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0511 - Der Fluch der Baba Yaga

0511 - Der Fluch der Baba Yaga

Titel: 0511 - Der Fluch der Baba Yaga
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Kirchenschiffs nicht im mindesten. Er verließ es durch das große Portal.
    Stygia floh ihm nach. Sie war erschöpft, als sie endlich wieder ins Freie trat. Sie sah dem Lachenden Tod nach, wie er davonschritt. Immer wieder jonglierte er mit seinem Herzen.
    Stygia war ratlos, verwirrt. So hatte sie sich seine Erweckung eigentlich nicht vorgestellt. Er hatte sich weder dafür bedankt, daß sie ihn befreit hatte, noch sich auf ein Gespräch eingelassen. Dabei hatte sie auch ihm einen Auftrag erteilen wollen.
    Doch irgendwie spürte sie, daß er auch so ziemlich genau das tun würde, was ihr vorschwebte.
    Sie kämpfte gegen einen Schwächeanfall, zog sich mehr taumelnd als gehend in eines der leeren, alten Häuser am Hang zurück und war froh, daß niemand sie jetzt sah. Sie brauchte eine Weile, um sich von der zerstörerischen Wirkung zu erholen, die der Heilige Boden auf sie ausgeübt hatte. Ohne gewissenhafte Vorbereitung wäre sie vielleicht gestorben.
    Der Lachende Tod blieb davon unberührt.
    Wer oder was könnte auch den Tod töten?
    ***
    Die uralte Hexe wanderte durch die vielen Räume ihres kleinen Hauses. Sie schlurfte durch den aufwirbelnden Staub der Jahrzehnte, vielleicht der Jahrhunderte; wieviel Zeit wirklich verstrichen war, wußte sie nicht; es interessierte sie auch nicht sonderlich. Für sie zählte stets nur das Jetzt. Und mit diesem Jetzt konnte sie schon zufrieden sein.
    Ratten und Mäuse quiekten schrill, wenn die Hexe auf sie trat, hetzten verschreckt durch Räume, die seit einer kleinen Ewigkeit nicht mehr betreten worden waren. Überall roch es nach Moder und Zerfall. Spinnweben bildeten dichte Schleier; die Achtbeinigen verharrten erschreckt, mußten sich erst mit der ungewohnten Besucherin abfinden - obgleich eigentlich sie selbst die Besucher waren. Die Hexe wischte einige Gewebe fast achtlos beiseite. Es tat gut, sich wieder bewegen zu können, wieder das Leben zu spüren. Genußvoll zerdrückte sie ein paar der Spinnen, beließ den anderen aber ihre Existenz. Da war es wieder, das Gefühl der Macht über Leben und Tod, das sie so gern auskostete bis zum Exzeß.
    Der Raum mit der Knochensammlung… verstaubt wie alle anderen Zimmer, von denen es mehr gab, als es von außen möglich schien. Menschenschädel, mehr oder weniger erhaltene Gerippe, wild durcheinandergeschüttelt bei den schnellen Märschen über die Lande… auch Knochenreste von Wesen, die niemals die Chance gehabt hatten, menschlich zu sein… Allgegenwärtig waren Tod und Verfall.
    Die Uralte kicherte. Bedächtig schlurfte sie weiter, wirbelte Wolken von Staub auf, ohne jemals husten zu müssen. Schließlich betrat sie den Raum, in dem ihr Ofen stand.
    Das Feuer darin brannte bereits. Hell flackerten die Flammen, ließen Licht und Schatten einen Totentanz aufführen. Der alte eiserne Kohleofen mit dem langen Kaminrohr stand auf vier Beinen, die eine verblüffende Ähnlichkeit mit denen von Hühnern besaßen. Um den Ofen lagen locker Zügel, als handele es sich um ein aufgeschirrtes Reittier.
    Die Hexe hockte sich vor dem Ofen nieder. Ihre Mundwinkel zuckten vor lautlosem Gelächter. Sie streckte die Hand aus, hinein in die tanzenden Flammen. Die Glut vermochte sie nicht zu verzehren; sie spürte sie nicht einmal. Die Hexe drehte die Hand, schien nach jemandem oder etwas greifen zu wollen und schloß die dürren, knochigen Finger doch nur um scheinbar nichts. Ihre Lippen raunten einen Namen.
    »Zamorra«, wisperte sie. »Professor Zamorra. Professor Zamorra deMontagne…«
    ***
    Das Kaminfeuer knisterte immer noch. Die Flammen warfen ein ständig wechselndes Muster von Licht und Schatten über zwei Gestalten, die einander umarmend auf den Fellen vor dem Kamin eingeschlafen waren. Die Lichtmuster krochen über die beiden Körper, als würden sie leben. Die Glut des langsam niederbrennenden Holzes wärmte die beiden Menschen.
    Als Lady Patricia sich zurückgezogen und sie in der kleinen Bibliothek alleingelassen hatte, hatten- Zamorra und Nicole sich dem plötzlichen Zauber des Augenblicks hingegeben. Kerzenlicht, das flackernde, lebendige Feuer, ein Glas Wein und die explosionsartig aufflammende, zärtlichwilde Leidenschaft ihrer Liebe, der sie sich bis zur Erschöpfung hingegeben hatten, Zamorras Überleben feiernd, gerade so, als wäre es das erste und letzte Mal, als könnten sie nicht genug voneinander bekommen. Schließlich waren sie vor dem niederbrennenden Feuer ermattet in Schlaf gesunken.
    In den Flammen zeigte sich
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