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0514 - Der Schädeltempel

0514 - Der Schädeltempel

Titel: 0514 - Der Schädeltempel
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Aspik und Zauberergulasch!« Er schleuderte die Stachelkeule durchs Fenster hinter dem Bärtigen her. Wilde Verwünschungen ausstoßend, kletterte er hinterdrein.
    Mittlerweile hatte Pascal das Schloß der Kette geöffnet und sie von seinem Gürtel gelöst. Zamorra rupfte ihm das Kettenende aus der Hand und turnte hinter Mostache her. Der stürmte gerade um die Hausecke nach vorn zu Parkplatz und Straße. Großonkel Isenbart war wieder da und stellte dem Wirt ein Bein. Mit wildem Gebrüll landete Mostache bäuchlings in einer der Riesenpfützen. Der seltsame »Großonkel« kicherte höhnisch und wieselte hinter seinem Herrn her, der in diesem Moment die Autos erreicht hatte. Er deutete auf Lafittes Kombi, der sich im gleichen Augenblick in eine zweispännige Kutsche mit angeschirrten Eseln verwandelte.
    Auch der seltsam aufgetakelte Geländewagen geriet in Bewegung. Er lebte plötzlich als ein Mini-Drache. Der Bärtige schwang sich auf den Rücken des Getiers und fing abermals den in seine Hand fliegenden Großonkel Isenbart auf.
    »Hiergeblieben!« schrie Zamorra und stürmte auf den Bärtigen zu. Der Reitdrache spannte die Schwingen aus. Zamorra bekam den Bärtigen noch am Stulpenstiefel zu fassen, aber der Zauberer schüttelte ihn ab. »So nicht, mein Bester«, rief er gutgelaunt. »Da mußt du dir schon was Besseres einfallen lassen, Sklave!«
    Im nächsten Moment schwang sich der Reitdrache in die Luft und jagte davon, der Abenddämmerung entgegen.
    Kopfschüttelnd sah Zamorra ihm nach. Zu allem Überfluß machte sich auch das Amulett noch telepathisch bemerkbar. Blinder Eifer schadet nur, spöttelte es.
    »Ach ja«, knurrte Zamorra. »Und wie hättest du es an meiner Stelle angestellt?«
    Ich hätte versucht, ihn mit seinen eigenen Waffen zu schlagen.
    Zamorra seufzte und hieb mit der Faust gegen die Silberscheibe vor seiner Brust. »Wie schön, daß du mir diesen Vorschlag machst«, knurrte er. »Vielleicht kannst du deine Magie ja mal einsetzen, um dieses Fleischgebirge aus dem Kneipeneingang zu entfernen.«
    Du bist doch der »Meister des Übersinnlichen«, spottete das Amulett. Ich bin nur das dir von Merlin gegebene Werkzeug. Also laß dir etwas einfallen!
    Zamorra seufzte, murmelte eine Verwünschung und half Mostache, sich aus der Pfütze zu erheben.
    ***
    Sie kehrten durch den Hintereingang ins Haus zurück. Leise vor sich hin schimpfend, verschwand Mostache in den Privaträumen, um sich umzuziehen. Zamorra tauchte hinter der Theke in der Gaststube auf. Er rieb sich fröstelnd die Schultern, um die Gänsehaut schneller zu vertreiben; hier drinnen war es wenigstens leidlich warm, im Gegensatz zu draußen. Er hoffte, daß er sich im kalten Wind keine Erkältung eingefangen hatte. In der Gaststube sah alles immer noch so verändert aus, wie der Bärtige es zurückgelassen hatte. Wie hatte Merlins Stern es genannt? Gewissermaßen eine neue Variante der Realität. Bedeutete das, daß diese Variante, die Veränderungen, nun dauerhaften Bestand hatten? Dann gab es wirklich Probleme!
    Die Gäste debattierten heftig; Nicole und zwei Männer hatten mit Aufräumarbeiten begonnen. In einer Ecke kauerte Jeanette verkrampft und mit hochgezogenen Beinen auf einem Stuhl. Marie-Claire sprach auf sie ein. Jemand hatte ihr eine Jacke um die Schultern gehängt. Sie warf Nicole finstere Blicke zu. »Sie ist schuld«, murmelte sie zornig. »Wenn sie diesen Mistkerl nicht auch noch mit ihrer dämlichen Bemerkung provoziert hätte…«
    »Es ist alles nur eine Illusion«, versuchte Zamorra ihr nahezubringen.
    »Ach ja, Professor? Danach fühlt es sich aber gar nicht an. Und warum tun Sie nichts dagegen?«
    »Denken Sie logisch«, empfahl Zamorra. »Übrigens - wären Sie meine Studentin, würde ich Ihnen dieses unfreiwillige Erlebnis als eine Art Praktikum anrechnen. Fallstudie live… Leider habe ich momentan keinen Lehrstuhl inne. Aber vielleicht läßt sich etwas mit Ihren Dozenten regeln. Stellen Sie sich vor, dies sei eine Variante der Realität. Massenhalluzination, die auf das Individuum völlig echt wirkt. Wie könnten Sie sich und andere davon überzeugen, daß sie einer Täuschung unterliegen, auch wenn sich diese Täuschung subjektiv echt anfühlt?«
    »Eine Pararealität?«
    »So ähnlich«, nickte Zamorra. »Betrachten Sie diesen Vorfall als eine Art Feldversuch, ein Experiment, und lassen Sie sich dazu etwas einfallen.«
    »Aber das bringt mir meine Kleider doch nicht wieder!«
    »Wer weiß«, lächelte
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