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058 - Sub Sisco

058 - Sub Sisco

Titel: 058 - Sub Sisco
Autoren: Bernd Frenz
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Vorsichtig verringerte er den Abstand zwischen Mauerwerk und Bordwand, bis sie mit einer Handbreit Abstand an überfluteten Fenstern vorüber glitten, die sie wie hungrige Mäuler angähnten. Das erschlaffte Segel bremste bereits ihre Fahrt, trotzdem zog Kendro lange, mit Eisenhaken versehene Stangen unter den Duchten hervor.
    Zusammen mit Judd, einem weiteren Fischer, stieß er sie in die nächstbeste Fensterhöhle.
    Metall schabte über Stein, während sich die Greifer hinter der Mauer festkrallten. Das unangenehme Geräusch pflanzte sich laut über die Wasserfläche fort, aber entgegen Clays Befürchtung stürzte der Turm nicht zusammen. Warum auch? Bei stürmischer See war er ganz anderen Belastungen ausgesetzt.
    Die beiden Fischer spannten ihre Muskeln an, um die Fahrt zu stoppen. Unter lautem Ächzen zogen sie das auf und ab schaukelnde Boot dichter ans Gebäude. Zwei mit Haltetauen bewaffnete Frauen kletterten den über ihnen aufragenden Sims empor und verschwanden im nächsthöheren Stockwerk. Ihren Rufen nach zu urteilen war es dort halbwegs trocken. Es dauerte einige Zeit, bevor sie eine Möglichkeit zum Ve rtäuen fanden, aber dann kehrten sie unverletzt zurück und das Boot lag sicher an der Außenmauer.
    Clay bewunderte den Mut der beiden Fischerinnen, die als erste den Schritt ins Unbekannte gewagt hatten. Das flaue Gefühl in seinem Magen schwand jedoch, als er die Ruderpinne festzurrte. Körperliche Anstrengung verhinderte, dass er sich zu viele Gedanken über die möglichen Gefahren machte. Sie verschaffte ihm Erleichterung. Darum ging er sofort Kendro und Judd zur Hand, die bereits das Segel einholten.
    Die anderen Insassen blieben auf ihren Plätzen sitzen. Nicht weil sie faul waren, sondern weil es das Boot zum Kentern gebracht hätte, wären alle zugleich aufgesprungen. Drei erfahrene Fischer reichten vollkommen, um alle Vorkehrungen zu treffen, damit sie im Notfall sofort zurück aufs Meer fliehen konnten. Kendro verteilte sogar ein paar Messer, mit denen sich die Halteleinen bei Bedarf kappen ließen. Danach baute er sich breitbeinig am Heck auf und stützte seine Hände in den Hüften ab. Die Bootsschwankungen glich er instinktiv durch eine Verlagerung des Körpergewichts aus. Ein erfahrener Fischer seines Schlages war mit den Planken so gut wie verwachsen.
    Weder stürmische See noch beutehungrige Sharx konnten Kendro Furcht einflößen. Nur die zwanzig hoffnungsvollen Augenpaare, die ihn in diesem Augenblick anstarrten, ließen ihn rot anlaufen wie einen Jüngling, der zum ersten Mal um eine Frau warb.
    »Ich werde mit Judd und Clay erkunden, ob der Turm als Nachtlager taugt«, polterte er los, um die eigene Verlegenheit zu überspielen. »Alle anderen bleiben an Bord der Xaala. Falls wir drei bei Einbruch der Nacht nicht zurück sind, fahrt zu den anderen zurück. Ihr wisst dann, dass ihr euch einen Ankerplatz an der Küste suchen müsst, auch auf die Gefahr hin, dass die Steppenreiter euch dort überfallen können.«
    Nicht gerade eine Rede, die besonders viel Mut einflößt. Clay zog die Stirn kraus, enthielt sich aber jeden Kommentars. Ihr Bootsältester war nun mal kein Mann der großen Worte, und letztendlich hatte er auch nur ausgesprochen, was sowieso alle dachten. Die übrige Besatzung hüllte sich ebenfalls in Schweigen. Die meisten sahen nur ehrfürchtig zu dem dunklen Gebäude auf, froh darüber, dass sie es noch nicht selbst betreten mussten.
    Clay fühlte sich keineswegs zum Helden berufen, doch nachdem er Kendro gedrängt hatte, hierher zu fahren, konnte er jetzt schlecht den Schwanz einziehen. Ein Seufzen unterdrückend, klappte er die Bordkiste auf und holte ein paar Fackeln hervor, die normalerweise zum Nachtfischen dienten. Mit dem pechgetränkten Ende voran reichte er sie Tora und Berid, die sie umgehend mit Stahl und Feuerstein entzündeten. Clay wartete ab, bis sich Kendro und Judd in die Höhe gequält hatten, dann packte er den in Kinnhöhe befindlichen Sims und stemmte sich ebenfalls empor.
    Oben nahmen sie die brennenden Fackeln der Frauen entgegen. Bevor die drei gingen, warfen sie einen letzten Blick zu den übrigen Booten, die dicht gedrängt auf dem Meer dümpelten. Nur eines von ihnen kreuzte etwas abseits und warf die Netze aus.
    »Topo macht sich wenigstens nützlich.« Kendros Augen besaßen noch ihre volle Sehkraft, darum hatte er die Takelage der Lischette sofort erkannt. Der Anblick einer fischenden Mannschaft besaß etwas angenehm Alltägliches in dieser
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