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049 - Der Android

049 - Der Android

Titel: 049 - Der Android
Autoren: Claudia Kern
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und griff nach dem Driller. Seine Fingerspitzen berührten den Griff, dann wurde er zurückgerissen und mit unglaublicher Schnelligkeit auf den Rücken geworfen.
    Erst jetzt begriff er, dass Lynne nicht geschrien, sondern gelacht hatte…
    Ihre Hand schloss sich wie eine Stahlklammer um seinen Hals und zog ihn vom Boden hoch. Matt sah ihren dunklen Kunststoffarm, der aus der Uniform hervor ragte. Das Blut rauschte so stark in seinem Kopf, dass er die Zusammenhänge nicht mehr erfassen konnte. Mit schwindenden Sinnen hörte er, wie die Tür geöffnet wurde, dann Garretts Stimme.
    »Schir, Maschew Draksch ischt hiermit verhaftet und bereit für den Ab- transchport, Schir!«
    Eine zweite, leiser werdende Stimme antwortete. »Sehr gut, Lynne, Fähnrich, Sie haben…«
    Oh nein, nicht auch noch der, war Matts letzter Gedanke, bevor die Stille ihn einholte.
    ***
    »Müssen sie wohl, wenn sie sich noch nicht einmal verabschiedet haben.«
    Takeo war nicht sicher, ob er Misstrauen oder Ärger in der Stimme seines Sohnes hörte. »Sie haben mir keine Erklärung gegeben, Aiko. Wenn du mich jetzt entschuldigen würdest, ich muss noch arbeiten.«
    »Natürlich, Vater.« Aiko blieb vor dem Schreibtisch stehen, als wolle er etwas hinzufügen, dann drehte er sich wortlos um und verließ das Büro.
    Takeo dachte nicht weiter darüber nach, sondern zog den Scanner hervor und betrachtete den Monitor. Die Übertragung von Erinnerungen war keine exakte Wissenschaft, und manch- mal währte es Wochen, bis man etwas Brauchbares gefunden hatte, aber bei Matthew Drax hatte es nur wenige Stunden gedauert.
    Takeo hatte das Bild in einem bezeichnenden Moment gestoppt. Die Szene, so glaubte er zumindest, hatte sich in Washington abgespielt. Er sah einige tote Jugendliche in primitiver Kleidung, blutigen Schnee und einen schwer bewaffneten Mann, dessen Gesicht er selbst unter dem Schutzanzug erkennen konnte.
    General Crow.
    Takeo legte den Scanner zurück in den Schreibtisch und blieb nachdenklich sitzen.
    »Wann sind sie abgereist?« Aiko stand vor dem Schreibtisch seines Vaters und sah ihn an. Takeos Augenimplantate starrten unbeeindruckt zurück, während ein Teil von ihm missbilligend zur Kenntnis nahm, dass Aikos Schuhe nicht geputzt waren.
    »Gestern Abend. Sie hatten es sehr eilig«, antwortete er.
    ***
    Epilog
    Das gleichmäßige Brummen des Gleiters wirkte einschläfernd und hätte bei Matt bestimmt auch diesen Effekt erzielt, wenn die Handschellen nicht unangenehm tief in die Haut über seinen Gelenken geschnitten hätten.
    Aruulas missmutiger Gesichtsausdruck bestätigte ihm, dass es ihr ähnlich ging.
    Seine Gedanken kreisten immer noch um Takeo, dessen Verbindungen zum Weltrat anscheinend so gut waren, dass er ihm ohne Zögern seinen Gleiter geliehen hatte. Wie viel wusste er über die WCA, und was wusste der Weltrat über ihn?
    Matthew sah nach vorne, wo Crow neben Harris auf dem Copilotensitz saß. Seit einigen Minuten hatten sie Funkkontakt mit Washington, und der General unterhielt sich mit jemanden, den Matt für Präsident Hymes hielt. Sicher war er jedoch nicht, denn es drangen nur Wortfetzen in den hinteren Teil der Kabine.
    Lynne und Garrett waren eingeschlafen und lagen auf den ausklappbaren Sitzen. Matt hätte gern erfahren, warum Lynne zum Cyborg geworden war, aber er hielt eine direkte Frage für nicht sehr klug.
    Der Gleiter bewegte sich unter ihnen, kippte unerwartet nach Südosten weg.
    »Was war das?«, fragte Aruula alarmiert.
    »Ein Kurswechsel.«
    Matt beugte sich vor. »Hey, General, fliegen wir nicht mehr nach Washington?«
    Lynne murmelte etwas im Schlaf.
    Crow drehte sich in seinem Sitz um.
    »Nein,« sagte er, »Und jetzt versuchen Sie zu schlafen, Drax. Sie sollten ausgeruht sein, wenn wir am Ziel ankommen.«
    »Und wo ist das Ziel?«
    Crow ignorierte ihn und begann sich leise mit Harris zu unterhalten. Nach einer Weile sah Matt, wie sich der Himmel rötlich zu färben begann.
    Wir fliegen nach Südosten, dachte er, die Landkarte des Kontinents vor dem inneren Auge. Ich kenne nur ein Ziel, das den Weltrat dort interessieren könnte…
    Florida.
    Cape Canaveral…
    ENDE
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