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049 - Der Android

049 - Der Android

Titel: 049 - Der Android
Autoren: Claudia Kern
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unterdrückte den Impuls, es zu berühren.
    Stattdessen sah er zu Aiko, der seinen Vater verstohlen aus den Augenwinkeln musterte. Er und Miki hatten sich erst hier kennen gelernt. Als Aiko geboren wurde, hatte sein Vater die Enklave bei Amarillo schon lange verlassen gehabt. Matt konnte in seinem Blick nicht erkennen, ob er sich freute oder enttäuscht war.
    Die Berge blieben unter ihnen zurück und gaben den Blick auf das San Fernando Valley frei, ein langgestrecktes Tal, das zwischen zwei Bergmassiven lag. Im zwanzigsten Jahrhundert hatten hier vorwiegend Mexikaner gewohnt und in den Lagerhallen und Fabrikanlagen des Valley gearbeitet. Jetzt, fünfhundert Jahre später waren die Anlagen durch Weiden voller Deers und gelb leuchtenden Feldern ersetzt worden. Dazwischen bemerkte Matt Bewäs- serungsanlagen, unbefestigte Wege und hölzerne Farmhäuser, aus deren Schornsteinen Rauch in den trüben Dezemberhimmel stieg.
    »Das Valley«, erklärte Miki Takeo mit seiner wohl modulierten Stimme, »ist die Kornkammer der Stadt. Hier wächst alles, was dort auf den Teller kommt.«
    Aruula neigte den Kopf. »Dann müssen die Bauern sehr reich sein.«
    »Das sind sie. Die Faama-Gilde, die Vereinigung der Bauern, gehört zu den mächtigsten Organisationen El'ays. Nur Microware, von denen die Stadt mit Strom versorgt wird, und die Schmiede haben mehr Macht.«
    »Wieso ausgerechnet die Schmiede?«, stellte Aruula die Frage, die Matt auf der Zunge lag.
    »Weil sie neben Werkzeugen auch ein Monopol auf den Waffenhandel haben. El'ay ist ein Stadtstaat, der von vielen beneidet wird. Waffen sind eine Notwendigkeit.«
    »Das sind sie überall.«
    »Leider haben Sie Recht, Aruula. Die…«
    »Wieso interessiert dich das?«, unterbrach ihn Aiko. »Du bist kein Mensch mehr… Vater.«
    Matt hörte die Bewunderung in seiner Stimme und das Zögern, bevor er Miki Vater nannte.
    Wäre er auch lieber eine Maschine?, fragte er sich.
    Takeo antwortete nicht, sondern lenkte den Gleiter in eine enge Linkskurve. Matt sah den Schatten der Flugmaschine über eine abgeerntete Obstplantage und ein Feld voller Windräder schießen, dann änderte Takeo erneut den Kurs und ging in den Landeanflug.
    »Dort unten ist meine Siedlung«, sagte er.
    Neben ihm verschränkte Aiko stumm die Arme vor der Brust, aber Matt konnte sehen, dass er beeindruckt war, als der Gleiter langsam eine Runde über dem Dorf drehte. Asiatisch wirkende, dunkel gestrichene Holzhäuser standen scheinbar wahllos verteilt in einer Parkanlage, deren Größe Matt auf mehrere Quadratkilometer schätzte. Wege, die mit weißen Steinplatten gepflastert waren, wanden sich an Tümpeln, Bächen und Wasserfällen vorbei. Es gab kleine Waldstücke und offene Lichtungen, aber ein Großteil der Anlage schien darauf ausgelegt zu sein, die Häuser durch geschickt platzierte Felsen oder Bäume mit tief hängenden Ästen voreinander und vor allzu neugierigen Blicken zu verbergen.
    Der Gleiter sank tiefer und Matt bemerkte Menschen, deren erdfarbene und grüne Kleidung sie mit der Landschaft verschmelzen ließen. Einige winkten der Maschine zu, die meisten ignorierten sie jedoch.
    Aiko sah seinen Vater an. »Haben sie keine Angst vor dir?«
    »Doch, aber sie haben gelernt, ihre Angst zu beherrschen.«
    Takeo landete den Gleiter mit einem sanften Ruck auf einem markierten Punkt inmitten der Parkanlage. Die Cockpitabdeckung öffnete sich und vier metallisch glänzende Kampfroboter, die im hinteren Bereich gesessen hatten, lösten sich gleichzeitig aus ihrer Starre und sprangen ins Freie. Im morgendlichen Licht der Sonne schienen ihre Sehschlitze rot zu leuchten, sodass Matt unwillkürlich an die Zylonen aus Kampfstern Galactica dachte.
    »Befürchten Sie einen Angriff?«, wandte er sich an Takeo, als sie gemeinsam ausstiegen.
    »Nein, die Robots sind meine Leibgarde. Sie begleiten mich ständig und sind die Einzigen, die in dieser Siedlung Waffen tragen dürfen.« Er zögerte einen Moment. »Normalerweise zumindest«, fügte er dann hinzu.
    Matt atmete auf. Er hatte befürchtet, Takeo würde die Gelegenheit nutzen, um ihn und Aruula zu entwaffnen, aber das geschah nicht. Entweder wollte er sich auf keine Konfrontation einlassen oder er betrachtete sie tatsächlich nicht als potentielle Gegner.
    »Sie sind meine Gäste«, sagte Takeo, als hätte er Matts Gedanken gelesen.
    »Jeder hier wird Sie mit dem größten Respekt behandeln. Bleiben Sie, so lange Sie möchten.«
    Seine Stimme klang ehrlich, aber im
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