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0630 - Das Tengu-Phantom

0630 - Das Tengu-Phantom

Titel: 0630 - Das Tengu-Phantom
Autoren: Jason Dark
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scharf.
    Ich hatte nichts dagegen.
    Von dem Reittier war inzwischen nur noch eine hellbraune Masse zurückgeblieben. Sie bedeckte das Innere, einen zuckenden Klumpen. Ein widerlicher Geruch drang als zitternde Fahnen von dem erledigten Höllenwesen in unsere Nasen, sodass wir gezwungen waren, die Köpfe zur Seite zu drehen.
    Ich hatte mich gebückt. Starre Finger hielten noch den Griff des Messers fest. Ich musste sie schon aufbrechen, um die Klinge an mich zu nehmen. War das überhaupt Haut, was Arme und Hände des kopflosen Tengu bedeckte? Es fühlte sich glibberig an, man konnte es hin- und herschieben, und am Hals des Tengu stellte ich das Gleiche fest. Es sah so aus, als hätte jemand die Masse in die Öffnung hineingedrückt.
    »Wie ist er entstanden?«, fragte ich. »Wer hat ihn so gemacht? Ist er einmal ein normaler Mensch gewesen?«
    »Sicher«, erwiderte Suko und nickte. »Der hatte alles, was zu einem Menschen gehört. Arme, Beine, einen Kopf…«
    »Und einen dämonischen Geist.«
    »Was meinst du damit, John?«
    »Man kann den Geist nicht töten, das haben wir gehört. Der Geist des Tengu stammt aus dem Bösen an sich. Du kannst ihn nicht vernichten. Ich wundere mich sowieso, dass dieser Torso ruhig liegen bleibt und sich nicht erholt.«
    »Soll er denn aufspringen?«
    Ich nickte. »So ähnlich.«
    Suko winkte ab. »Lass gut sein, John. Wir haben den Tengu geschafft. Freuen wir uns darüber.«
    »Erst einmal sehe ich mir noch den verdammten Kopf etwas genauer an!«
    »Jetzt wirst du pingelig.«
    Ich warf Suko nur einen kurzen Blick zu, ging weiter in Richtung See und passte auf. Wo genau der Kopf verschwunden war, hatte ich nicht sehen können, aber die ungefähre Stelle kannte ich schon.
    Und dort bewegte sich etwas.
    Nicht sehr stark, man hätte es auch dem Wind zuschreiben können, der mit dem Halmen spielte.
    Doch dafür wiederum war es nicht gleichmäßig ausgerichtet.
    Etwas stimmte nicht…
    Ich wurde noch vorsichtiger, winkte Suko herbei und hatte den Arm soeben wieder gesenkt, als etwas vom Boden her in die Höhe schnellte und mit einem gellenden Kreischen in die Luft schoss.
    Der Kopf des Tengu!
    ***
    Es war einfach furchtbar. Über uns schwebte er wie ein glatter Ballon, dessen Außenhaut durch eine sehr dünne Schicht überdeckt war.
    Das Gesicht bewegte sich, die Masse veränderte sich laufend, und dann schossen wir wie auf Kommando.
    Wir gehörten nicht zu den Personen, die das Schießen erst noch lernen mussten.
    Von insgesamt fünf Kugeln wurde der Schädel getroffen. Da ihm ein Teil der Kraft möglicherweise fehlte, konnte er der geballten Macht an geweihtem Silber nicht standhalten. Er verglühte und zerplatzte vor unseren Augen.
    Aber etwas wischte aus den zahlreichen Einzelteilen doch hervor. Es war ein graugrüner Nebelstreifen, mehr ein Fetzen, der in einen Kreis hineinwirbelte, zerrissen wurde und einen Augenblick später entwischte. Lautlos strich er den Wolken entgegen, verband sich mit der Luft oder verschwand darin.
    Es war vorbei…
    Synchron ließen wir die Waffen sinken, wischten über unsere Stirnen und schüttelten beide den Kopf, denn ein Glücksgefühl wollte nicht aufkommen.
    »Das war der Geist.« Ich bemerkte es überflüssigerweise, einfach nur, um etwas zu sagen.
    Suko schwieg, starrte in den Himmel, hob dann die Schultern und ging zum Haus zurück. Er betrat es aber nicht, sondern blieb neben Winston Crawford stehen.
    Es stieg heiß unsere Kehlen hoch. Ich spürte ein Brennen in den Augen und verfluchte den Umstand, ihn allein vor dem Haus gelassen zu haben.
    Irgendwann kehrten Vale und Judith zurück. Blass, zitternd, uns fragend. Wir gaben ihnen einige Erklärungen, wobei wir gemeinsam Winston Crawford begruben.
    Er erhielt ein Grab am See mit einem simplen Kreuz darauf. Als es dunkel wurde, fuhren wir wieder. Ich wollte veranlassen, dass man die Schule genauer untersuchte. Vielleicht gab es irgendwelche Spuren, die auf Tengus und auf eine weltweite Verschwörung hinwiesen.
    Darum sollten sich aber auch die Geheimdienste kümmern. Der Meinung waren wir beide.
    Und es gab noch den Club der weißen Tauben, eine geheime Organisation. Wer zu ihr gehörte, wussten nur sie selbst. Für Europäer war es so gut wie unmöglich, einen Blick hinter die Kulissen dieses rätselhaften Clubs zu werfen.
    In Gedanken versunken rollten wir durch das Gelände, bis zu dem Zeitpunkt, als während der Dämmerung ein sich heftig bewegender Schatten vom Himmel stürzte.
    Es sah so aus,
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