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0583 - Schädeltanz am Hudson

0583 - Schädeltanz am Hudson

Titel: 0583 - Schädeltanz am Hudson
Autoren: Jason Dark
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Laternen, mal von Wellen überspült, im nächsten Augenblick wieder freigelegt. So jedenfalls sahen sie beim ersten Hinsehen aus. Das stimmte jedoch nicht.
    Wer genauer hinsah, der konnte selbst bei diesen Lichtverhältnissen erkennen, daß es sich nicht um Laternen handelte, sondern um makabre Gebilde.
    Totenschädel!
    Die Schädel, die auch wir kennengelernt hatten, als sie aus der Luft angegriffen hatten.
    Jetzt schwammen und schaukelten sie auf dem Wasser, wobei es keine Welle schaffte, sie in die Tiefe zu zerren. Sie selbst sanken auch nicht dem schlammigen Grund entgegen, sondern folgten demjenigen, unter dessen Kontrolle sie standen.
    Es war eine männliche Person. Sie hockte in einem normalen Boot mit zwei Rudern. Fast spielerisch leicht ruderte sie gegen die Strömung an. Sie würde das andere Ufer erreichen.
    Wir hörten die Stimme des Riesen. »Du wolltest doch den Doc sehen, Roxie. Da kommt er!«
    ***
    Die ältere Frau schwieg, auch wir hielten uns zurück. Aus dem Augenwinkel nahm ich wahr, daß sich die Gestalten erhoben, sich reckten und die Arme ausstreckten. Sie hielten etwas in den Händen, das aussah wie lange Flammen, und sie hatten auch ihre Gesichter bemalt, ähnlich der Kriegsbemalung wie bei den Indianern. Daß diese Zeichen ihren Grund hatten, war mir klar. Hier sollte eine schreckliche Magie freigesetzt werden.
    Ich hörte Schritte.
    Der Riese und Roxie kamen auf uns zu. Er bedachte uns mit keinem Blick, als er uns passierte, auch Roxie sagte nichts. In ihren Augen jedoch las ich so etwas wie Verzweiflung. Es war alles anders gelaufen, als sie und ich es uns vorgestellt hatten.
    Sie gingen zum Ufer. Links der Turm, rechts Roxie, ein kleines, unscheinbares Menschenwesen, allerdings mit einer innerlichen Kraft ausgefüllt, die enorm war.
    »Wir sollten etwas unternehmen«, hauchte Bill Conolly mir zu.
    »Weißt du schon, was?«
    »Nein.«
    Ich beobachtete ihn, den Kahn und auch die schwimmenden Totenköpfe, die sich von der dunklen Wasserfläche abhoben wie große, gelbe Korken.
    Sie tanzten, schwammen und schaukelten dem Uferpier entgegen, den auch der Doc anvisierte.
    Roxie und der Hüne warteten. Manchmal schüttelte sich die kleine Frau, als würden Angstschauer über ihren Rücken rieseln. Sie traute sich nicht, sich umzudrehen.
    Eine beklemmende Spannung lag in der Luft. Das Rauschen der Fluten nahmen wir nur als eine ferne Kulisse wahr. Es gab andere, wichtigere Dinge, auf die wir uns konzentrieren mußten.
    Je mehr sich das Boot und die Schädel der Uferbefestigung näherten, um so schlechtes wurde unser Sichtwinkel. Bald schaukelten die letzten Schädel in den Schatten der Ufermauer, an dessen Grenze sich der Riese aufhielt, sich nun bückte und einen Arm ausstreckte.
    Die Geste sagte alles. Er wollte dem Doc aus dem Boot und dabei aufs Trockene helfen.
    Sehr deutlich hatten wir ihn nicht erkennen können. Dazu war es einfach nicht hell genug gewesen. Wahrscheinlich kletterte er eine der flachen, rostigen Leitern hoch, die sich in verschiedenen Abständen in den Stein hineinkrallten.
    Der Hüne verwehrte uns mit seinem breiten Körper die Sicht auf den Fluß und natürlich auf den Doc, der erst sichtbar wurde, als sein Helfer zur Seite trat.
    Wäre die Lage nicht so ernst gewesen, hätte ich sicherlich gelächelt. Auch Bill hatte Mühe, sich zurückzuhalten, denn die Gestalt, die da aus dem Boot geklettert war, hätte in meinen Augen alles sein können, nur nicht ein Anführer irgendwelcher Voodoo-Leute.
    Sie war klein – oder wirkte sie nur so, weil sie neben einem übergroßen Menschen stand? Jedenfalls erreichte sie gerade die Größe der Roxie Chica und das auch nur, weil auf dem Kopf so etwas Ähnliches wie ein Zylinder saß.
    »Das kommt mir vor wie bei den Silent Movies«, flüsterte Bill. »Da hat man Mühe, ernst zu bleiben.«
    »Keine Sorge, wir bekommen noch unser Fett.«
    Ich hatte den Satz kaum ausgesprochen, da sahen wir die gelben Schädel. Sie hatten sich von der Wasserfläche gelöst und schwebten in die Höhe. Die obere Grenze der Piermauer hatten sie bereits erreicht, und nun bewegten sie sich darüber hinweg.
    Sechs Schädel zählte ich. Zu jeweils zwei Reihen rahmten sie den Doc ein.
    Es wirkte irgendwie lächerlich, als sich der Turm vor dem Doc verbeugte, als wollte er ihn um Vergebung bitten.
    Der Doc tat nichts. Er nickte nicht einmal, schaute stur geradeaus und richtete dabei den Blick seiner Augen direkt auf Bill Conolly und mich.
    Es waren helle Augen,
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