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0630 - Das Tengu-Phantom

0630 - Das Tengu-Phantom

Titel: 0630 - Das Tengu-Phantom
Autoren: Jason Dark
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Isanga.
    Er war ein vom Wuchs her kleiner Mensch, trug eine farblose Brille, die in seinem Gesicht kaum auffiel, und hatte das dunkle Haar in der langen Hälfte nach hinten gekämmt, während es in der kürzeren zur Seite fiel. Sein Gesicht sah harmlos aus. Er lächelte wie viele Japaner und verbarg hinter diesem Ausdruck seine Gedanken.
    Überraschend kräftig war sein Händedruck. Den schmalen Koffer hatte er neben sich gestellt, und wir fragten ihn, ob wir sofort zum Yard fahren sollten.
    »Eigentlich möchte ich erst mit Ihnen reden.«
    »Das können Sie auch während der Fahrt.«
    Auf seiner glatten Stirn erschien ein Faltenmuster. »Sind Sie mir sehr böse, wenn ich auf diesen Vorschlag nicht eingehe?«, erkundigte er sich leise.
    »Nein, warum?«
    »Dann lassen Sie uns lieber jetzt reden. Unter sechs Augen, wenn ich bitten darf.«
    Ich sah den Captain an, der die Lippen zusammenkniff. »Mein Büro kann ich Ihnen nicht zur Verfügung stellen.«
    »Sie werden doch noch einen anderen Raum haben.«
    »Ja.«
    »Geben Sie uns den.«
    »Kommen Sie mit!«, schnarrte er. Der Ärger stand ihm im Gesicht geschrieben.
    Ich musste grinsen, als ich ihn weggehen sah. Dieser Kerl gehörte zu den Typen, die keinen über sich wissen wollten und nur ihre eigene Meinung akzeptierten.
    In einem kleinen Raum hockten wir schließlich zusammen. Er hatte nur ein schmales Fenster und war überheizt. Es roch muffig, und Miller verabschiedete sich steif.
    Mr. Isanga saß auf einem Stuhl. Suko und ich waren nahe der Tür stehen geblieben. Es gab keine weiteren Sitzplätze, und auf dem Tisch wollten wir nicht Platz nehmen.
    Ich sprach ihn direkt an. »Weshalb sind Sie zu uns gekommen, Mr. Isanga?«
    Seine Antwort riss uns fast um. Mit tonloser, dennoch freundlich klingender Stimme erwiderte er:
    »Weil ich hier sterben werde, Mr. Sinclair…«
    ***
    Ich glaubte, mich verhört zu haben, und Suko erging es ähnlich, denn wir blickten uns ungläubig an.
    »Was haben Sie da gesagt?«, erkundigte sich mein Freund.
    Mr. Isanga erlaubte sich ein Lächeln. »Ich werde hier sterben. Das ist so.«
    »Und woher wissen Sie das?«
    Er schaute mich leicht lächelnd an. »Das kann ich Ihnen nicht genau sagen, Mr. Sinclair. So etwas weiß man eben.« Er sprach ein lupenreines Englisch.
    »Intuition?«
    »Nicht nur.«
    Weder Suko noch ich lächelten über seine Bemerkungen. Beide wussten wir nur zu genau, dass diese sich schlicht anhörenden Worte nicht nur so dahingesagt waren.
    »Beweise also?«
    »Ja.«
    »Und um die geht es Ihnen?«, erkundigte sich Suko.
    »Richtig. Ich habe sie in Tokio sammeln können, aber relevant sind sie hier für Sie.«
    »Inwiefern?«
    »Es geht um die Verflechtung der Rassen, um Zerstörung, um Technologien, alte Traditionen und Magie.«
    »Das ist uns, ehrlich gesagt, zu allgemein, Mr. Isanga. Können Sie konkreter werden?«
    »Gern. Zuvor eine Frage: Welches ist für Sie die gefährlichste Verbrecher-Organisation Japans?«
    »Die Yakuza!«, antwortete Suko vor mir.
    »Wie denken Sie, Mr. Sinclair?«
    »Ebenso.«
    »Sie irren beide.«
    »Also nicht die japanische oder ostasiatische Mafia?«
    »Nein, Mr. Sinclair. Die gefährlichste Gruppe ist der Club der weißen Tauben.«
    Wir verstanden nur noch Bahnhof, denn davon hatten wir noch nie etwas gehört. Wir gingen allerdings davon aus, dass der Mann nicht die lange Reise unternommen hatte, nur um uns weiszumachen, dass es einen Club der weißen Tauben gab. Es musste also mehr dahinter stecken, als wir beide meinten.
    »Sie haben nie etwas davon gehört?«
    »Nein«, sagte Suko. »Aber wenn Sie meine Ansicht hören wollen, das hört sich nach Frieden an. Die weiße Taube ist schließlich das Symbol des Friedens.«
    »Da gebe ich Ihnen Recht.«
    »Und trotzdem ist dieser Club so gefährlich?«
    Er nickte. »Ja, Mr. Sinclair. Dieser Club oder diese Vereinigung ist furchtbar. Ich brauche Ihnen nicht zu sagen, dass der Begriff Friede aus verschiedenen Perspektiven gesehen werden kann. Der eine will ihn durch Gewalt erreichen, der andere durch den reinen Pazifismus, wieder andere durch Abschreckung und das Gleichgewicht der Kräfte. Das einmal vorweg gesagt.«
    »Und wie sehen ihn die Tauben?«
    »Sehr egoistisch, sehr traditionell und außerdem sehr magisch und dämonisch.«
    »Wohl mehr dämonisch - oder?«
    »Das lässt sich nicht so einfach behaupten, Mr. Sinclair. Alles gehört zusammen. Die weißen Tauben sind sehr konservativ und nur auf das Land Japan fixiert. Sie lieben
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