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0625 - Lucifuges Mörder-Horden

0625 - Lucifuges Mörder-Horden

Titel: 0625 - Lucifuges Mörder-Horden
Autoren: Werner Kurt Giesa
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sagte Zamorra. »Ich gehe jetzt zum Dominus, und du bete zu den Göttern, daß ich die Kraft habe, zu deinen Gunsten zu lügen!«
    Angstvoll sah ihm der Junge aus geweiteten Augen nach, als Zamorra davonstapfte. Warum habe ich ihm solche Vorwürfe gemacht? dachte er. Er hatte doch nur Angst, erbärmliche verständliche Angst, und ist die Furcht nicht auch in mich selbst hineingekrochen? Welches Recht habe ich, ihn zu beschimpfen? Unwillkürlich glitt seine Hand zum Hals hinauf, aber er spürte das Amulett nicht mehr.
    Das Amulett? Was für ein Amulett?
    Es war der Sklavenring, den er seit Mittag des vergangenen Tages nicht mehr trug!
    Und seine Gedanken eilten zurück zum frühen Morgen des vorherigen Tages, an dem alles seinen unheilvollen Anfang genommen hatte…
    ***
    »Sind die Figuren nun definiert?« fragte Lucifuge Rofocale.
    Merlin nickte nur. Er hatte erwartet, daß der Erzdämon einen Blick zur Flammenwand warf, hinter der LUZIFER, sein oberster Herr, residierte. Aber der Dämon gab sich völlig ungerührt. Es schien ihm nichts auszumachen, vor wessen Augen das Spiel stattfand.
    Er mußte sehr siegesgewiß sein. Denn wenn er unter LUZIFERs Augen gegen Merlin verlor, konnte er nichts verheimlichen, wie es bei seinen sonstigen Niederlagen oft der Fall war. Das war auch der Grund, weshalb Merlin ihn gezwungen hatte, dieses Spiel zu spielen - es war die einzige Herausforderung, die LUZIFER akzeptierte.
    Es ging Merlin nicht darum, Lucifuge Rofocale zu töten. Nein, das wäre, wie er schon gesagt hatte, zu einfach gewesen.
    Er wollte ihn demütigen. Vor den Augen seines Herrn. Das war schlimmer.
    Und Lucifuge Rofocale wußte das sehr gut.
    Deshalb mußte Merlin auf der Hut sein.
    Er selbst hatte nichts zu verlieren außer das Leben der Spielfiguren, die Lucifuge Rofocale herbeigezwungen hatte. Das wäre schlimm genug, und Merlin wußte nur zu gut, welches Risiko er damit einging. Aber Lucifuge Rofocale würde seine Ehre verlieren.
    Wahrscheinlich würde er versuchen, das Spiel von Anfang an zu seinen Gunsten zu manipulieren.
    »So können wir nun die Handlung des Spiels definieren«, sagte Lucifuge Rofocale. »Ich beginne mit den Vorgaben.«
    »Das ist dein Recht«, gestand Merlin ihm zu.
    Die Welt, in der Zamorra und die anderen als Figuren im Spiel der beiden Mächtigen zu agieren hatten, nahm Konturen an. Personen, Historie, Sozialstruktur, politische Konstellation, magische Grundlagen.
    Die beiden Kontrahenten schufen eine komplexe Welt und gaben den Figuren die dazu gehörenden Erinnerungen, damit sie handeln konnten, wie es ihrer jeweiligen Position bestimmt war. Und Merlin merkte sofort, daß Lucifuge Rofocale sich einen entscheidenden Vorteil dadurch verschaffte, indem er Merlins Figuren - Zamorra und andere - mit einem erheblichen Handicap versah. Ihr Umfeld verlangte, daß sie ihre Fähigkeiten und Fertigkeiten nicht in vollem Umfang einzusetzen vermochten. Daß sie nicht einmal mehr davon wußten!
    Merlin konnte nur noch versuchen, dieses Handicap abzumildern und dadurch auszugleichen, daß er auch Figuren des Lucifuge Rofocale Beschränkungen auferlegte…
    ***
    Zamorra erinnerte sich…
    Der ehrenwerte Dominus Santor hatte sich verändert.
    Nicht äußerlich und auch nicht so, daß es jedermann sogleich aufgefallen wäre. Aber jene, die ihn schon so lange und so gut kannten wie sein altgedienter Sklave, bemerkten es. Als Santor von seiner mehrere Monde währenden Reise zurückkehrte, war er anders als zuvor. Zu bestimmten Dingen äußerte er seine Meinung wie früher, er war auch immer noch freundlich, zuvorkommend und immer bereit, zu helfen. Aber etwas nicht Greifbares an ihm war anders als früher.
    Er war ein sehr reicher Mann. Das Santor-Haus war eines der größten und prunkvollsten der Stadt, nur noch übertroffen vom Tempel und vom Palast des Königs. Santor gehörte zu den wenigen Männern in der Stadt, denen dieser König stets sein Ohr lieh. Doch durch die Macht und den Einfluß war Santor nicht hochfahrend geworden. Häufig lud er in seinen Gärten zum Fest, und dann war es nicht der Adel, der Zutritt hatte, sondern das einfache Volk. Man vertraute dem Dominus, und brauchte jemand Hilfe, so wurde sie ihm gern gewährt.
    Zamorra war froh, keines anderen Dominus Sklave zu sein. Nie hatte er die Peitsche gespürt, und nur selten einmal drang leichter Tadel an sein Ohr. Er wohnte gut, und er wurde auch mit Geld nicht sonderlich knapp gehalten. Zamorra hätte ebenso gut ein freier Arbeiter
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