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05 - Der Kardinal im Kreml

05 - Der Kardinal im Kreml

Titel: 05 - Der Kardinal im Kreml
Autoren: Tom Clancy
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betätigte sich fast wie von selbst.
    Die Lafette bäumte sich in seinen Händen auf, als die Stinger im Bogen ausgestoßen wurde und dann ihre Flugbahn zum Ziel erreichte. Trotz der Schleppe aus fast unsichtbarem Rauch konnten die scharfen Augen des Bogenschützen sie verfolgen. Der Lenkflugkörper fuhr die Steuerflügel aus, und diese bewegten sich dann auf Befehl des Computerhirns, einem briefmarkengroßen Mikrochip, um Bruchteile eines Millimeters. Oben in der kreisenden An-26 sah ein Beobachter die winzige Wolke und griff nach dem Mikrophon, um eine Warnung weiterzugeben, doch seine Hand hatte das Instrument kaum berührt, als die Rakete schon traf.
    Die Stinger prallte direkt gegen eines der Triebwerke des Hubschraubers und explodierte. Die Antriebswelle des Heckrotors war gebrochen, und der Hind begann sich heftig nach links zu drehen, als der Pilot versuchte, ihn mit dem Auftrieb des Hauptrotors zu landen. Inzwischen rief der Bordschütze schrill über Funk um Hilfe. Der Pilot brachte das Triebwerk auf Leerlaufdrehzahlen und den Steuerknüppel in Normalstellung, heftete den Blick auf ein ebenes Gelände von der Größe eines Tennisplatzes, legte dann alle Schalter auf Null und aktivierte die Bordlöschsysteme.
    Der Bogenschütze sah den Mi-24 mit der Nase zuerst hundertfünfzig Meter unter seinem hochliegenden Platz auf einen Felsvorsprung aufschlagen. Zu seiner Überraschung fing die Maschine beim Auseinanderbrechen nicht Feuer. Der Hubschrauber überschlug sich und kam dann auf der Seite liegend zur Ruhe. Der Bogenschütze hastete bergab, dicht gefolgt von Abdul.
    Der Pilot hing kopfunter und kämpfte mit den Gurten. Er hatte Schmerzen, doch das bewies, daß er am Leben war. Das neue Modell dieses Hubschraubers hatte verbesserte Sicherheitseinrichtungen, die ihn in Verbindung mit seinem Geschick den Absturz hatten überleben lassen. Weniger Glück hatte sein Bordschütze gehabt; der Mann hing reglos mit gebrochenem Genick, die Hände schlaff zum Boden ausgestreckt. Der Sitz des Piloten war verbogen, und die gekrümmten Metallstreben des zersplitterten Kanzeldaches bildeten nun ein Gefängnis für ihn. Die Notöffnung war verklemmt, die Sprengbolzen wollten nicht zünden. Er nahm die Pistole aus dem Schulterhalfter und begann die Streben des Metallrahmens eine nach der anderen zu durchschießen. Dabei fragte er sich, ob die An-26 den Notruf empfangen hatte und ob der Rettungshubschrauber schon unterwegs war. Sein Notfunkgerät steckte in einer Hosentasche; dieses würde er benutzen, sobald er in sicherer Entfernung von seinem zerschmetterten Vogel war. Der Pilot zerschnitt sich beim Auseinanderbiegen des Metalls die Hände, aber er schuf sich schließlich einen Fluchtweg. Er löste die Gurtschlösser und kletterte aus der Maschine.
    Sein linkes Bein war gebrochen. Das zackige Ende eines weißen Knochens ragte aus der Kombination; obwohl er wegen der Schockeinwirkung noch kaum Schmerz empfand, entsetzte ihn der Anblick der Verletzung. Er steckte seine leergeschossene Pistole ins Halfter und nahm sich eine lose Metallstange als Krücke. Er mußte weg. Er humpelte zum anderen Ende des Felsvorsprungs und sah einen Pfad, auf dem er sich gerade bergab wenden wollte, als er etwas hörte und sich umdrehte. Im Nu wurde aus Hoffnung Horror, und der Pilot erkannte, daß der Feuertod ein Segen gewesen wäre.
Der Bogenschütze pries Allah und zog den Dolch aus der Scheide.
     
*
    Viel kann nicht von ihr übrig sein, dachte Ryan. Der Rumpf war größtenteils intakt - zumindest an der Oberfläche -, aber die grobe Arbeit der Schweißer war so auffällig wie die Nähte im Gesicht von Frankensteins Monster. Ein treffender Vergleich: Der Mensch erschuf diese Dinge, die ihre Schöpfer dann binnen einer Stunde zu vernichten in der Lage waren.
«Erstaunlich, wie groß sie von außen aussehen ...»
«Und wie eng sie innen sind?» fragte Marko nachdenklich. Es war noch nicht so lange her, daß Kapitän Marko Ramius von der Rotbannerflotte sein Boot in dieses Trockendock gesteuert hatte. Während seiner Abwesenheit hatten Techniker der US Navy es seziert wie Pathologen eine Leiche, hatten die Interkontinentalraketen entfernt, den Reaktorantrieb, die Sonar- und Fernmeldegeräte, die Sehrohre und selbst die Herde aus der Kombüse - alles kam zur Analyse auf Basen im ganzen Land. Er war auf eigenen Wunsch nicht zugegen gewesen, denn sein Haß auf das Sowjetsystem schloß die Schiffe, die es baute, nicht ein. Auf diesem Boot war er
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