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052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde

052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde

Titel: 052 - Die Leichenkammer des Dr. Sarde
Autoren: Larry Brent
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reagierte die Stimme sofort. »Ich könnte ein Taxi
nehmen. In spätestens einer halben Stunde würde ich bei Ihnen sein. Ich möchte
Sie bitten, mir diesen Wunsch nicht abzuschlagen. Das hat auch den Vorteil für
Sie, dass Sie unmittelbar in den Besitz ihres Eigentums gelangen, Mademoiselle.
Ihre Papiere – und vor allen Dingen Ihr Geld. Ich habe gesehen, dass ihre
Geldbörse in der Tasche liegt.«
    »Ja, das ist richtig, Monsieur. Meine gesamte Barschaft befindet sich
darin.«
    »Na, sehen Sie ... Ich schlage vor, ich bin in einer halben Stunde bei
Ihnen, und Sie geben mir meine Tasche zurück. Sie erhalten die Ihre – und damit
ist die Sache erledigt.«
    »Gut, in Ordnung. – Wie war doch noch Ihr Name: ich habe ihn vorhin nicht
richtig verstanden.« Das war gelogen, denn ihr Gesprächspartner hatte ihn
überhaupt nicht genannt.
    Der Alte am anderen Ende der Strippe schien bei ihrer Frage nichts
Besonderes zu finden.
    »Mein Name ist Sarde«, sagte er einfach, »Doktor Sarde ...«
    Sie wollte noch etwas sagen, unterließ es aber dann. Sie hörte, wie im
Hintergrund Geräusche klangen, als würde dort, wo Sarde telefonierte, ein Auto
vorbeifahren.
    Dann schlug eine Tür zu.
    Michele Claudette schluckte. »Hallo?«, fragte sie. »Doktor Sarde?«
    Sie lauschte und wartete ab. Keine Reaktion ...
    Dann legte sie auf. Ein ungeheuerlicher Verdacht tauchte plötzlich in ihr
auf.
    Vielleicht hatte Sarde nur feststellen wollen, wie die Dinge lagen.
Vielleicht befand er sich gar nicht mehr so weit von ihrer Wohnung entfernt,
wie er angegeben hatte?
    Sie rannte zum Fenster, öffnete spaltbreit den Vorhang und starrte hinunter
auf die dunkle, verlassene Straße. Vorn an der Ecke stand eine
schwachbeleuchtete Telefonzelle. Michele sah, dass dort in diesem Augenblick
eine dunkle Gestalt heraustrat.
    Der Mann trug einen Hut – und etwas in der Hand. Eine Reisetasche?! Man
konnte es nicht genau erkennen. Es war zu weit weg, und die Lichtverhältnisse
waren zu schlecht. Angst ergriff Michele urplötzlich, als sie daran dachte, was
hier wirklich auf sie zukommen konnte.
    Hatte sie sich überzeugend verhalten? Hatte sie Sarde deutlich machen
können, dass sie in der Tat noch nichts von dem schaurigen Inhalt der
Reisetasche wusste?
    Sie glaubte es nicht. Die letzten Minuten hatte sie wie in Hypnose
durchlebt. Sie wusste nicht mal mehr, was sie alles gesagt und wie sie es
gesagt hatte. Sie konnte sich an nichts mehr erinnern.
    »Mein Gott«, flüsterte sie, und mit einer fahrigen Bewegung fuhr sie sich
durch die Haare. »Wenn er da unten ist – dann wird er in wenigen Augenblicken
hier sein!«
    Panik ergriff sie, als sie überlegte, was sie erwartete. Sie dachte an den
abgeschlagenen Mädchenkopf, der im Wohnzimmer in einer Frischhaltefolie lag.
Erwartete sie das gleiche Schicksal? Sie hatte dem Fremden in der Metro
gegenübergesessen. Sie allein konnte ihn identifizieren. Das aber musste Sarde
– war das wirklich sein richtiger Name? Sie bezweifelte das gründlich –
unbedingt verhindern. Denn damit würde sein scheußliches Verbrechen, das er
begangen hatte, entdeckt werden.
    Jede Sekunde war mit einem Mal kostbar. Und diese Sekunden verrannen rasend
schnell.
    Michele nahm den Hörer ab. Ihre fiebernden Augen fanden die Nummer des
Polizeireviers.
    Michele Claudettes Blick wurde eisig.
    Das Freizeichen, hämmerte es in ihrem Bewusstsein. Sie vermisste das
Freizeichen!
    Ihre Leitung war blockiert!
    Verzweifelt drückte sie mehrmals die Gabel herunter, presste den Hörer an
ihr Ohr – da war nichts anderes zu hören als ein fernes, unregelmäßiges
Rauschen. Jetzt wieder ein Geräusch, als würde ein Auto an der Stelle
vorbeifahren, von der aus Sarde angerufen hatte.
    Er hatte nicht aufgelegt!
    Sie hatte keine Gelegenheit, die Polizei zu verständigen.
    Das schaurige Karussell, auf das sie geraten war, drehte sich mit einem Mal
immer schneller. Die Zeit lief ihr davon. Sie war unfähig, etwas zu tun und
stand wie erstarrt. Doch dann riss sie sich mit Gewalt von der Stelle los.
    Sie stürzte hinaus auf den Korridor und schlüpfte mit zitternden Händen in
den leichten, hellgelben Sommermantel.
    Sie riss die Tür auf und rannte auf den Gang.
    Im ersten Augenblick wusste sie nicht, ob sie den Lift benutzen oder über
die Treppe nach unten rennen sollte.
    Wie von Furien gehetzt rannte sie den dunklen Treppenaufgang hinunter. Ihr
Atem flog. Instinktiv fühlte sie, dass da irgendetwas auf sie zukam, das über
ihre Kräfte ging. Sie
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