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058 - Der Duft von Sandelholz

058 - Der Duft von Sandelholz

Titel: 058 - Der Duft von Sandelholz
Autoren: Gaelen Foley
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sich die Reihe der Kutschen langsam dorthin bewegte, dachte sie noch immer erstaunt über den letzten Willen ihres Großvaters nach.
    Darin war Erstaunliches zutage getreten. Er hatte ihre Mutter übergangen und Balfour Manor, das einzige Erbstück, das nicht an den Titel und damit an die Erbfolge gebunden war, Lily hinterlassen.
    Natürlich wusste sie, warum er das getan hatte. Nicht, weil sie sich um ihn gekümmert hatte, nicht einmal, weil sie mit ihm blutsverwandt war, während ihre Mutter nur seine Schwiegertochter war. Er hatte es getan, weil er dafür sorgen wollte, dass Lily immer einen Platz zum Wohnen hatte, wenn sie wirklich ihr Versprechen wahr machte und nicht heiratete. Was nach dem, was ihr zugestoßen war, durchaus verständlich wäre.
    Nicht einmal ihre Mutter würde sie hinauswerfen können, wie sie es einmal angedroht hatte. Die Erinnerung an ihre kalte Zurückweisung ließ Lily noch immer erzittern, obwohl das vor beinahe zehn Jahren geschehen war, als sie noch ein verängstigtes fünfzehnjähriges Mädchen war. Noch immer litt sie unter der Schande, die sie über ihre stolze Familie gebracht hatte. Aber aufgrund der strikten Anweisung ihres Großvaters hatten sie sich zusammengeschlossen und all die Jahre jeden Hauch von
    Skandal von der Familienehre ferngehalten.
    Jeder Einzelne von ihnen hatte sein Möglichstes getan, um die ganze Angelegenheit unter den Teppich zu kehren. In den letzten acht Jahren hatte nicht einmal ihre Mutter es erwähnt. Aber das Wissen über ihren Sündenfall war immer da, lauerte unter der Oberfläche der höflichen und vornehmen Krisenzone ihres Heims. Das Leben ging weiter, aber Lily fragte sich immer noch, ob man ihr wohl jemals ihren Fehltritt verzeihen würde.
    Das war der eigentliche Grund, warum sie zurückgeblieben war und nachdenken wollte - es war nicht der Verlust ihres Großvaters, sondern das nagende Schuldgefühl, das sie quälte, seit sie die Worte ihrer Nachbarin gehört hatte.
    „Ein wenig Gold vom Heiratsmarkt könnte die Lage im Handumdrehen entscheidend verbessern."
    Wieder einmal stand die Familienehre der Balfours auf dem Spiel, diesmal nicht gefährdet durch einen Skandal, sondern durch den drohenden Ruin. Vor Jahren war sie es gewesen, durch die der gute Name der Familie bedroht gewesen war, aber die Verwandten hatten sie beschützt. Nun, da sie wieder an der Schwelle zur Schande standen, schuldete sie es da nicht ihrer Familie, sie davor zu bewahren, wenn sie die Möglichkeit dazu hatten? Schuldete sie das ihrem Großvater?
    Während die Kutschen sich vorwärtsbewegten, warf sie über die Schulter einen Blick zurück zu den Männern auf dem Kirchhof.
    Tränen stiegen ihr in die Augen, als sie zusah, wie der Sarg in die Erde gesenkt wurde. Sie hob die Fingerspitzen an die Lippen und schaute wieder nach vorn, während der Regen sanft auf ihren schwarzen Schirm fiel.
    Dann ging sie weiter in Richtung auf ihr Zuhause, setzte jeden Fuß vorsichtig auf die rutschigen Wegplatten, die ihre Schuhe kaum vor dem Schlamm schützten.
    Was soll ich tun? Ich will nicht selbstsüchtig sein ...
    Als sie daran dachte, wie sie für die Erhaltung von Balfour Manor sorgen sollte, wusste sie kaum, wo sie anfangen sollte. Es wäre mit enormen Ausgaben verbunden, selbst wenn die Bewohner sich einschränkten. Jetzt gehörte das alles ihr. Es zu verkaufen, kam nicht infrage, aber sie hatte keine Vorstellung davon, wie sie die Steuern bezahlen, geschweige denn das undichte Dach reparieren sollte.
    Vielleicht sollte ich mich tatsächlich nach einem Ehemann umsehen, dachte sie voller Unbehagen. Was immer geschehen mochte, den Gedanken, dass ihr auch noch ihr Zuhause abhanden kommen könnte, vermochte sie kaum zu ertragen. Ihr baufälliges Haus und das verschlafene Dorf waren die einzigen Orte, in denen sie sich wirklich sicher fühlte.
    Außerdem stand der lächerliche Pavillon, den ihr Papa halb fertig zurückgelassen hatte, im hinteren Teil des überwucherten Gartens. Wenn sie das Haus verkaufen musste, würden die neuen Besitzer ihn vermutlich abreißen, und das wäre, als würde sie ihren Vater ein zweites Mal verlieren, zusammen mit all ihren Kindheitserinnerungen, dem unschuldigen Teil ihrer Jugend.
    Andererseits - wenn sie nicht bald etwas unternahm, würde sie das Haus mit Sicherheit verlieren.
    „Eines der Mädchen könnte noch immer eine gute Partie machen ..."
    In diesem Augenblick hörte Lily eine Kutsche herannahen, und sie drehte sich um, während sie
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