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0603 - Die Pestklaue von Wien

0603 - Die Pestklaue von Wien

Titel: 0603 - Die Pestklaue von Wien
Autoren: Jason Dark
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will Ihnen nicht zu nahe treten, aber wäre es nicht sinnvoll, wenn Sie uns die Pestklaue überließen?«
    Hinter den Brillengläsern weiteten sich die Augen. »Und weiter?« fragte er.
    »Nichts weiter, Signore, überhaupt nichts. Ich möchte nur, daß wir uns der Klaue stellen.«
    »Sie halten mich für zu alt.«
    »Irgendwo stimmt das schon. Nicht daß wir Ihnen nichts zutrauen würden, aber die Pestklaue stellt eine tödliche Gefahr dar, damit sollten Sie rechnen.«
    Er stand auf, ohne uns eine Antwort gegeben zu haben. Mit schweren Schritten ging er auf eine alte Anrichte zu, die mit mehreren, kunstvoll geschmiedeten Silberleuchtern dekoriert war. Er bückte sich und zerrte an zwei Schubladengriffen. Die Lade klemmte etwas, verkantete, so daß er sie schließlich mit einem Ruck herausziehen mußte. »Die Brüder haben hier etwas aufbewahrt«, erklärte er, »das möchte ich Ihnen sagen und Ihre Worte gleichzeitig Lügen strafen, daß ich nicht in der Lage bin, mich zu wehren.« Wir konnten nicht sehen, was er hervorholte. Erst als er sich aufrichtete und den Arm hob, sahen wir es.
    Es war ein Beil!
    Sogar ich erschrak, als ich den alten Mann mit dem Beil in der Hand sah. Diese Waffe gab ihm etwas Furchterregendes, er wirkte überhaupt nichts grotesk.
    Suko und ich erkannten, daß es sich um eine altes Beil handeln mußte, und wir hatten auch einen bestimmten Verdacht, den Suko aussprach. »Ist das die Waffe, mit der Hercule de Dijon vor einigen Hundert Jahren die Hand abgehackt wurde?«
    Ohne das Beil sinken zu lassen, nickte di Stefano. »Ja, das ist sie.«
    »Und was wollen Sie damit?«
    Er ließ den Arm sinken und kam auf uns zu. Dann legte er das Beil zwischen uns auf den Tisch, so daß wir es uns aus der Nähe betrachten konnten. »Ich werde ihr wieder etwas abhacken, aber diesmal werden es die Finger sein.«
    »Glauben Sie denn, daß Sie es schaffen?« fragte ich.
    »Warum nicht?«
    »Kann man mit dieser Waffe, deren Eisen im Laufe der Zeit Rost angesetzt hat, tatsächlich eine Steinhand zerstören? Ist das wirklich möglich, Signore?«
    Er schob die Brille zurück. »Ich werde es versuchen. Niemand soll mich einen Feigling schelten.«
    »Das war der Prior bestimmt nicht, und jetzt ist er tot.«
    »Aber ich habe Sie als Helfer.«
    »Das stimmt.«
    Er breitete die Arme aus. »Wir werden sehen, wie es abläuft, wenn die Hand hier erschienen ist und…« Er verstummte mitten im Satz, denn es hatte geklingelt.
    Zu dritt schauten wir uns an. Unausgesprochen lag die gleiche Frage auf unseren Gesichtern.
    Wer kann das sein?
    »Ich werde öffnen«, erklärte der Historiker und wollte sich in Bewegung setzen.
    Suko hielt ihn fest. »Das macht am besten John Sinclair. Wir beide bleiben hier.«
    »Glauben Sie denn, daß die Klaue geschellt hat? Ich nicht, das muß jemand anderer gewesen sein.«
    »Wenn auch, es ist trotzdem sicherer.«
    Den letzten Satz bekam ich nicht mehr mit, da ich den Raum bereits verlassen hatte.
    Leider gab es keinen »Spion« in der Tür. Ich wollte auch nicht fragen, wer sich draußen aufhielt, machte mich aber bereit, sofort wieder zurückzuspringen, sollte sich etwas Schlimmes ereignen.
    Mit einer schnellen Bewegung öffnete ich die Tür – und bekam große Augen. Vor mir stand Isabel de Dijon!
    »Darf ich hereinkommen?« fragte sie mit rauher, flüsternder Stimme, die einen fremden Klang besaß.
    ***
    Ich war dermaßen überrascht, daß ich keine Antwort geben konnte und nur nickte. Mit ihrem Auftauchen hatte ich nicht gerechnet, es war schon ein kleiner Schock.
    Sie sah ziemlich ramponiert aus. Man erkannte, daß sie von der Klaue gehalten worden war. Sie wirkte schmutzig, irgendwo auch kaputt und gleichzeitig sehr nervös, was ich dem Scharren ihrer Füße entnahm, deren Sohlen sie auf der Matte heftig hin- und herbewegte.
    »Darf ich, oder nicht?«
    »Bitte – und entschuldigen Sie. Ich habe nicht damit gerechnet, Sie zu sehen.«
    »Macht nichts.«
    Ich gab den Weg frei, schaute in den Flur und entdeckte die Riesenklaue nicht. Isabel de Dijon schien wirklich allein gekommen zu sein. Auf ihre Erklärung war ich gespannt.
    Ich führte sie zu den beiden anderen, die sie ebenfalls groß anschauten.
    »Muß ich die Dame noch vorstellen?« wandte ich mich an den Historiker, der den Griff des Beils losließ.
    »Nein, das ist wohl nicht nötig. Isabel de Dijon, wenn ich mich nicht irre?«
    »Sie irren sich nicht, Monsieur.«
    Suko sprach sie an, legte seine Hände dabei auf ihre Schultern,
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