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0528 - Der blaue Tod

0528 - Der blaue Tod

Titel: 0528 - Der blaue Tod
Autoren: Werner Kurt Giesa
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war.
    Andere, denen er seine Hilfe angeboten hatte, hatten sich nicht so gesträubt. Sie hatten die Hilfe gern angenommen.
    Aber zum ersten Mal stieß er, für den tausend Jahre nur ein Tag waren, auf Widerstand. Und er begriff den Grund dafür nicht. Warum wollte dieser Mann namens Zamorra den Tod nicht als Helfer akzeptieren?
    Er war jedenfalls nicht gewillt, so einfach aufzugeben. Notfalls mußte er Zamorra seine Hilfe eben mit Gewalt aufzwing en…
    Auch wenn ihm Gewalt nicht sonderlich lag…
    ***
    Irgendwann später, am Nachmittag, fuhren Zamorra und Nicole zum Château zurück. Zamorra war ins Grübeln versunken. Er verband sich im telepathischen Rapport mit Nicole, um herauszufinden, was sie gesehen hatte. Aber auch in ihrem Erinnerungsbild sah er das Wesen nur als Farbe und nicht als Person, während Nicole nach wie vor steif und fest behauptete, die Person, wie beschrieben, gesehen zu haben.
    »Also liegt es an mir«, erkannte Zamorra. »Ganz speziell an mir. Schade, daß Mostache in jenem Moment nicht im Raum war. Er hätte vielleicht als so etwas wie eine Kontrollinstanz fungieren können.«
    Ein paar Stunden später tauchte Lady Patricia auf. Die junge Schottin war Dauergast im Château, auch wenn sie in den Highlands ihr eigenes Castle besaß. Aber dort wäre sie mit Kind und Butler völlig allein gewesen; hier im Château war sie nicht nur sicher, sondern sie konnte auch gesellschaftliche Kontakte pflegen, die magisch geschützt werden konnten. Das würde sich, besonders für das Kind, in Zukunft als recht nützlich erweisen. Das Kind war niemand sonst als Lord Rhett Saris ap Llewellyn, der Erbfolger des Llewellyn-Clans, mithin eine bedeutungsvolle Person, deren Bewußtsein bereits Jahrzehntausende alt und vor gerade etwa einem Jahr in einem neuen Körper wiedergeboren worden war…
    »Probleme, Zamorra?« fragte die junge Schottin, als sie Zamorra grübelnd im Liegestuhl der Sonnenterrasse aufstöberte. Der Professor hob den Kopf. »Nichts Weltbewegendes.«
    »Das sagst du immer, Freund des Mannes, den ich liebte und liebe und der starb, um im Körper meines Sohnes wiedergeboren zu werden. Was ist es? Brauchst du Unterstützung, vielleicht den Ratschlag einer Außenstehenden?«
    Zamorra schüttelte den Kopf. »Du hast Wichtigeres zu tun, als dich um mein seelisches Befinden zu kümmern, Patricia«, erwiderte er. »Mach dir keine Sorgen.«
    »Na schön.« Sie gab sich einen deutlichen Ruck. »Dann kann ich ja vielleicht umgekehrt dich um Unterstützung bitten oder um einen Rat, einen Tip… was weiß ich?«
    »Immer«, sagte er. »Du weißt, daß ich dir jede erdenkliche Hilfe zugesagt habe. Und wenn’s nur darum geht, daß dein Sohn seinen Haferbrei nicht essen will…«
    »Es ist etwas anderes«, sagte Patricia. »Es betrifft wohl eher mich. Du weißt, daß ich male.«
    Zamorra nickte. Lady Patricia Saris ap Llewellyn, gebürtige McGraw, war ein künstlerisches Talent. Sie pflegte es als ihr Hobby, malte zum Zeitvertreib Ölbilder. Landschaften, Porträts, Figuren oder einfach Motive, die es nur in ihrer Vorstellung gab. So hatte sie vor kurzem ein lebensgroßes Bild ihres Sohnes gemalt, wie er ihrer Vorstellung nach aussehen würde, wenn er erwachsen war - er war dem einstigen Lord Bryont Saris äußerst ähnlich, aber im Detail gab es ein paar Unterschiede, die nur jemand erkannte, der die Person auf dem Gemälde mit der Künstlerin verglich und mit dem Aussehen ihrer Verwandten. Sie hatte viel vom Phänotyp ihrer Familie in das Bild hineingelegt.
    »Ich habe etwas gemalt, das ich nicht verstehe«, sagte sie. »Und ich weiß nicht einmal, wann ich es gemalt habe und warum. Ich dachte mir, du könntest mir bei der Deutung helfen.«
    Zamorra lächelte. »Ich bin kein Kunstkritiker«, sagte er.
    »Dann hätte ich dich auch nicht gefragt«, erwiderte sie spitz. »Schließlich ist bekannt, daß Kunstkritiker einem Künstler nicht in seiner Arbeit helfen, sondern nur bemüht sind, sie mit ihren Wertungen zu vernichten. Bilder, die gut sind, werden von der Kritik verrissen, Schlechtes wird hochgelobt…«
    »Das ist alles relativ«, erwiderte Zamorra. »Die Wahrheit liegt immer im Auge des Betrachters. Wie also kann ich dir helfen?«
    »Betrachte das Bild, das ich gemalt habe, und sage mir einfach, was es für dich ausdrückt.«
    »Wenn’s mehr nicht ist…«
    Er folgte ihr in den Seitenflügel des Châteaus, in dem die Gästezimmer waren und wo Lady Patricia derzeit schalten und walten konnte, wie sie
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