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0623 - Ein Tropfen Ewigkeit

0623 - Ein Tropfen Ewigkeit

Titel: 0623 - Ein Tropfen Ewigkeit
Autoren: Jason Dark
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schloß mit dem Rand des Bodenniveaus ab, so daß wir normal weiterschreiten konnten und keinen Abhang überwinden mußten.
    Ich wollte auch nicht mehr zurück, blieb mit Kara auf einer Höhe, und wir sanken ein in den öligen Sumpf.
    Sehr langsam glitten wir in die Tiefe, und dennoch viel zu schnell für mich, weil ich damit rechnete, innerhalb der Masse zu ersticken.
    Wir standen noch am Rand. Der Nebel umhüllte uns als geisterhafte Schwaden, und ich hörte aus ihm ein fernes Singen heraus.
    Das Kreuz hatte ich mir um den Hals gehängt. Es baumelte sichtbar vor meiner Brust und sollte mir einen entsprechenden Schutz geben. Nur konnte ich mir kaum vorstellen, daß es für eine normale Atemluft sorgte, die so nötig war.
    Wir sanken tiefer.
    Der Nebel blieb, die Oberfläche stieg höher, hatte bereits meine Hüften erreicht und war bei Kara, weil sie kleiner war als ich, noch höher gestiegen.
    Sie drehte den Kopf nach links. Wir schauten uns an. Ein letzter Blick zwischen uns, ein Abschied?
    »Es wird gutgehen, John, es wird gutgehen. Du mußt nur fest daran glauben.«
    »Ich… ich versuche es.«
    Auf der blassen Stirn glühte der Tropfen Ewigkeit wie eine erstarrte Flamme. Ich hatte auch die Farbe der Flüssigkeit erkennen können. Sie schimmerte in einem satten Grün und erinnerte mich ein wenig an das geheimnisvolle Druidenland Aibon.
    Dann war Kara verschwunden. Der Sumpf schien sie regelrecht in die Tiefe gezerrt zu haben. Schneller als gewöhnlich, und auch ich spürte den Ruck an den Füßen.
    Ein letzter Blick auf den Avalon-Himmel war mir vergönnt, bevor das Innere des Kessels zuschlug. Zuvor hatte ich tief Luft geholt, dann spürte ich die weiche Masse über mein Gesicht streichen und sank noch tiefer hinein in eine Welt, die voller Wunder, Rätsel und sicherlich auch Gefahren war.
    Was umgab uns?
    Ich schaute zuerst auf Kara. Sie hatte sich von mir gelöst. Es war nicht zu erkennen, ob ihre Füße den Grund berührten, jedenfalls stand die leicht vorgebeugt, hatte die Arme ausgestreckt und erinnerte mich an einen Engel, der mich umfangen wollte.
    Dabei lächelte sie und hielt – was mir unerklärlich vorkam –, den Mund offen.
    Sie konnte atmen!
    Ich auch? Kara war in einem gewissen Sinne kein Mensch, sondern eine Person, die seit mehr als zehntausend Jahren lebte und mir sicherlich einiges voraus hatte. Vielleicht besaß sie eine andere Atemtechnik, ich wußte es nicht. Mir war auch klar, daß ich den Mund öffnen mußte, und zwar sehr bald, weil der Lungendruck zunahm.
    Ich tat es.
    Luft! Tatsächlich, ich bekam Luft, konnte in dieser Umgebung, die wie verdichtetes Glas wirkte, noch Atem holen.
    Ein Wahnsinn!
    Ich sah Kara lachen und lächelte zurück. Auf einmal fühlte ich mich besser, versuchte die ersten Bewegungen und kam mir dabei vor wie ein Astronaut in seiner Fähre, wenn er sich durch den luftverdünnten Raum schwingend bewegte.
    Es war unerklärbar, einfach herrlich, wundervoll und gleichzeitig rätselhaft.
    Erklärbar nicht, ich nahm es hin und vertraute in diesem Fall auf die Magie.
    Ein Blick aus gesenkten Augen traf mein Kreuz. Es hatte sich nicht so verändert, als wäre es mit der Aibonschen Magie zusammengekommen. Sein Silberglanz war geblieben, kein grüner Schimmer zeichnete die Konturen des Talismans nach.
    Wir schritten schweigend nebeneinander her. Ich hörte mich sogar gehen, das brachte mich auf den Gedanken, es mit der Sprache zu versuchen. So redete ich Kara an.
    »Es ist auf einmal so einfach.«
    »Das habe ich mir gedacht.«
    »Weshalb ist…?«
    »Schau auf den Tropfen!« Sie hatte den Kopf so gedreht, daß ich ihn ansehen konnte.
    Tatsächlich, er sorgte dafür, daß wir eine freie Bahn bekamen, denn von ihm ging ein Strahl aus, der uns den Weg öffnete. »Zwei Welten, zwei Magien sind zusammengestoßen, John. Die atlantische und die aus Avalon. Beide sind nicht negativ, beide sind gleich stark und heben sich in diesem Fall auf.«
    Ich hatte ihr kaum zugehört, weil etwas anderes meine Aufmerksamkeit in Anspruch nahm.
    Für mich war es ein Phänomen, denn dieser Kessel beinhaltete eine Welt für sich.
    Die Welt der Toten, die darauf warteten, wieder ins Leben zurückgeworfen zu werden.
    Sie lagen übereinander, gestreckt, alle in der gleichen Haltung.
    Eingeschlossen von einer gläsernen Magie, mit bleichgrünen Gesichtern und Hoffnung auf den Zügen.
    Sie warteten vielleicht schon Jahre oder Jahrzehnte darauf, in ein neues Leben gerufen zu werden. Wann der Zeitpunkt
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