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0501 - Der Biß der Kobra

0501 - Der Biß der Kobra

Titel: 0501 - Der Biß der Kobra
Autoren: Werner Kurt Giesa
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alles Glück der Welt.« Dann wandte er sich ab, ließ das Kind in ihren Armen und ging aus dem Zimmer.
    Endlich hatte der Arzt seine Starre überwunden. Er trat an das Bett, untersuchte rasch Mutter und Kind, sah sich um und fand nichts, das er beanstanden konnte. »Hier habe ich dann ja wohl nichts mehr zu tun«, stellte er fest.
    Er ging.
    Im Durchgangszimmer saß der Lord wieder im Sessel und hob grüßend die Hand. Zamorra blieb neben Saris stehen. »Hat es nicht geklappt?« fragte er besorgt. »Stimmte das timing nicht mehr? Du müßtest im Körper des Neugeborenen sein!«
    Der runzlige Greis lächelte; es war wie das Grinsen eines Totenschädels.
    »Ich sagte es doch- schon. Jedesmal gerate ich in dieselbe Panik, weil ich immer wieder vergesse, daß es eine Überlappungszeit gibt. Vielleicht ist dieses Vergessen auch ganz gut, damit ich nicht leichtsinnig werde. Keine Sorge, Zamorra, es hätte allemal gereicht. Jetzt weiß ich es. Wo ist Nicole?«
    »Hier.« Sie tauchte etwas nervös aus Patricias Zimmer auf.
    Der Lord streckte beide Hände aus. Zamorra und Nicole griffen zu.
    »Bleibt euch in Liebe verbunden und eurer Sache treu. Die Liebe ist die stärkste aller Kräfte. Paßt ein wenig auf Pat auf.«
    »Du kannst dich darauf verlassen«, versprach Zamorra. Nicole nickte.
    »Ich gehe jetzt hinüber«, sagte der Lord. »Haltet die Ohren steif.«
    Von einem Moment zum anderen erschlafften seine Hände. Seine Augen verloren ihren Glanz. Als Zamorra und Nicole seine Hände losließen, war er tot.
    Nein, nicht er. Nur sein Körper, diese uralte, verbrauchte Hülle. Der Lord selbst lebte.
    Der junge Sir Rhett schlief im Nebenzimmer; er erholte sich von den Strapazen der Geburt.
    ***
    Nur die Augen des alten Mannes lächelten, als er seiner Tochter einen nachdenklichen Blick zuwarf. Seit der Silbermond-Katastrophe hatte niemand mehr Merlin, den alten Zauberer von Avalon, lachen gesehen. Er machte sich die größten Vorwürfe, weil er damals einen simplen Berechnungsfehler begangen hatte, der einem Wesen wie ihm, unterstützt von den mächtigen magischen Hilfsmitteln seiner unsichtbaren Burg Caermardhin mit ihrem Saal des Wissens , niemals hätte unterlaufen dürfen. Aber dieser simple Fehler hätte um ein Haar die ganze Welt in einen anderen Zeitablauf geschleudert, der die Erde in eine Hölle verwandelt hätte. Nur durch größte Anstrengungen Professor Zamorras, des Träumers Julian und ausgerechnet des Sid Amos hatte dieses fatale Zeitparadoxon wieder korrigiert werden können. Nur der Silbermond, der immer noch die Erde umkreiste, gemahnte an dieses drohende Verhängnis.
    Kein Mensch konnte ihn sehen, den Silbermond, der um Sekunden in der Zeit in Richtung Zukunft verschoben die Erde ebenso umlief wie der altvertraute Schutzpatron aller Liebespaare und heulenden Hunde, und durch diese Zeitversetzung konnte er auch mit seiner Massenanziehung keine katastrophale Wirkung auf Mütterchen Terra ausüben. In der Gegenwart blieb alles unverändert.
    Die Zeitverschiebung war nicht der einzige Sicherheitsfaktor. Wichtiger war die Traumwelt, die von Julian Peters geschaffen worden war und die den Silbermond jetzt einhüllte. Sie war so stabil wie ein reales Universum und verhinderte den direkten Kontakt zwischen Erde und Silbermond. Zugang zu ihm gab es daher auch nur über Julian. Aber wer wollte schon zum Silbermond reisen? Es gab nur eine Handvoll Eingeweihter auf der Welt, die ganz bestimmt kein Reisebüro eröffnen würden. Besucher würden auch nur stören. Denn auf dem Silbermond hatten die Sauroiden eine neue Heimat gefunden, deren entropische Echsenwelt in einer Parallelzeit-Ebene ihrer Zerstörung entgegenraste und schon jetzt keinen Lebensraum mehr bot.
    Der Dreh- und Angelpunkt des Silbermond-Problems hieß Julian Peters. Solange der von ihm geschaffene Traum den Silbermond umschloß, war alles in bester Ordnung. Der Träumer brauchte sich nicht einmal ständig auf die einmal von ihm erschaffene künstliche Welt zu konzentrieren oder sich auch nur daran zu erinnern, aber es konnte geschehen, daß er aus einer Laune heraus diesen Traum in Inhalt und Umfang plötzlich veränderte oder gar erlöschen ließ. Für Überraschungen war der Junge, der innerhalb eines Jahres vom Säugling zum erwachsenen Jugendlichen herangereift war, jetzt aber seinen körperlichen Entwicklungsprozeß gestoppt hatte und normal alterte, schon immer gut gewesen. Nur so zum Spaß hatte er sich zeitweilig in den sieben Kreisen der Hölle
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