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0613 - Mandragoros grausamer Garten

0613 - Mandragoros grausamer Garten

Titel: 0613 - Mandragoros grausamer Garten
Autoren: Jason Dark
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weiter nach Osten bewegten. Der Professor stand auf und ging mit schwerfälligen Schritten auf das Fenster zu. Bei Tageslicht besaß er einen wunderbaren Ausblick hinab in das Donautal. In der Dunkelheit hätte er normalerweise die Lichter der kleinen Dörfer und Städte sehen können, bei diesem Wetter tat sich nichts. Da blinkte nicht einmal etwas.
    Die Welt verschwamm im Grau des fallenden Schnees, und dieses Wetter paßte sich genau der Stimmung des Professors an.
    Er schaute auf die Uhr.
    Noch vier Stunden bis zur Tageswende. Dann dauerte es wieder sehr lange, bis eine müde Helligkeit die tiefen Schleier der Nacht zur Seite schob.
    Die Stunden würden ihm lang vorkommen. Schon jetzt fühlte er sich wie ein Gefangener in seinem Schloß.
    Er wollte sich wieder abwenden und hatte die Drehung schon zur Hälfte hinter sich gebracht, als es passierte.
    Draußen, dicht am Fenster, und nicht einmal durch den fallenden Schnee verdeckt, glitt der Schatten entlang.
    Er war nicht schnell und kam dem Professor vor, als würde ein Engel dort entlangschweben, der ungemein viel Zeit besaß. Nur war es ein gefährlicher Engel, denn etwas blitzte auf und kratzte dann, verbunden mit häßlichen Geräuschen, über die Scheibe.
    Chandler zuckte zurück. Er erwartete, daß die alte Scheibe platzen würde, aber kein Glas flog ihm entgegen, und auch das Geräusch war verstummt.
    Noch immer schneite es.
    Der Professor zitterte. Bisher hatte er nur angenommen, daß man ihn beobachtete. Nun aber hatte er den Beweis bekommen. Diese Gestalt war kein Engel gewesen, sondern ein Mensch, eine männliche Person, die vorbeihuschte.
    Sie kontrollierte ihn, sie hielt auch das Schloß im Auge, und Chandler fragte nach dem Grund.
    Im Prinzip konnte er nur mit der Entdeckung dieser anderen Welt zusammenhängen, aber wen hatte diese Dimension denn geschickt?
    Einen menschlichen Boten? Und was war dort aufgeblitzt?
    So logisch und nüchtern Chandler auch oft nachdenken konnte, in diesen Momenten geriet er ins Schleudern. Er wußte nicht, wie er sich verhalten sollte.
    Es gab natürlich eine Möglichkeit, sich zu verstecken. Das Schloß und dessen unterirdische Gewölbe boten zahlreiche Verstecke. Aber es lag auch eine lange Nacht vor ihm, die der Unbekannte würde nutzen können. In den Stunden der Finsternis konnte er jeden Raum des Schlosses zweimal durchsuchen, und dieses wiederum erschien Chandler doch sehr real. Zu wirklich, um zu bleiben.
    Also Flucht!
    So recht konnte sich der Wissenschaftler mit diesem Gedanken nicht anfreunden. Er gehörte nicht zu den Feiglingen, das hatte er schon auf der Uni bewiesen, zudem verfolgte er die These, daß ein Wort schärfer ist als eine Schwertklinge, nur galt dies als Gesamtes und nicht für den Einzelfall.
    Da konnte das Schwert schon siegen. Und hatte er nicht hinter der Scheibe etwas blitzen sehen? Sicher, wobei er noch davon ausging, daß es sich um eine Waffe handelte.
    Chandler räusperte sich, schaute auch durch die anderen Fenster des Raumes und sah nur den fallenden Schnee, der die Umgebung des Schlosses wie ein Vorhang umschloß.
    Chandler atmete schwer. Er spürte auch den harten Herzschlag, denn die Dinge hatten ihn innerlich stark aufgewühlt. Er mußte einfach etwas unternehmen. Wenn er das Schloß verließ, besaß er noch eine Chance, denn der Unbekannte konnte nicht überall sein.
    Deshalb wollte er nicht durch das Hauptportal gehen, sondern einen der kleinen Seitenausgänge nehmen. Das Feuer im Kamin ließ er brennen, als er mit leisen Schritten den Raum verließ.
    Er brauchte nicht erst nach unten in die kalte Schloßhalle zu gehen, sie und das Arbeitszimmer lagen auf einer Höhe. In der Halle machte er kein Licht und bewegte sich in der Düsternis über den dunkel schimmernden Steinboden dorthin, wo er seinen Mantel hängen hatte und auch die schweren Schuhe standen.
    Er zog den langen, schwarzen Mantel über, schlüpfte auch in die Schuhe und fühlte nach, ob in der Tasche noch die Autoschlüssel steckten. Sie waren noch da.
    Zu Fuß fliehen zu wollen, hatte für ihn keinen Sinn. Wer immer draußen lauerte, derjenige war erstens jünger und zweitens schneller als der schon ältere Wissenschaftler.
    Chandler hatte sich einen Wagen zugelegt. Einen älteren Opel Rekord, der in einem Nebengebäude stand, das früher einmal als Remise gedient hatte.
    Dort mußte er hin.
    Wie ein Dieb im eigenen Schloß tauchte er unter. Den Weg fand er ohne Licht. Chandler hätte blind sein können, er hätte
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