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056 - Der Werwolf

056 - Der Werwolf

Titel: 056 - Der Werwolf
Autoren: Hivar Kelasker
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Wolf sprang. Gleichzeitig stolperte Franke rückwärts, knallte mit Rücken und Hinterkopf gegen die Tür, legte aber alle Kraft in den Schlag. Die Latte fuhr herunter und verfehlte das Tier nur knapp, während der Wolf durch das Eigengewicht seines Körpers ins Freie flog. Der Nagel ritzte eine lange Wunde in den Schenkel des Tieres. Ein bösartiges Knurren wurde laut. Blitzschnell drehte sich der Wolf um und nahm einen neuen Anlauf.
    Furcht lähmte Christian Franke, aber er schlug noch einmal zu. Er traf die Bestie am Kopf, aber der Schlag schien nicht scharf genug gewesen zu sein. Der Wolf schüttelte sich nur und griff erneut an.
    Die Latte rutschte aus der Hand des Mannes. Er fühlte nicht einmal, wie sich ein langer Splitter in seine Finger bohrte. Seine Hände krallten sich verzweifelt in den Halspelz des Wolfes, um das Tier von sich fernzuhalten, das seine Kehle packen wollte.
    Die unheimlichen Reißzähne des Wolfes waren dicht vor Frankes Gesicht, vor seinen entsetzt aufgerissenen Augen. Christian blickte starr in die Lichter des Raubtieres.
    Der Wolf biß und schnappte wütend um sich. Seine Krallen zerfetzten die Kleidung Frankes und brachten ihm schwere Wunden bei. Christian wehrte sich mit dem Mut der Verzweiflung, bis er ausrutschte und gegen eines der Gitter fiel.
    Draußen tobte mit unverminderter Heftigkeit das Herbstgewitter. Es schien sich genau über Marzing entladen zu wollen. Innerhalb des Transformatorenhäuschens aber ging der stumme, verbissene Kampf weiter.
    Christians Kräfte erlahmten mehr und mehr. Wieder zerrte ihn das Tier gegen die Wand, und Franke hatte Mühe, den Wolf in der Klammer seines Würgegriffes zu halten. Die Kraft seiner Hände reichte fast nicht mehr aus.
    Plötzlich rutschten ihm die Beine weg, und er bekam die Zaunlatte zwischen die Knöchel. Sein Körper drehte sich im Fallen um die eigene Achse. Der Griff um die Wolfskehle löste sich, und das wütende Tier wurde durch den plötzlichen Zusammenprall zur Seite geschleudert. Franke schlug mit dem Kopf und der rechten Schulter gegen einen Hebel.
    Wieder zuckte ein greller Lichtschein über den Himmel. Und gleichzeitig mit der atmosphärischen Entladung draußen sprang von den Leitungen und Schaltern ein Bündel knisternder Blitze über und endete im Körper des Mannes, zuckte weiter und traf den Schädel des Wolfes.
    Christian krümmte sich zusammen. Er schrie kurz auf, und als er zwischen den Polen mehrerer Leitungen hängenblieb und die kleinen Lichtbogen zu summen begannen, riß sein Schrei ab.
    Er starb schnell, denn schon der erste Blitz hatte ihn bewußtlos gemacht.
    Der Wolf lag wie tot da, er war jedoch nur betäubt und nahm nichts von dem geheimnisvollen Vorgang wahr, der sich in ihm vollzog. Als habe der Lichtbogen eine Verbindung zwischen dem Menschen und dem Tier hergestellt, floß etwas von dem Wesen des Menschen in den Körper des Wolfes über. Ein Vorgang, der keinerlei Erklärung zuließ. Niemand sah es, niemand spürte es, nicht einmal der Wolf, der mit angesengtem Fell auf dem nassen Boden lag. Das Tier roch nicht einmal die beißende Wolke nach Horn und verbranntem Fleisch.
    Langsam zog das Gewitter weiter und niemand ahnte, welche tödliche Gefahr sich um Marzing zusammenzog.
     

     

Beim ersten Licht des Morgens kam der Wolf zu sich. Er fühlte sich seltsam verändert. Er war Wolf und doch mehr als ein Raubtier, denn sein Verstand glich dem eines Menschen.
    Ich begreife nichts! Alles tut weh.
    Das Denken erschreckte ihn. Langsam kam er auf die zitternden, steifen Läufe. Jeder einzelne Nerv und jeder Muskel schien wie gelähmt und schmerzte rasend. Benommen schüttelte das Tier den Kopf, aber der gräßliche Druck im Schädel wollte nicht weichen.
    Christian Frankes Verstand erfaßte nur langsam, was geschehen war. Plötzlich entdeckte er, daß er fähig war, mit den Augen des Wolfes zu sehen und gespannt verfolgte er, was weiter geschah.
    Die grünlichen Wolfslichter tasteten den Raum ab. Die andere Perspektive verwirrte das Tier erneut. Außerdem spürte der Wolf, wie sich das geballte Bündel aus Reaktionen, Lebensäußerungen und Instinkten in ihm dagegen wehrte, dieses fremde Etwas anzuerkennen.
    Als der Wolf die Augen auf die halbverkohlte Gestalt zwischen den Kabeln und glänzenden Metallteilen richtete, wußte er, daß jedes sich wehren sinnlos war. Christian Franke und er waren dazu verurteilt, in einem Körper zu leben.
    Franke begann zu lachen.
    Die Wirkung war erstaunlich. Eine Art
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