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057 - Schreckensmahl

057 - Schreckensmahl

Titel: 057 - Schreckensmahl
Autoren: Larry Brent
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Madelaine – sondern deren Mutter!
    Minutenlang stand er vor dem Bild, riß ein Streichholz
nach dem anderen an, betrachtete sich das Bild. Mit Gewalt mußte er sich davon
losreißen. Die Räume im Parterre waren leer. Die Mutter – oben im ersten
Stockwerk des ruhigen, finsteren Hauses?
    Doch die Zimmer oben waren eine einzige Enttäuschung. Nur
eines konnte man überhaupt als Wohnraum bezeichnen. Außer einem großen,
ungewöhnlich breiten Bett stand ein riesiger, dunkler Schrank darin und ein
ausladender Toilettentisch mit einem großen, fast die Hälfte der Wand
einnehmenden Spiegel.
    Auf der Tischplatte standen mehrere Fläschchen und
Flakons mit kosmetischen Präparaten.
    Neben dem Toilettentisch stand ein Perückenkoffer. Der
Journalist öffnete ihn. Darin lag eine blonde und eine schwarze Perücke.
    Cumberland riß ein Streichholz an. Da entdeckte er etwas,
was seinen Herzschlag beschleunigte. Das breite Bett – war benutzt worden!
Deutlich zeigte sich im flackernden Schein des Hölzchens der Abdruck eines
Körpers. Das Kopfkissen – zerknautscht!
    Mit fiebernden Blicken versuchte er die Dämmerung zu
durchdringen. Die Mutter – gab es sie doch? Wo – versteckt sie sich?
    Er zuckte zusammen, als der Schmerz seine Fingerkuppe
durchfuhr. Das Streichholz war bis auf den letzten Rest heruntergebrannt.
    Cumberland warf einen Blick hinter die Vorhänge, spähte
auf den finsteren Gang hinaus. Nichts.
    Er wandte noch einmal den Blick, als er das Geräusch
hörte.
    Die hintere Tür unten im Haus schlug zu! Zweimal drehte
sich der Schlüssel im Schloß, den er stecken gelassen hatte! Dann knarrten die
Dielen. Die Schritte kamen die Treppe hoch.
    Cumberland war wie gelähmt. Kalter Schweiß bedeckte seine
Stirn.
    Wie ein Karussell drehten seine Gedanken sich im Kreise.
    Madelaine war zurückgekehrt, früher als sonst?
    Er wich zurück. Er suchte nach einer Möglichkeit, sich zu
verstecken. Aber er schüttelte seine eigene Feigheit ab. Er hatte doch keine
Angst vor einer jungen Frau. Vielleicht war es gut, wenn es zu dieser Begegnung
kam.
    Er stand mitten im Zimmer, als die Tür zurückschwang.
    Auf der Schwelle – Madelaine. Ihre Hand tastete nach dem
Lichtschalter. Die kleine, mit einem verblaßten Schirm versehene Stehlampe
begann zu glühen. Das Zimmer wurde in einen gelblich-roten, gespenstischen
Schein getaucht.
    Madelaine lächelte still. Sie war weder erstaunt noch
erschrocken.
    Cumberland war unfähig, sich zu rühren. Die kalten,
dunklen Augen bannten ihn an die Stelle.
    »Ich habe gewußt, daß Sie einmal kommen würden«, sagte eine
Stimme, und es wurde ihm bewußt, daß Madelaine sprach.
    »Sie beobachten mich seit Wochen. Und ich – beobachte
Sie, Mister Cumberland.«
    Es überraschte ihn nicht einmal, daß sie seinen Namen
kannte.
    Madelaine stand ihm auf Tuchfühlung gegenüber. Der Duft
ihres Haares und ihres verführerischen Körpers stiegen in seine Nase. In den
dunklen, unergründlichen Augen, von denen er sich nicht lösen konnte, loderte
ein geheimnisvolles Feuer. Der Maler des Bildes unten hatte den Ausdruck genau
eingefangen.
    Er sah das bleiche, beinahe wächserne Gesicht vor sich,
das sich dem seinen näherte. Die Haut nicht frisch, nicht jugendlich. Welk und
grau, spröde, wie die faltigen, mit häßlichen Adern durchzogenen Hände. Es
schien, als mache Madeleine einen plötzlichen Alterungsprozeß durch.
    »Manchmal setzt es früher ein, manchmal später«, wisperte
sie mit brüchiger Stimme. »Ich fühle, wenn es kommt, und ich richte mich
danach.« Die satte dunkle Farbe der Haare änderte sich. Sie wurden grau,
stumpf, dünner …
    Dies war ihr Geheimnis? Er begriff es, und verstand es
dennoch nicht.
    Madelaine schien seine Gedanken zu erraten.
    »Das Geheimnis um Madelaine wird ewig ihr Geheimnis
bleiben, nicht wahr, Mister Cumberland?«
    Mit diesen Worten spürte er ihre Lippen auf seinem
Nacken, fühlte den Biß der langen Eckzähne, die sich in seine Halsschlagader
bohrten. Eine süße, wohltuende Mattigkeit breitete sich in seinen Gliedern aus.
Er wußte, daß sein Schicksal besiegelt war. Er ging den gleichen Weg wie viele
vor ihm schon vor sechzig, siebzig und achtzig Jahren, wie sein Freund George
vor drei Jahren, wie Rolf Solkan vor einer Woche.
    Madelaine – ein Vampir – die Ungarin von damals, die Alte
– seine Gedanken flackerten auf wie eine erlöschende Flamme.
    Sie brauchte das Blut der Jungen – um sich selbst Jugend
zu erhalten! Die Lust und der Schmerz
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