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0533 - Julians Zauberschwert

0533 - Julians Zauberschwert

Titel: 0533 - Julians Zauberschwert
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Dämonenjäger sofort angesprochen. Vielleicht war er tatsächlich unhöflich gewesen. Aber er führte, wie sein Erzeuger ja durchaus richtig erkannt hatte, längst ein eigenständiges Leben, und er setzte andere Maßstäbe. Höflichkeit war für ihn etwas, wofür man sich Zeit nehmen konnte, wenn diese Zeit zur Verfügung stand. Ob er nun den Anwesenden einen guten Tag wünschte oder nicht – am Tag selbst würde das herzlich wenig ändern.
    Wahrscheinlich sahen seine Eltern das anders. Aber er hatte sich nicht von ihnen gelöst, um sich ihnen anschließend wieder zu unterwerfen. Er wollte seine eigenen Maßstäbe setzen. Er wollte niemanden zwingen, sich an diesen seinen Maßstäben zu orientieren, ebensowenig aber auch sich selbst den alten Konventionen anpassen.
    Ein Feuer, das er selbst nicht verstand, loderte in ihm. Mißtrauen gegenüber allen und jedem.
    Die unterschwellige Befürchtung, nicht ernst genommen zu werden – schließlich war er ja eigentlich noch ein kleines Kind. Aber er war auch ein magisches Wesen . Innerhalb eines einzigen Jahres war er vom Säugling zum 18jährigen geworden, der alles nur erreichbare Wissen in sich hineinschlang und darüber keine Zeit mehr hatte, Kind zu sein. Er war von Körper und Intellekt her erwachsen, aber seelisch hatte er noch sehr viel nachzuholen…
    Vielleicht lag es daran, daß er hin und wieder sehr widersprüchlich reagierte. Vielleicht lag es auch daran, daß Angelique Cascal ihn vor einiger Zeit verlassen hatte. Er hatte sich im gleichen Moment, als er sie zum ersten Mal sah, in sie verliebt, und sie war ihrerseits auch ihm sehr zugetan. So sehr, daß sie damals ihre Familie verlassen hatte und ihm in den Himalaja gefolgt war, zu der kleinen Berghütte, die er selbst in der Nähe eines tibetischen Klosters gebaut hatte. Aber er war zu sehr Egoist, wie sie ihm vorgehalten hatte, und deshalb war sie wieder gegangen.
    Er hatte sie gehen lassen, aber er hoffte, daß er sie wieder für sich gewinnen konnte. Er wußte nicht, was er falsch gemacht hatte – er konnte doch überhaupt nichts falsch machen! Er war doch perfekt geboren worden! So perfekt, daß selbst die Dämonen der Hölle sich vor ihm fürchteten und alles mögliche versucht hatten, diese Geburt zu verhindern… Und er war auch perfekt genug gewesen, gleich Verantwortung zu übernehmen und die Hölle zu beherrschen –bis er dieser Macht einfach überdrüssig wurde… Oder die Verantwortung dafür, den Silbermond in einer von ihm geträumten Welt und drei Minuten in der Zukunft zu halten, um ein gefährliches Zeitparadoxon zu verhindern und unter Kontrolle zu halten…
    Er überlegte. Er befand sich in Florida, Angelique in Louisiana. Aber Entfernungen spielten für ihn keine Rolle, wenn er einen Traum schuf und sich durch diesen bewegte. Warum sollte er Angelique nicht einfach einen Besuch abstatten?
    Immerhin hatte er von ihr geträumt! Nicht zum ersten Mal, aber diesmal in einer ganz besonderen Form. Vielleicht hatte das etwas zu bedeuten.
    Aber er verschob diesen Besuch. Erst mußte er mit Zamorra reden. Vielleicht konnte er ihm sagen, wer Siebenauge war.
    ***
    »Hat euer Aufkreuzen hier einen besonderen Grund, oder kommt ihr nur, um einem alten Freund einmal wieder einen Anstandsbesuch zu machen?« fragte Rob Tendyke, als Zamorra und Nicole nach etwa einer halben Stunde wieder im Gesellschaftsraum auftauchten. Nicole hatte den durchsichtigen Schal gegen eine nur etwas weniger durchsichtige Bluse ausgetauscht. »Ist ein Freundschaftsbesuch nicht immer als etwas besonderes zu betrachten?« fragte sie.
    Tendyke lächelte.
    »Freunde«, sagte er, »sind tatsächlich immer etwas besonderes. Sagt mal«, und er wurde wieder ernst, »ist es Zufall, daß Julian und ihr gleichzeitig hier auftaucht? Oder steckt ein Plan dahinter?«
    »Zufall«, sagte Zamorra. »Wir wissen ja nicht einmal, wo er normalerweise steckt.«
    »Das wissen wir auch nicht«, sagte Uschi Peters bitter. »Alle paar Monate läßt er sich mal hier sehen oder schreibt einen Brief ohne Absender, aber wo wir ihn erreichen können, teilt er uns nie mit. Dabei sind wir sicher, daß er seine Eltern durchaus hin und wieder mal sehen will. Doch jedesmal, wenn wir zusammentreffen, prallen gegensätzliche Welten aufeinander. Und auch wenn wir Rob nicht immer recht geben können, tut es doch manchmal sehr weh, wie sich Julian uns gegenüber verhält. Er hat einfach eine ganz andere Auffassung vom Leben und Zusammenleben und von
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