Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
056 - Der Werwolf

056 - Der Werwolf

Titel: 056 - Der Werwolf
Autoren: Hivar Kelasker
Vom Netzwerk:
Umgebung vergessen.
    Der Mann sah sie verwundert an. „Was haben Sie geahnt, Frau Lassner?“ drang er in sie.
    „Christian Franke“, sagte sie undeutlich. „Er ist schuld an meinem Unglück! Er hat uns bedroht … ein Patient meines Mannes … ein junger Bauunternehmer!“
    Erschöpft hielt die Frau inne.
    „Glauben Sie mir, Franke hat diesen Wolf geschickt! Er hat diese Bestie auf uns gehetzt, um uns zu vernichten!“
    Der Beamte starrte die Frau betroffen an. Der Schock, dachte er …
    Anita spürte ganz deutlich, daß er ihr keinen Glauben schenkte.
    „Ein Wolf, Frau Lassner“, begann der Mann vorsichtig, „läßt sich nicht von einem Menschen lenken. Er ist ein Raubtier mit ganz bestimmten Instinkten und folgt ihnen. Wie man mir sagte, wurde der Wolf im Balkan gefangen und in dieses Naturschutzgebiet verpflanzt. Er kennt weder Sie noch Ihre Familie … noch Herrn Franke!“
    „Sie glauben mir nicht … ich weiß es“, sagte Anita Lassner und ließ sich in die Kissen zurücksinken. Hektische rote Flecken bildeten sich auf ihren bleichen Wangen.
    „Sie steigern sich in Ihrem Schmerz in eine Vorstellung hinein, die …“
    Er hatte einen Blick der Schwester aufgefangen, der ihn zur Vorsicht mahnte. „Wir haben von Ihren Nachbarn zwar erfahren, daß Herr Franke wiederholt Drohungen ausgestoßen hat, aber …“
    Erregt fiel ihm Anita ins Wort: „Wilde Drohungen! Er hat geschworen, uns alle umzubringen! Herr Franke litt an Verfolgungswahn, und mein Mann hat ihn in …“
    „Bitte regen Sie sich nicht auf … Sie werden sich später selbst davon überzeugen können, daß es kein Mensch war, der Sie überfallen hat, glauben Sie mir!“
    Beruhigend legte er seine Hand auf ihren Arm.
    „Wir haben nicht mehr viel Zeit. Würden Sie uns nun erzählen, was Sie von dem Überfall wissen? Der
    Wolf muß zuerst mit Rex, Ihrem Hund, gekämpft haben …“
    Mit schwacher Stimme, sich immer wieder dazu zwingend, zusammenhängend zu sprechen, berichtete Anita, was sie wußte …
     

     
    Nachdem die drei Beamten die Klinik verlassen hatten, blieben sie vor ihrem Dienstwagen stehen.
    „Merkwürdig“, sagte der junge Polizist. „Die Frau glaubt, daß dieser Franke und der Wolf ein und dieselbe Person sind.“
    „Die Frau steht unter Schockeinwirkung!“ meinte der Kriminalbeamte, der aus der Stadt hergeschickt worden war, um die mysteriösen Vorfälle zu untersuchen. „Sie weiß nicht, was sie spricht. Sie glaubt an einen Zusammenhang zwischen dem Wahnsinn des Patienten und der Mordgier des Wolfes.“
    „Ich tippe mehr auf Aberglauben“, warf der Herr mit dem zerfurchten Gesicht ein. Er sprach ein stark mundartlich gefärbtes Hochdeutsch. „Und dieses Zonenrandgebiet ist voll alter Sagen und unerklärlicher Dinge. Jeder Bauer und jeder Schäfer kann Ihnen stundenlang die seltsamsten Geschichten erzählen. Besonders beim Bier. Ein Wolf aus unserem Tierschutzpark und ein Mensch …!“
    Der Uniformierte schüttelte den Kopf und setzte sich hinter das Steuer des Volkswagens. Ratternd startete der Motor.
    „Wohin jetzt? Zu Doktor Becker nach Otterfing?“
    „Richtig!“ sagte der Kriminalbeamte. „Doktor Becker hat Christian Franke schließlich als letzter lebend gesehen. Wir müssen auf alle Fälle mit ihm sprechen.“
    „In Ordnung!“ erwiderte der Polizist und bog vom Parkplatz auf die Hauptstraße ein. Die Männer schwiegen.
    Es war nicht so sehr der merkwürdige Aberglaube der verwundeten Frau, der sie nachdenklich machte, sondern der Umstand, daß Christian Franke seit fünf Tagen tot war. Und ganz in der Nähe seiner verbrannten Leiche hatte man die Pfotenabdrücke und Haare eines großen, schwarzen Wolfes gefunden.
     

     
    Doktor Becker war Junggeselle. Er besaß zwei kleine Wohnungen, einen Sportwagen und die Fähigkeit, durch viel Arbeit eine Menge Geld zu machen. Er war nicht älter als vierzig Jahre und galt als recht begütert.
    Die drei Männer hatten ihn eben verlassen. Jetzt saß er in seinem schweren Ledersessel und goß nachdenklich ein großes Glas voll Kognak.
    Der Arzt trank in kleinen Schlucken und rauchte dabei mehrere Zigaretten. Vor ihm lag eine schmale Akte mit der Aufschrift „Franke“.
    Gerd Becker steckte tiefer in diesem Drama, als ihm lieb war. Es hatte angefangen, als er Barbara kennenlernte. Vor einem halben Jahr hatte der Zufall sie zusammengeführt und erst später hatte er erfahren, daß Christian Franke, ihr Mann, krank war.
    Schon damals wich sie Christian aus, so gut
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher