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0501 - Der Biß der Kobra

0501 - Der Biß der Kobra

Titel: 0501 - Der Biß der Kobra
Autoren: Werner Kurt Giesa
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bewegte. Denn die neue Fürstin der Finsternis, Stygia, hatte der Kobra zwar die Rückkehr in irdische Gefilde erlaubt und ihr gewährt, daß Panshurab den Kult wieder in seinem alten Stammbereich Indien ansiedelte und reaktivierte, aber Stygia hatte ebenso klar verboten, daß der Ableger in Caermardhin aktiviert wurde, um den Zauberer Merlin zu infizieren. Die Fürstin der Finsternis befürchtete, daß Merlin zu stark war und seinerseits die Schlange manipulierte, statt zu ihrem Sklaven zu werden. Ein von Merlin veränderter Ableger dagegen, zurückgesandt zu den anderen, mochte dem gesamten Stamm Ssacahs Probleme bis hin zum Untergang bereiten.
    Mansur Panshurab begriff durchaus die Gefahr. Aber jetzt, da er von Stygia gewarnt worden war, konnte er natürlich den Rückkehrling überprüfen und gegebenenfalls unschädlich machen, falls der Ableger wirklich in Merlins Sinn agieren sollte. Außerdem mußte Stygia nicht unbedingt recht behalten, nur weil sie auf dem Knochenthron saß. Schließlich war sie nur ein weibliches Wesen.
    Deshalb riskierte der Inder es jetzt doch, die Messing-Kobra ihrem Ziel entgegenzulenken. Es mußte nicht einmal Merlin selbst sein, der zum Opfer und damit zu einem neuen Diener Ssacahs wurde. Wenn es Merlin war, war das zwar das Bestergebnis, aber auch jeder andere, der sich in Caermardhin bewegte, war wichtig. Gleichgültig, wen es traf - jeder Biß würde ein Sieg sein.
    Auch wenn die Fürstin der Finsternis ein Verbot ausgesprochen hatte.
    Der Inder brannte darauf, diesem teuflischen Weib zu beweisen, daß es unrecht hatte!
    Er konzentrierte sich weiter darauf, durch die Augen dieser speziellen Messing-Kobra zu sehen und sie auf entdeckungssicheren Umwegen vorwärts zu führen.
    ***
    Lady Patricia lag ganz still da. Nicole stand neben dem Bett. Sie lächelte den Lord an, dem in diesem Moment weder die letzte Trunkenheit seines derzeitigen Lebens noch irgendwelche zerebralen Schädigungen anzumerken waren. So vital, als stehe er am Anfang und nicht am Ende seiner körperlichen Existenz, war er in das Zimmer gestürmt. Zamorra folgte ihm etwas langsamer. Noch bedachtsamer der Arzt, der seine Überraschung erst überwinden mußte, weil es nicht in sein Denkschema paßte, daß ein so gebrechlich und zerbrechlich aussehender Mann sich so dynamisch bewegen konnte, zumal er gerade vorher mehr als eine halbe Flasche Whisky niedergekämpft hatte. Von Butler William war überhaupt nichts zu sehen; der versuchte wohl, die frisch verarztete Mrs. McShield transportfähig zu machen.
    Zamorra sah das helle, beglückte Leuchten in Nicoles Augen. Sie beugte sich über die Lady und das Bett, tat etwas, hob dann ein kleines Wesen empor, das im gleichen Moment den ersten Schrei tat, ohne den berüchtigten Klaps auf den Po bekommen zu haben. Der winzige Sir Rhett schrie seinen Protest, dem Mutterschoß entrissen worden zu sein, in die Welt hinaus.
    Zamorra hielt den Atem an.
    Nicole legte den Säugling nicht der Mutter in den Arm.
    Sie hielt ihn Sir Bryont entgegen.
    War das so richtig?
    Mußte nicht im Augenblick der Geburt die Seele, das Bewußtsein des Lords, in den Körper des Kindes überwechseln? Warum kippte der entseelte Greisenkörper des Lords dann jetzt nicht um?
    Der Lord nahm seinen Sohn entgegen!
    Er hielt dieses kleine Wesen in seinen Händen, betrachtete es liebevoll, lächelte zufrieden. Zamorra hatte nie zuvor in seinem Leben einen Menschen gesehen, in dessen Augen sich ein solches Glücksgefühl widerspiegelte.
    Der Kleine schrie nicht mehr.
    »Es ist immer wieder dasselbe mit mir«, sagte der Lord leise. »Ich gerate jedesmal in Panik. Dabei bleibt doch Zeit genug. Seht zu, daß ihr am Leben bleibt, bis ich soweit bin, euch wiederzuerkennen. Pat, ist das nicht ein prachtvoller Bursche?« Er stand neben seiner Gemahlin, zeigte ihr das Kind. »Paß gut auf den Kleinen auf, Pat. Ich liebe dich.«
    Er legte ihr das Kind in die Arme, aber ehe sie sich aufrichten konnte, beugte er sich über sie, wirkte dabei kraftvoll und jung, als sei er nie gealtert, und küßte sie.
    »Es endet nie«, flüsterte er. »Nie zuvor hat eine Frau mich so geliebt wie du. Wir haben uns fast ein Vierteljahrhundert zu spät gefunden…«
    Noch einmal küßte er sie. »Vergiß mich nicht als der, der ich war«, flüsterte er.
    »Nie«, versicherte Patricia leise.
    »Solange ich lebe nicht, und auch nicht darüber hinaus. Bryont…«
    »Ich bin nicht mehr Bryont. Ich bin Rhett«, sagte er leise. »Ich wünsche dir
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