von der Magd bis zur Gesellschafterin Roxanes. Roxanes Bruder Gottfried trat in den Saal.
    „Der fiedelt ja wie der Teufel selbst“, rief er aus. Ein Blick aus den tückisch glitzernden Augen des Fiedlers traf ihn.
    „Laß uns hereinkommen, Vater“, sagte der Grafensohn. „Wir stehen uns draußen in der Kälte die Beine in den Bauch. Vergiß deinen Ärger über Roxanes Leichtsinn und sei vergnügt.“
    Der Graf überlegte kurz, dann stimmte er zu. Er ließ sogar Roxane in den Saal holen, an dessen langer Tafel links und rechts die Burgbewohner saßen, Ritter, die dem Grafen dienten, der Verwalter, Knechte, Mägde, Diener und Dienerinnen, Knappen, die Frauen der Ritter, Roxanes Gesellschafterin, die Burgsoldaten und ihr Hauptmann. Gottfried und Roxane von Falkenfels saßen zu beiden Seiten ihres Vaters. Es war eine bunt zusammengewürfelte, ausgelassene, fröhliche Gesellschaft.
    Schon tanzten Männer und Frauen zu den Klängen der Fiedel. Der Kerzenschein erhellte den Saal. Das Kaminfeuer prasselte. Vor den Fenster rieselten Schneeflocken vom Himmel.
    „Aufgepaßt jetzt“, rief der Fiedler. „Jetzt werde ich eine ganz besondere Melodie spielen. Doch dafür verlange ich auch eine besondere Belohnung.“
    „Die sollst du haben“, rief Graf Bodo, warf die wohlgefüllte Geldbörse auf den Tisch. „Spiel, Spielmann.“
    Und der Fiedler spielte. Es war kaum zu glauben, welche Töne er seinem Instrument entlockte. Herrliche, schmeichelnde Töne, die aber trotzdem etwas Hinterhältiges, Böses auszudrücken schienen. So manchem der Anwesenden rann ein Schauer über den Rücken.
    Als der Fiedler geendet hatte, brach ein wilder Beifall los. Graf Bodo öffnete die Geldbörse.
    „Welche Belohnung willst du, Fiedler?“
    Der Blick des Spielmanns richtete sich auf Roxane.
    „Ich fordere kein Geld, Graf, ich fordere deine Tochter.“
    „Was?“ Die Faust des Grafen krachte auf den Tisch, daß die Weinbecher sprangen. „Für solche Scherze habe ich keinen Sinn, Fiedler. Nenne deinen Preis und reize mich nicht.“
    „Ich habe meinen Preis genannt, Graf. Ich verlange deine Tochter.“ Der Blick des Spielmannes bohrte sich in den des Grafen. „Du selbst wolltest deine Tochter lieber mir zur Frau geben als meinem Diener Signefeu, der dir zu gering war. Wohlan, löse dein Versprechen ein.“
    Der Graf erblaßte. Es wurde totenstill im Saal.
    „Packt ihn!“ schrie der Graf.
    Der Fiedler lachte. Er setzte den Bogen an die Fiedel.
    „Jetzt spiele ich dir einen Tanz, Graf, den du in alle Ewigkeit nicht vergessen sollst.“
    Der hinkende Fiedler zog den Bogen über die Saiten, daß ein schriller Mißton erklang. Alle saßen wie gebannt, konnten sich nicht von der Stelle rühren. Bis auf den Grafen. Abrupt sprang er auf.
    Er wollte sich auf den Fiedler stürzen, doch hohnlachend spielte dieser eine wilde, dämonische Melodie. Der Graf begann zu tanzen. Entsetzen stand in seinem Gesicht, als seine Beine zu springen anfingen, sein Körper zuckte, ganz gegen seinen Willen. Immer wilder, immer toller spielte der Fiedler, und immer wilder und toller tanzte der Graf.
    Längst schon strömte Bodo von Falkenfels der Schweiß in Bächen über das Gesicht, doch der Fiedler hielt nicht inne. Die Füße des Grafen tanzten. Blut strömte dem Grafen aus Mund und Nase, es wurde ihm schwarz vor Augen.
    Doch seine Füße trugen ihn weiter durch den Saal. Bodo von Falkenfels’ Puls raste, sein Herz hämmerte gegen die Rippen. Er
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