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054 - Josephas Henker

054 - Josephas Henker

Titel: 054 - Josephas Henker
Autoren: Earl Warren
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spürte, daß Josepha neben ihm zitterte. Vor Kälte?
    „Gehen wir zurück“, sagte er, „das ist kein Ort zum Spazierengehen.“
    Sie kehrten um. Paul bog in die Seitenstraße ein, aus der sie gekommen waren. Doch da war der Gasthof nicht. Paul sah sich um. Er überlegte. Es gab keinen Zweifel, sie waren aus dem Gasthof gekommen, dann links in die erste Straße eingebogen. Doch als sie zurückgingen, war der Gasthof nicht mehr da.
    „Das gibt es doch nicht“, sagte Paul.
    Sie gingen die Straße hinunter, bogen in die nächste Seitengasse ein. Da waren nur dunkle, verschlossene Häuser. Kein Gasthof. Eine ganze Stunde irrten Paul und Josepha durch den kleinen Ort. Doch sie konnten den Gasthof nicht finden.
    „Laufen wir denn dauernd im Kreis?“ fragte Paul. „Ich erinnere mich genau, daß das Nest nur drei oder vier Straßen hat. Da muß der Gasthof doch zu finden sein.“
    Josepha fror jetzt in der Nachtkühle. Der Mond stand jetzt hoch am Himmel. Sein bleiches Licht fiel auf die Straßen und Häuser des kleinen Ortes. Gespenstisch sahen sie aus bei dieser Beleuchtung.
    Ein eisiger Wind pfiff durch die Straßen. Ein eisiger Wind mitten im Sommer. Der Ort wurde Paul immer unheimlicher.
    „Wir müssen fragen“, sagte er, „sonst finden wir den Gasthof nie.“
    Er klopfte an eine Haustür. Immer wieder. Doch nichts regte sich, obwohl Paul hinter einem der Fenster einen Lichtschein gesehen hatte. Zorn packte ihn. Er schlug mit der Faust gegen das massive Holz der Tür.
    Paul und Josepha hörten Schritte. Ein Riegel wurde zurückgezogen. Die Tür öffnete sich. Eine schöne junge Frau stand im Türrahmen. Sie trug ein rotes, tief ausgeschnittenes Kleid. Ihr Haar war schwarz.
    „Josepha, du?“ rief die Frau.
    Sie beachtete Paul nicht. Stürmisch schloß sie Josepha in die Arme. Sie drückte sie an sich, hielt sie dann etwas von sich ab und betrachtete sie wie eine liebe Freundin, die sie lang nicht mehr gesehen hatte.
    „Endlich bist du wieder da, Josepha“, sagte sie. „Endlich, endlich. So lange hat es gedauert. Jetzt fangen die alten Zeiten wieder an.“
    Ihre dunklen Augen blitzten.
    „Vielleicht kannst du mir erklären, was das ganze Theater soll, Josy“, sagte Paul. „Ich denke, du bist nie hier gewesen. Aber anscheinend kennt dich jeder. Wenn du meinst, daß ich dieses Spiel noch länger mitmache, hast du dich geirrt. Was geht hier vor?“
    Josepha war völlig verwirrt. Sie sah die Frau an, die sie so herzlich begrüßt hatte, sah Paul an und stammelte: „Ich war noch nie hier. Diese Frau sehe ich heute zum erstenmal.“
    Die schöne, schwarzhaarige Frau lachte.
    „Aber Josepha“, sagte sie. „Du und mich nicht kennen?“
    Dann musterte sie Paul zum erstenmal genauer. Er sah ihr heftiges Erschrecken. Haß und Abscheu lagen in ihrem Blick.
    „Er!“ stieß die Frau hervor. „Ich vergaß in der ersten Freude des Wiedersehens ganz, daß du auch ihn wieder hergeholt hast. Komm, komm zu mir, ich bringe dich in Sicherheit. Er wird dir nichts tun.“
    Die Fremde zerrte Josepha ins Haus. Paul wollte sofort hinterher. Die Frau versuchte, ihm die Tür vor der Nase zuzuschlagen. Aber Paul klemmte den Fuß in den Türspalt. Die schwarzhaarige Frau stemmte sich von innen gegen die Tür.
    „Geh weg!“ keuchte sie. „Hast du noch nicht genug angerichtet? Geh weg, du Scheusal.“
    Paul warf sich mit seinem ganzen Gewicht gegen die Tür. Die Frau taumelte zurück. Josepha stand in einem Flur, von dem mehrere Türen abzweigten. In diesem Augenblick erlosch das Licht.
    „Josepha!“ rief Paul. „Josy, komm her!“
    Höhnisches Gelächter antwortete ihm. Schritte entfernten sich. Eine Tür schlug zu.
    „Josepha!“ schrie Paul wieder. „Antworte mir doch!“
    Doch es kam keine Antwort. Voller Angst und Sorge tastete Paul sich durch den Flur. Er stieß mit dem Schienbein gegen eine Truhe und fluchte. Er nahm sein Gasfeuerzeug aus der Tasche, stellte die Flamme groß ein und knipste es an. In ihrem flackernden Schein öffnete Paul die erste Tür. Das Zimmer war mit alten Möbeln vollgestopft, wie Paul sie nur aus Filmen und Theaterstücken kannte. Eine altertümliche Laterne stand in der Ecke. Paul entzündete sie.
    Es war eine blakende Ölfunzel, wie er noch nie eine gesehen hatte. Wer, in aller Welt, verwendete denn solchen alten Krimskrams noch? Wo war er hier nur hineingeraten? Die Laterne in der Hand öffnete Paul methodisch Tür um Tür.
    Doch das ganze Haus, vom Keller, aus dem es modrig roch, bis
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