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0552 - Gefangene der bösen Träume

0552 - Gefangene der bösen Träume

Titel: 0552 - Gefangene der bösen Träume
Autoren: Werner Kurt Giesa
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die geistige Abwesenheit, die Fooly gezeigt hatte, paßte nicht zu ihm. Sicher, wenn er draußen mit den Bäumen sprach, wie er es nannte - was auch immer darunter zu verstehen war -, versank er tatsächlich in einer Art Trance. Aber hier in der Küche des Châteaus gab es keine Bäume. Nicht mal ein paar Topfpflanzen.
    Fooly zeigte nicht einmal ein schlechtes Gewissen, weil William ihn eben hier »erwischt« hatte. Garantiert war der kleine Bursche wieder einmal darauf aus gewesen, außer der Reihe die Vorratskammern zu inspizieren und zu plündern - in umgekehrter Reihenfolge der Wichtigkeit.
    Und was brabbelte er von einem Drachen? Natürlich war er einer! Er stammte aus dem »Drachenland« und war vor ein paar Monaten William förmlich vors Auto gelaufen. Da er jetzt ein elternloser Jungdrache war, war ihm die Rückkehr ins Drachenland verwehrt, und so hatte William ihn gewissermaßen »adoptiert«. Mittlerweile hatte der Butler seine liebe Not mit dem feinschuppigen Tolpatsch, der es immer wieder schaffte, daß ihm trotz all seiner Streiche niemand wirklich richtig böse sein konnte. Er hatte sich mit dem zweijährigen Sir Rhett Saris ap Lewellyn bestens angefreundet und sorgte jetzt zum Leidwesen der Mutter dafür, daß der kleine Lord all das lernte, was die Erwachsenen in ihrer Fantasielosigkeit als Dummheiten und Streiche abqualifizierten.
    Allerdings steckte noch mehr hinter diesem eigenartigen Geschöpf, das mittlerweile ständiger Hausgenosse auf Château Montagne geworden war. MacFool, wie William ihn seiner Tolpatschigkeit wegen genannt hatte, besaß neben Fliegen und Feuerspeien, was er zu jeder passenden oder unpassenden Gelegenheit tat, noch ein paar andere sehr merkwürdige Fähigkeiten…
    William legte das Stuhlbein beiseite und ging vor dem Jungdrachen in die Hocke. »Was ist passiert?« fragte er. »Erzählst du es mir? So habe ich dich ja noch nie erlebt!«
    Fooly räusperte sich, ein paar Flämmchen knisterten vor seinem Rachen.
    »Ein Drache«, sagte er. »Ich bin sicher. Ein Drache ist zur Erde gekommen. Ich muß sehen, welcher es ist.«
    »Warum? Er wird dir nicht den Rückweg in deine Heimat ebnen wollen«, erinnerte William. Foolys eigenen Angaben nach wurden elternlose Drachenkinder doch im Drachenland von den anderen geächtet. Andere Länder, andere Sitten…
    »Trotzdem muß ich es wissen«, beharrte Fooly.
    »Wie kommst du überhaupt darauf?« fragte William. »Er wird sich ja wohl kaum an einem der Küchenfenster gezeigt haben.«
    Fooly schüttelte den Kopf. »Natürlich nicht. Ich habe ihn in meinem Kopf gesehen.« Er klopfte mit der vierfingrigen Faust so heftig gegen seine Stirn, als wolle er den Knochen zertrümmern. Die Schläge machten ihm selbst überhaupt nichts aus.
    »Und was willst du nun tun?« fragte William.
    Es sah so aus, als kehre Fooly allmählich in die »Wirklichkeit« zurück. Er sah sich in der Küche um und betrachtete das malerische Chaos. Dann nahm er die Reste des unter ihm zusammengebrochenen Stuhles auf.
    »Ich werde aufräumen und das hier im Kamin aufstapeln«, versprach er. »Sag mal, gibt es in Wales eigentlich Regenbogenblumen?«
    »Wie kommst du auf Wales?« fragte William überrascht.
    »Weil der Drache dort ist und ich deshalb dahin muß.«
    ***
    Bo Vinerich streifte die schwarze Zauberer-Robe ab, die mit neongelben Sternen und Halbmonden beklebt war.
    »Das Träumerische kommt immer noch nicht so richtig durch«, sagte er und griff nach der Cola-Dose, die ihm ein Roadie entgegenhielt. »Da müssen wir noch mehr daran arbeiten. Ich werde es noch mal mit einem veränderten Text für den Drachentöter versuchen. Das Irreale…«
    »Bleib auf dem Teppich, du Künstler «, brummte Yan Clancey, der während des Auftritts abwechselnd sieben verschiedene Instrumente benutzte, von der obligatorischen E-Gitarre bis zum Dudelsack - für eine Heavy-Band eine eher ungewöhnliche Instrumentierung.
    Aber die Gegensätze machten den Reiz der Band und ihres Spektakels aus; die Verbindung von härtestem, lautesten Rock mit fast folkloristischen Anklängen. Wo andere sich dem Techno-Sound zuwandten, suchten die »Fairy Tellers« das Alte zu modernisieren und daraus einen völlig neuen Stil zu formen.
    »Die Leute scheren sich den Teufel um deine hehre Poesie«, fuhr der schwarzbärtige Clancey fort. Der absolute Star und Mädchenschwarm der Band wischte sich mit einem Tuch den Schweiß von der Stirn. »Die Leute wollen den Krach, die Musik, die Klänge. Und da
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