Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
064 - Der Frauenhexer

064 - Der Frauenhexer

Titel: 064 - Der Frauenhexer
Autoren: Earl Warren
Vom Netzwerk:
Ablauf dieser Frist gehörst du den Folterknechten.“
    Gottfried von Falkenfels hatte den Herzog um Hilfe gebeten. Dieser glaubte die wilden Gerüchte nicht, die ihm von den Geschehnissen auf Burg Falkenfels zu Ohren kamen.
    Doch er willigte ein, mit seinem Gefolge und einem Landsknechtsregiment nach Burg Falkenfels zu reiten und dort nach dem Rechten zu sehen.
    Es dauerte allerdings mehrere Wochen, bis der Herzog die Zeit dazu fand. An einem kalten Januartag endlich, zwei Tage vor Ablauf der Frist, die der Hexer Roxane gesetzt hatte, erreichten Herzog Albrecht und seine Leute die Burg.
    Auf dem Weg hatte der Herzog schreckliche Dinge über das Treiben des Hexers Signefeu gehört. Der Name des Mannes mit dem Feuermal wurde wie ein Fluch ausgesprochen.
    Signefeu öffnete das Burgtor nicht. Er sprach vom Söller aus mit dem Herzog, der auf seinem herrlichen Apfelschimmel, prächtig in Samt, Seide und Hermelinumhang gekleidet, vor der Burg hielt. Das Regiment der Landsknechte hatte hinter dem Herzog Stellung bezogen. Gottfried von Falkenfels stand an Herzog Albrechts Seite.
    „Ich fordere Euch auf, mich in die Burg einzulassen und Euch zu rechtfertigen für all das, was Euch vorgeworfen wird“, rief der Herzog.
    „Du hast mir nichts zu befehlen. Verschwinde mitsamt deinen Männern und deinen Hofschranzen, alter Narr!“
    „Signefeu, wenn Ihr nicht gehorcht, werde ich Euch meine Macht und meinen Zorn spüren lassen.“
    Der Hexer lachte gellend. Roxane stand neben ihm. Ein Schleier verbarg ihr weißes Haar.
    „Spürt ihr zuerst meine Macht!“ schrie der Mann mit dem Feuermal.
    Er breitete die Arme aus, spreizte den schwarzen Umhang. Im Nu zogen sich dunkle Wolken am Himmel zusammen. Ein eiskalter Sturm brauste über den Herzog, die Landsknechte und die Höflinge hinter ihnen. Plötzlich tanzten bläuliche Flammen auf den Helmen der Landsknechte, auf den Klingen ihrer Säbel, den Rohren der Arkebusen.
    Hexen auf Besen ritten über den Himmel, zogen Kometenschweife hinter sich her. Krachend flog das Burgtor auf. Eine schreckliche Erscheinung trat aus dem Torbogen.
    Der Dämon füllte den Torbogen aus. Seine Haut war grau und rissig, seine Beine wie knorrige Baumstämme. Haarbüschel, in denen Schlangen und Skorpione nisteten, wucherten auf seiner Haut. Seine Hände waren Klauen mit langen Krallen, und fußlange, spitze Zähne ragten aus seinem Maul. Er schnaubte Rauch und Feuer. Sein Gesicht war eine scheußliche verzerrte Fratze, und seine Stimme grollte wie Donner.
    „Wo … sind … sie? Ich will sie zerreißen, ihre Herzen fressen.“
    Der Dämon war blind. Gilbert Signefeu rief eine Beschwörung. Ein Schwärm schwarzer Vögel und riesiger Fledermäuse stieg aus den Haaren des Dämons auf, flatterte auf den Herzog und sein Gefolge zu. Die Tiere wiesen dem Dämon den Weg, waren seine Augen.
    In respektvoller Entfernung schloß der Herzog einen Belagerungsring um die Burg. Einen Angriff wagte er nicht.
    Gilbert Signefeu aber zerrte Roxane in seine Gemächer, riß ihr die Kleider vom Leib und warf sie auf das Lager. Voller Ekel, Abscheu und Entsetzen mußte sie dem Schrecklichen mit dem Feuermal zu Willen sein.
    Nach Einbruch der Dunkelheit ging Roxane zum Grab ihres Vaters. Der Friedhof war der einzige Platz, wo sie Ruhe fand vor dem Hexer und seinem Gefolge. Roxane setzte sich vor die Gruft und weinte.
    Da berührte etwas ihre Schulter, leicht wie eine Spinnwebe. Sie sah auf. Eine bleiche, geisterhafte Gestalt stand vor ihr. Durch sie hindurch konnte sie die Steine der Gruft sehen. Sie erkannte die zerquälten Züge ihres Vaters, des Grafen Bodo von Falkenfels.
    „Ich finde keine Ruhe im Grab“, sagte er mit hohler Stimme. „Du bist ein Opfer des Hexers, Roxane, ich weiß es jetzt. Ich bin gekommen, um dir zu sagen, wie man dem Treiben Gilbert Signefeus ein Ende bereiten kann.“
    „Gibt es einen Weg? Welchen? Ich will alles tun, um Signefeu in die Hölle zu schicken, wo er hingehört.“
    „Du mußt bei Vollmond um Mitternacht Wasser aus einer Quelle schöpfen, auf die der Schatten eines Kreuzes im Mondlicht fällt. Wenn Signefeu mit diesem Wasser besprengt wird, verliert er für vierzehn Tage seine Zauberkräfte.“
    Die Geistergestalt verblaßte.
    „Wo finde ich eine solche Quelle?“ fragte Roxane noch.
    Wie ein Hauch kam die Antwort: „Am Wegkreuz eine Meile hinter dem Galgenwirtshaus.“
    Dann war die Erscheinung verschwunden. Roxane wußte nicht, ob sie das alles erlebt oder nur geträumt
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher