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049 - Der Android

049 - Der Android

Titel: 049 - Der Android
Autoren: Claudia Kern
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mit einem Tritt den Vorderlader aus den Händen. Am Rande seines Gesichtsfelds bemerkte er, wie der Jugendliche sich von ihm wegdrehte und das Gewehr an die Schulter presste.
    Worauf schießt er?, fragte er sich, bemerkte jedoch im nächsten Moment das umgestürzte Fass mit Schießpulver, das exakt 1,87 Meter von ihm entfernt lag.
    Der Finger des Jugendlichen krümmte sich um den Abzug. Takeo warf sich ihm entgegen - zu spät.
    Weder sah noch hörte er die Explosion. Die audiovisuellen Sensoren schalteten sofort ab, um die empfindliche Elektronik seines Gehirns zu schützen. Takeo spürte nur, wie er als Geschoss durch die Luft raste, Baumstämme durchschlug, Äste abriss und ein Stück des Bodens umpflügte, bevor er blind und taub liegen blieb.
    Jetzt schalteten auch die restlichen Sensoren ab.
    Einen Moment lang geriet Takeo in Panik, glaubte, sein Körper würde in einem Feuersturm zerschmelzen, den er nicht wahrnehmen konnte. Er war völlig hilflos, ein in sich geschlossenes Universum ohne Kontakt zur Außenwelt.
    Sie können mit mir machen, was sie wollen, dachte er. Vielleicht hatte er einige Gegner übersehen und sie trugen ihn bereits zum Meer, um ihn irgendwo in den Tiefen zu versenken. Oder sie schaufelten gerade Erde auf seinen Körper, begruben ihn in dem Krater, den die Explosion gerissen haben musste.
    Die Unwissenheit trieb ihn fast in den Wahnsinn. Immer wieder versuchte er seine Sensoren zu aktivieren, aber es war nicht genügend Energie vorhanden. Takeo nahm an, dass sämtliche Reserven auf die Kühlsysteme umgeleitet wurden.
    Nach einer Zeitspanne, die ihm endlos erschien, lichtete sich die stille Schwärze. Bunte Flecke tanzten vor seinen Implantaten, während die Sensoren einen Selbsttest durchführten. Takeos langsam zurückkehrendes Gehör nahm Schmerzensschreie wahr.
    Die bunten Flecken verschwanden. Kurz senkte sich Dunkelheit über ihn, dann sah er einen brennenden Baum und die aufgehende Sonne. Das Bild flackerte leicht.
    Er drehte den Kopf und zuckte zusammen, als er einen dunklen Fuß neben seinem Gesicht wahrnahm. Bewegungslos verharrte er, ließ nur seinen Blick über die künstlichen Beine und den Torso gleiten, bis er die polierte Plysteroxplatte erkannte.
    Haank, dachte er. Der Cyborg stand über ihm und richtete einen Vorderlader auf die am Boden liegenden Verletzten. Als Takeo sich aufsetzte, drehte er sich zu ihm und kniete in einer elegant fließenden Bewegung nieder. Mit gesenktem Kopf und ausgestreckten Armen bot Haank ihm das Gewehr an. Takeo bemerkte die Unterwürfigkeit der Geste.
    Er nahm das Gewehr entgegen und stand auf. Die Lichtung vor der angeschwärzten Lagerhalle glich einem Schlachtfeld. Qualmwolken stiegen aus brennenden Bäumen hoch in den Himmel. Die sieben Angreifer lagen rund um den Explosionskrater verstreut. Takeo zoomte sie näher heran. Vier von ihnen waren schwer verletzt, drei hatten bei dem Kampf ihr Leben verloren.
    »Sie werden trotzdem weiter existieren«, sagte er. »Haank, hilf mir, sie in die Halle zu schaffen. Wir haben viel zu tun.«
    »Ja, Herr.«
    Takeo beachtete ihn nicht. In seinem Kopf entstand ein Plan, und zum ersten Mal seit vierhundert Jahren glaubte er seine Bestimmung gefunden zu haben.
    ***
    Matt schloss die Augen, während starke Finger seinen Rücken massierten. Eine Dienerin namens Kiri hatte ihn und Aruula zuerst zu einer Unterkunft gebracht und sie dann mehr oder weniger genötigt, das Badehaus zu besuchen. Matt hatte aus Höflichkeit zugestimmt, aber nach dem heißen Bad und der Massage war er froh über diese Entscheidung. Er spürte förmlich, wie die Anstrengungen und Sorgen der letzten Monate von ihm abfielen.
    Seine Erinnerung brachte ihn zurück nach Washington, zu dem selbsternannten Weltrat und den Running Men, einer Rebellengruppe, die fast vollständig vernichtet worden war. Beide Seiten hatten ihn so lange belogen, manipuliert und unter Druck gesetzt, bis er und Aruula die Stadt angewidert verließen. Aber auch auf ihrer Reise waren sie den Agenten der WCA nicht verschont geblieben. Zuletzt waren sie in Amarillo aufgetaucht, wo ein von ihnen entwickelter Virus Androiden zu Killermaschinen wer den ließ.
    Weiter westlich hatten sie noch keine Spuren des Weltrats entdeckt, und Matt hoffte, dass das auch so blieb.
    Seine Gedanken schweiften zu der Reise, die hinter ihnen lag. Seit Wochen verdrängte er die Erinnerung an die Ruinen seiner Heimatstadt Riverside, aber jetzt, in der wohligen Wärme des Badehauses kehrte sie
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