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0637 - Die Corr und der Träumer

0637 - Die Corr und der Träumer

Titel: 0637 - Die Corr und der Träumer
Autoren: Werner Kurt Giesa
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aus eigener Kraft den Weg zum Silbermond hätte nehmen können; immerhin verband ihn sehr viel mit dieser Welt, die jetzt unsichtbar, um 15 Minuten in die Zukunft versetzt und in Julians Traumwelt eingebettet, die Erde umkreiste. Aber er wollte den Träumer nicht vor den Kopf stoßen, sich nicht seinen Zorn zuziehen.
    Deshalb suchte er Julian auf und bat ihn, ihm Zugang zum Silbermond zu gewähren.
    »Das trifft sich gut«, erklärte Julian. »Dort wollte ich selbst gerade nach dem Rechten sehen. Etwas Seltsames, Unerwartetes ist geschehen: jemand hat sich Zutritt verschafft.«
    »Dann haben wir beide das gleiche Interesse«, erklärte Merlin. »Gehen wir?«
    Sie gingen.
    Sie betraten einen Traum, wie man einen Raum betritt. Es war ganz einfach.
    Zumindest sah es für Merlin ganz einfach aus.
    Alles andere wußte nur Julian Peters, und der erzählte nichts darüber. Er verriet niemandem, wie er mit seinen Träumen komplexe Welten erschaffen und sich nach Belieben darin bewegen konnte.
    Sie betraten eine Welt, die es eigentlich schon seit vielen Jahren nicht mehr hätte geben dürfen.
    Eine Welt, die einmal das Zentrum weißmagischer Mächte gewesen war.
    Vor langer Zeit…
    ***
    Vali macht oft Spaziergänge in der Einsamkeit.
    Mit ihrer Fähigkeit des zeitlosen Sprungs konnte sie sich jederzeit an jeden beliebigen Ort auf dem Silbermond versetzen. Orte zu finden, an denen sie allein war, war nicht schwierig. Die Anzahl der Sauroiden lag bei etwa einer Million - das verlief sich in den Weiten des Landes. Eine Million Lebewesen in einer einzigen Stadt war eine erschreckende Menge; auf eine ganze Welt verteilt, war es nicht einmal eine Person auf einen Quadratkilometer.
    Es gab einige Orte, die Vali immer wieder aufsuchte, weil es ihr dort mehr gefiel als anderswo.
    An einem dieser Orte hatte sie vor einiger Zeit die verwesenden und zu Staub zerfallenden Reste eines krakenartigen Lebewesens entdeckt. Das mußte der legendäre Siebenauge gewesen sein. Vali wunderte sich ein wenig darüber, daß er seinerzeit überlebt hatte, als die Druidenseelen ihre Körper verließen, um den Silbermond mit ihrer Lebenskraft in die entartete Sonne des Systems der Wunderwelten zu katapultieren.
    Aber es konnte auch ein Tier gewesen sein, das hier starb und nun verweste. Es gab Kraken in den Seen des Silbermonds. Manche schwammen auch hin und wieder die Flüsse und Bäche hinauf. Dennoch war Vali beinahe sicher, daß es sich bei diesem Kadaver um das intelligente Geschöpf Siebenauge handelte, über das man früher nur mit Ehrfurcht geredet hatte. Siebenauge war ein Mythos gewesen; nur wenige konnten sich rühmen, die Freundschaft dieses monströsen Geschöpfes besessen zu haben.
    Wenn Siebenauge wirklich tot war, war das ein enormer Verlust.
    Aber es ließ sich nicht ändern.
    Vali hätte es allenfalls interessiert, woran Siebenauge gestorben war, aber der Körper befand sich längst in einem Stadium des Zerfalls, das keine Untersuchungen und Rückschlüsse mehr zuließ.
    Vali kehrte hierher nie wieder zurück. Es war ein trauriger Ort geworden.
    Auch den Hain der Lebensbäume suchte sie nur ein einziges Mal auf. Sie fand die abgestorbenen Bäume. Jeder Silbermond-Druide besaß einen solchen Baum, war mit ihm innig verbunden. Als die Druiden einst ihre körperliche Existenz aufgaben, starben auch die Lebensbäume.
    Umgekehrt war es ebenso: starb ein Baum, starb auch sein Druide.
    Vali hatte ihren Baum gefunden, ein totes Gebilde, eingetrocknet und unter Berührungen allmählich zerbröckelnd.
    Sie brauchte ihn nicht mehr; sie verdankte ihre Existenz nun der Magie des Sauroiden Rrach. Aber es tat weh, den Lebensbaum so zerstört zu sehen.
    Sie dachte an Gryf und Teri. Wie konnten sie existieren, wenn es auch ihre Lebensbäume nicht mehr gab? Wuchsen deren Bäume vielleicht nicht auf dem Silbermond, sondern an einem ganz anderen Ort?
    Sie hätte es gern erfahren, aber solange sie den Silbermond nicht verlassen konnte, konnte sie Gryf oder Teri auch nicht danach fragen. Und die beiden kamen von sich aus nur sehr, sehr selten hierher.
    Vali dachte oft und lange über diese Dinge nach; sie war ohnehin grüblerisch geworden seit ihrer ›Wiedergeburt‹. Manchmal sprach sie mit Grak darüber, dem Kälte-Priester, mit dem sie sich ein wenig angefreundet hatte. Aber er sah keine Möglichkeit, eine Erklärung für das Phänomen der Lebensbäume zu finden.
    Einer der Orte, die Vali häufiger aufsuchte, war die Stelle, wo der die größte der
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