Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0578 - Die Geisel

0578 - Die Geisel

Titel: 0578 - Die Geisel
Autoren: Jason Dark
Vom Netzwerk:
und?«
    Ich kletterte die Stufen hoch und stand vor ihm. Vor lauter Bart war sein Gesicht kaum zu erkennen. In den kleinen Augen flackerte das Mißtrauen.
    »Was wollen Sie?«
    Ich zeigte ihm meinen Ausweis, den er anleuchtete und ihn sogar kommentierte. »Tatsächlich, ein Bulle.«
    »Wie Sie sehen.«
    Er wischte durch sein Gesicht. »Ja, was wollen Sie hier? Wir haben nichts geladen.«
    »Da bin ich mir nicht so sicher.«
    »Unsinn, die Wagen sind leer.«
    »Es geht mir auch nicht um eine normale Fracht. Ich könnte mir vorstellen, daß Sie blinde Passagiere mit auf die Reise genommen haben.«
    »Nein!«
    »Dafür legen Sie die Hand ins Feuer?«
    »Das nicht gerade. Ich habe jedenfalls nichts gesehen. Wer sollte sich denn da eingeschlichen haben? Ein Penner? Das haben wir öfter, aber die sind harmlos.«
    »Nein, jemand, der mit einer weiblichen Geisel geflohen ist.«
    »Sorry, davon habe ich nichts bemerkt.«
    »Schon gut.« Ich nickte ihm zu.
    »Sie können ja die Wagen durchsuchen.«
    »Das wird keinen Sinn haben. Wenn jemand tatsächlich die Reise bis hierher mitgemacht hat, ist er bestimmt abgesprungen oder hat den Wagen jetzt verlassen.«
    »Tja, da kann ich Ihnen leider auch nicht helfen.«
    »Sie werden sich zurückhalten. Gehen Sie am besten zum Lokführer oder vorn an die Wache. Und halten Sie sich aus allem heraus, wenn eben möglich. Klar?«
    »Ist es so schlimm?«
    »Es kann schlimm werden.« Ich kletterte aus dem Bremserhäuschen und lief auf dem Damm parallel zum Zug.
    Die Wagen waren allesamt verschlossen, bis auf einen.
    Dessen Schiebetür stand weit offen!
    Eigentlich ein Anachronismus, in diesem Fall jedoch erhöhte das meine Alarmbereitschaft. Ich nahm mir die Zeit, den Waggon zu untersuchen. Im Schein meiner starken Bleistiftleuchte forschte ich nach Spuren, fand leider keine, bis auf ein Stück Stoff, das wie verloren wirkend in einer Ecke lag.
    Ich hob es auf und brachte es näher an das Lampenlicht heran. Der dunkle Fleck war einfach nicht zu übersehen.
    Blut!
    Mein Magen zog sich zusammen. Der Vampir, die Geisel und nun das Blut.
    So etwas ließ jeden Schluß zu.
    Weitere Indizien fand ich nicht, sprang aus dem Wagen und lief schräg den Damm hinab.
    Suko wartete im Wagen versteckt. Ich blieb neben dem offenen Fahrerfenster stehen, blickte über das Roverdach und sprach mit leiser Stimme. »Sie waren im Zug.«
    »Dann sind sie zuvor abgesprungen?«
    »Leider.«
    »Mist, wir können doch nicht den ganzen Platz auseinandernehmen.«
    »Wer weiß. Ich…«
    Da hörten wir die Stimme. Ein peitschendes Brüllen zerriß die Stille. Ich kannte den Rufer. Die Haut auf meinem Rücken zog sich zusammen. Mallmann rief nur einen Satz.
    »Sinclair, kommen Sie her!«
    Auf der Stelle drehte ich mich um und schaute in die Richtung, woher der Ruf erklungen war.
    Mallmann stand höher als ich, deshalb war er auch in der Dunkelheit zu sehen. Mit einem Arm winkte er. Seine Gestalt kam mir unförmig vor. Ich erinnerte mich daran, daß er auch bei der Geldübergabe und der Geiselnahme eine Kutte getragen hatte.
    »Ja, Will, ich komme!«
    »Das ist gut. Lange warte ich nicht!«
    Ich setzte mich in Bewegung und hörte Suko aus dem Wagen flüstern: »Gib auf dich acht, alter Tiger…«
    ***
    Marion Brookman war wieder aus ihrer Bewußtlosigkeit erwacht und kannte nur ein Gefühl.
    Schmerzen!
    Es gab nicht eine Stelle an ihrem Körper, die nicht in Mitleidenschaft gezogen war. Der harte Fall hatte sie bis in die Grundfesten erschüttert. Sie selbst glaubte, nur aus blauen Flecken und Prellungen zu bestehen.
    Ihren Peiniger sah sie nicht. Sie wußte jedoch, daß er sich in der Nähe aufhielt, weil sie das Gefühl nicht loswurde, der Wind würde ihr den Geruch von Moder entgegentragen.
    Dabei war es nur der Gestank der riesigen Müllhalde, praktisch ihr Markenzeichen.
    Noch immer war sie gefesselt. Und sie hockte mit ihrem dünnen Kleid auf einem kalten Boden.
    Der Untergrund bestand aus Stein. Als sie den Blick nach unten und nach vorn richtete, stellte sie fest, daß sie der Vampir auf eine Steinpyramide geschleppt hatte.
    Marion schaffte es nicht, einen klaren Gedanken zu fassen. Sie wollte sich auf die nähere Umgebung konzentrieren, als sie plötzlich die Stimme des Blutsaugers in ihrem Rücken hörte. Mallmann brüllte nach John Sinclair.
    Und der antwortete ebenso laut, daß er sich dem Vampir stellen wollte.
    Marion Brookman schloß für einen Moment die Augen. Alles nur ihretwegen. Sie konnte es nicht fassen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher