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05 - Der Kardinal im Kreml

05 - Der Kardinal im Kreml

Titel: 05 - Der Kardinal im Kreml
Autoren: Tom Clancy
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Sie mich zu Hause besuchen. Ich bin Ihnen noch eine Einladung schuldig.» Jack reichte ihm eine Karte. «Rufen Sie mich ein paar Tage vor Ihrer Ankunft an; das mit der Agency regele ich dann.» Ramius und seine Offiziere standen unter striktem Schutz der CIA. Was Ryan am meisten verblüffte, war die Tatsache, daß ihre Story nicht durchgesickert war. Die Medien hatten nichts erfahren, und auch die Russen kannten das Schicksal ihres Raketen-U-Bootes Roter Oktober vermutlich nicht.
Ryans Trauer um das Boot wurde von dem Gedanken an seinen Verwendungszweck gemäßigt. Er entsann sich seiner eigenen Reaktion damals vor einem knappen Jahr im Raketenraum des Unterseebootes, als er den scheußlichen Dingern so nahe gewesen war. Jack akzeptierte die Tatsache, daß Kernwaffen den Frieden wahrten - sofern die Zustände, die auf der Welt herrschten, überhaupt als Frieden bezeichnet werden konnten -, doch wie die meisten Menschen, die sich über dieses Thema Gedanken machten, wünschte er sich einen besseren Weg. Immerhin: ein Unterseeboot weniger, sechsundzwanzig Interkontinentalraketen weniger, einhundertzweiundachtzig Kernsprengköpfe weniger. Statistisch gesehen nicht viel.
Aber wenigstens etwas.
    * Zehntausend Meilen entfernt und zweitausendvierhundert Meter überm Meeresspiegel stellte ein für die Jahreszeit atypisches Wetter ein Problem dar. In der Tadschikischen Sowjetrepublik kam der Wind von Süden und trug noch immer Feuchtigkeit vom Indischen Ozean mit sich, die sich als unangenehm kalter Nieselregen niederschlug. Bald kam der richtige Winter, hier immer früh und gewöhnlich auf den Fersen des brennend heißen, luftlosen Sommers.
    Die Arbeiter waren überwiegend junge, eifrige Mitglieder der Jugendorganisation Komsomol; sie waren hierhergebracht worden, um bei der Fertigstellung eines 1983 begonnenen Projekts zu helfen. Einer von ihnen, ein Doktorand von der Staatsuniversität Moskau, rieb sich den Regen aus den Augen und reckte sich, um ein Ziehen im Rücken loszuwerden. So setzt man doch keinen vielversprechenden jungen Naturwissenschaftler ein, dachte Morosow. Anstatt mit diesem Theodoliten herumzuspielen, könnte er in seinem Laboratorium Laser bauen, aber er wollte erstens die Vollmitgliedschaft der KPdSU erlangen und zweitens um den Wehrdienst herumkommen. Die Zurückstellung wegen des Studiums und die Arbeit beim Komsomol hatten da schon viel geholfen.
    «Nun?» Morosow drehte sich um und sah einen der Projektingenieure, einen Mann vom Tiefbau, der sich als jemand bezeichnete, der etwas von Beton verstand.
    «Ich lese die Position als korrekt ab, Genosse Ingenieur.»
Der ältere Mann beugte sich vor und schaute durch das Fernrohr. «Stimmt. Und das wäre Gott sei Dank auch die letzte.» Beide fuhren beim Donner einer fernen Explosion zusammen. Pioniere der Roten Armee sprengten wieder einmal außerhalb der Einzäunung eine Felsnase weg. Man braucht kein Soldat zu sein, um zu merken, was sich hier tut, dachte Morosow.
    «Sie gehen geschickt mit optischen Instrumenten um. Wollen Sie vielleicht auch einmal Bauingenieur werden?»
«Nein, Genosse. Ich studiere Hochenergiephysik und befasse mich vorwiegend mit Lasern.»
Der Mann grunzte und schüttelte den Kopf. «Dann kommen Sie womöglich an diesen gottverlassenen Ort zurück.»
«Ist dies etwa -»
«Von mir haben Sie nichts gehört», sagte der Tiefbauingenieur mit fester Stimme.
«Ich verstehe», erwiderte Morosow leise. «Ich hab auch schon so etwas vermutet.»
«Und ich würde diese Vermutung für mich behalten», meinte der andere und wandte sich ab.
«Muß ein guter Platz für astronomische Beobachtungen sein», bemerkte Morosow.
«Wie soll ich das wissen?» erwiderte der Tiefbauingenieur mit dem Lächeln eines Eingeweihten. «Ich bin noch nie einem Astronomen begegnet.»
Morosow lachte in sich hinein. Er hatte also doch richtig geraten. Sie hatten gerade die Positionen der sechs Punkte vermessen, an denen Spiegel aufgestellt werden sollten - im gleichen Abstand von einem Gebäude in der Mitte, das Männer mit Gewehren bewachten. Er wußte, daß mit solcher Präzision nur auf zwei Anwendungsgebieten gearbeitet wurde. Das eine, die Astronomie, sammelte einfallendes Licht. Das andere sandte Licht nach oben. Hier mußt du hin, sagte sich der junge Wissenschaftler. Was hier geschieht, wird die Welt verändern.
*
    Es ging ums Geschäft, es wurde verhandelt. Alle Anwesenden wußten das. Alle brauchten es. Und doch war jeder Anwesende so oder so entschlossen,
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