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056 - Zielort: Kratersee

056 - Zielort: Kratersee

Titel: 056 - Zielort: Kratersee
Autoren: Claudia Kern
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versuchte erfolglos, einzelne Gestalten in dem dunklen Zimmer auszumachen.
    Karyaala starrte ins Leere. »Nicht uns, das Geräusch kommt von der Tür. Er steht auf, macht sich Sorgen, weil er unbewaffnet ist. Jetzt ist nur noch Anspannung in seinen Gedanken. Ich glaube, er will nachsehen, was passiert ist.«
    Roots spürte den gleichen Impuls. Von hier aus konnte er nicht sehen, was sich hinter der Gangbiegung auf der anderen Seite des Zimmers abspielte. Ein Geräusch hatte er zwar nicht gehört, aber die Betonwände verzerrten die Akustik, ließen das Schnarchen der Betrunkenen widerhallen und schluckten weiter entfernte Laute.
    »Jetzt sieht er etwas«, sagte Karyaala. »Auf dem Boden hockt ein Mann. Er trägt einen weißen Schutzanzug und dreht ihm den Rücken zu. Ein zweiter Mann liegt hinter dem ersten. Ich kann beide nicht erkennen.«
    »Einen WCA -Schutzanzug?« Roots legte die Hand auf seine Waffe. Ein e paranoide Stimme in seinem Inneren hauchte das Wort Verrat.
    »Ja, ein Schutzanzug, wie du ihn auch getragen hast. Der Mann, er heißt Jed, hat Angst vor ihm.«
    »Wer hat Angst vor wem?«
    Karyaala klang trotz der tiefen Trance plötzlich angespannt. »Der Mann, den ich belausche, heißt Jed, und er hat Angst vor dem im Schutzanzug. Er glaubt, dass Garrett ihn geschickt hat.«
    Jed, Garrett, das waren Namen, die Roots noch nie gehört hatte. Er fragte sich, weshalb ein WCA -Beamter sich vor einem anderen versteckte. War das vielleicht der Versuch, zu den Running Men überzulaufen?
    »Er denkt an Flucht, will sich hinter dem WCA -Agenten vorbeischleichen. Seine Angst ist groß, aber er tut es.« Roots sah die Gänsehaut auf ihren Armen. »Seine Gedanken sind sehr intensiv. Jetzt hat er das Zimmer verlassen, ist an der Wand. Die Treppe liegt links von ihm. Dunkle Schatten schützen ihn. Er spürt das Treppengeländer unter seinen Fingerspitzen. Jetzt steht er auf der ersten Stufe. Er will nicht zurücksehen, tut es aber trotzdem. Aus diesem Winkel kann er die -« Sie unterbrach sich, schluckte. »Er hat ihn umgebracht!«
    Merlin Roots zuckte zusammen. »Wer ist tot?«
    »Freed. Der Fremde, der über ihm hockt…«
    Karyaala riss den Kopf hoch. Ihre Augen waren in Panik weit geöffnet. Das Haar fie l über ihre Wangen.
    »Es ist Smythe! Er hat Freed erstochen!«
    ***
    Professor Dr. Smythe zog das Messer aus der Brust seines Opfers und wischte es an dessen Kleidung ab. Es überraschte ihn, dass der Mann außer der Keule keine weitere Waffe bei sich trug, dafü r aber eine ganze Menge Bax, die er sich in die Taschen stopfte.
    Und jetzt zu dir, dachte Smythe, als er aufstand und das Messer in einer Gürteltasche verschwinden ließ. Der ID-Scanner hatte ihn nach einigen Umwegen zu seinem Opfer geführt, das nun keine zehn Meter von ihm entfernt war. Er fragte sich, ob es unziemlich war, den abgeschnittenen Kopf eines Gegners aufzubewahren, und kam zu dem Schluss, dass er als Herr der Welt selbst darüber bestimmte, was unziemlich und was angebracht war.
    Smythe betrat den Korridor. Nach seinem Kerkeraufenthalt nahm er den beißenden Gestank kaum noch wahr.
    Riech es!, befahl er sich. Das ist der Geruch deiner Untertanen; scheußlich, aber stark. Wenn sie ein anderes Leben wollten, hätten sie es sich längst genommen.
    Er warf einen Blick auf den ID-Scanner und stutzte. Der hektisch blinkende Punkt war verschwunden und durch ein einzelnes Wort ersetzt worden:
    SEARCHING
    Es leuchtete ihm entgegen, als wolle es ihn verhöhnen. Smythe schlug mit der flachen Hand gegen das Display, das einmal kurz flackerte und ihm dann die gleiche Botschaft noch einmal präsentierte.
    Dann erinnerte er sich an ein schabendes Geräusch und einen kurzen Luftzug, den er bei der Durchsuchung des Toten gespürt hatte.
    »Er ist mir entkommen.«
    Der Satz lag bitter und scharf auf seiner Zunge. Smythe drehte sich um und ging zurück zur Tür. Sein Blick fiel auf den Toten.
    »Nur wegen dir!«, schrie er und begann auf den Körper einzutreten. »Wenn du mich nicht aufgehalten hättest!«
    Ein roter Nebel legte sich um seinen Ge ist, lichtete sich eine unbestimmbare Zeit später. Smythe lag auf dem Boden und blinzelte. Seine Muskeln schmerzten, als er sich aufrichtete und weißen Schaum von den Lippen wischte. Sein Magen knurrte.
    Ich muss etwas essen, dachte er und stützte sich an der Wand ab. Sein Blick fiel auf eine Schüssel voller Deer-Ohren.
    »Die Vorsehung«, flüsterte Smythe, »lässt mich nicht im Stich.«
    Mit der Schüssel in
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