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0514 - Der Schädeltempel

0514 - Der Schädeltempel

Titel: 0514 - Der Schädeltempel
Autoren: Werner Kurt Giesa
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anständige Kneipe und kein Flohzirkus!«
    Am Fenster bekeiften sich der zeternde »Großonkel Isenbart« und der Gavvroval immer noch gegenseitig und stritten um den Besitz der Mütze. Der Bärtige lachte auf. »Eine anständige Kneipe?« donnerte seine Baßstimme. »Dazu fehlt’s aber noch an einigem! Soll ich euch mal zeigen, wie eine anständige Kneipe dort aussieht, wo ich herkomme?«
    »Ja, los«, feuerte André Goadec ihn an.
    Der Bärtige erhob sich, stülpte sich den speckigen Hut auf den Kopf und schob das Messer in eine fransenbesetzte Lederscheide an seinem breiten Gürtel, der von einer gut zwölf Zentimeter durchmessenden Schließe geziert wurde. Zamorra sah jetzt, daß der Mann eine Fellhose trug und Schaftstiefel, die bis über die Knie hinaufreichten. In jedem Abenteuerfilm hätte er sofort auftreten können.
    »Zuerst einmal«, sagte der muskelbepackte, schwergewichtige Hüne, der locker eine Körpergröße von über zwei Metern erreichte, »sieht bei uns ein Wirt aus wie ein Wirt und nicht wie so ein Hungerhaken.« Er wies auf Mostache, der nun wirklich alles andere als schmalbrüstig war. Aber plötzlich legte Mostache noch zu. Auch seine Kleidung veränderte sich; er trug plötzlich statt des karierten Hemdes ein Fellwams, und seine Schürze war aus dunklem, fleckigen Leder. Verdutzt sah der Wirt an sich herunter. »He, was zum Teufel…«
    »Siehst du, was ich sehe?« flüsterte Nicole Zamorra zu. Der nickte.
    »Was auch immer es ist«, gab er leise zurück, »es ist zumindest keine Schwarze Magie.«
    »Auch die Ausstattung dieses Raumes läßt zu wünschen übrig«, fuhr der Hüne fort und deutete mal hierhin, mal dorthin. Die elektrische Beleuchtung verschwand, machte Öllampen Platz, die von rauchschwarzen Deckenbalken herunterhingen. Die Fenster wurden kleiner, die Tapeten schwanden, und das Mauerwerk trat rauh hervor. Anstelle der Bodenfliesen gab es Holzdielen. Auch die Theke veränderte sich, bestand plötzlich nur noch aus einem faustdicken, über zwei Fässer gelegten Brett.
    »Was soll der Blödsinn?« polterte Mostache los. »Wirst du wohl mit diesem Unsinn aufhören, Mann!«
    Aus der Verbindungstür zur Küche -plötzlich nur noch aus einem Fellvorhang bestehend - trat Mostaches bessere Hälfte hervor, nicht minder verdutzt über die Verwandlungen als ihr Herr Gemahl. Der Hüne grinste. »Und die Frau des Wirtes ist ein recht liebliches Wesen, nicht so eine Megäre!«
    »Den schmeiße ich höchstpersönlich raus!« fauchte die Wirtin erzürnt, die normalerweise die personifizierte Gemütlichkeit war. Aber noch während sie an Mostache vorbei wollte, veränderte sie sich, wurde glatt um Jahre jünger, schmaler in den Hüften und trug plötzlich ein tief ausgeschnittenes, mit goldenen Blumenornamenten besticktes blaues Kleid. So hatte sie vor fünfzehn oder mehr Jahren ausgesehen, erinnerte Zamorra sich, der aber ein solches Kleid an ihr noch nie gesehen hatte. Dabei stand es ihr hervorragend.
    »Auch die Gäste sehen etwas zünftiger aus«, fuhr der Bärtige fort. Er deutete mal auf diesen, mal auf jenen Gast. Jedesmal fand eine Verwandlung statt. Zamorra öffnete unauffällig sein Hemd und ließ die Finger direkt über das Amulett gleiten. Er verschob einige der seltsamen Hieroglyphen auf der handtellergroßen Silberscheibe und bemühte sich zugleich, Merlins Stern auch mit entsprechenden Gedankenbefehlen zu bombardieren; das Amulett sollte feststellen, ob es sich tatsächlich nur um eine Massensuggestion eines geschickten Hypnotiseurs handelte oder wenn nicht, welche Art von Magie hier im Spiel war. Gegen die Hypnose sprach eigentlich, daß Zamorra zu den Menschen gehörte, die grundsätzlich nicht gegen ihren Willen hypnotisiert werden konnten.
    Mehr und mehr bot Mostaches Lokal das Bild einer archaischen Spelunke aus einem Fantasy-Film.
    »Jetzt haben wir also die Bauernlümmel«, stellte der Bärtige fest und lachte wild auf. »Da brauchen wir aber noch einen feinen Edelmann, nicht wahr?« Er zeigte auf Pascal Lafitte. Im nächsten Moment fand dieser sich in Samt und Seide gekleidet wieder, mit einem Degen an der Seite. »Und hübsche Schankmägde, die sich dieses Edelmannes annehmen. Vergiß nicht, großzügig mit deinen Dukaten zu sein, mein Junge, schließlich hat dein alter Herr sie den Bauern abpressen lassen! Verwöhne die feinen Mägdelein gut! Halte sie dir warm, damit sie dir ihr Bett warmhalten!«
    Dabei deutete er diesmal auf Nicole Duval und Jeanette Brancard. Von
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