Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0482 - Der Ring des Hexers

0482 - Der Ring des Hexers

Titel: 0482 - Der Ring des Hexers
Autoren: Werner Kurt Giesa
Vom Netzwerk:
ihn mal ansehen«, bat sie und griff nach seiner Hand, um ihm den Ring vom Finger zu ziehen.
    Er riß die Hand zurück und sprang förmlich zur Seite. Seine andere Hand flog hoch, als wollte er Ilona schlagen! In der Bewegung erstarrte er und entspannte sich wieder.
    »Was soll das?« entfuhr es ihr. »Sag mal, Pietro, was ist heute mit dir los? Mir kommt’s vor, als wärest du nicht du selbst! Was ist in dich gefahren?«
    Er schüttelte den Kopf.
    »Nichts… Ilona.« Er zögerte, ehe er ihren Namen aussprach, als müsse er erst überlegen, wie sie hieß. »Ich fühle mich heute nur nicht so ganz wohl. Weißt du was? Geh allein ins Kino, oder wir verschiebend um ein paar Tage.«
    Addio, amore! dachte sie und zeigte ihm offen ihre Enttäuschung. War wohl nichts mit dem tollen Abend und der heißen Nacht. Und ihr war auch klar, daß sie ihn nicht mehr würde überreden können. So wie jetzt hatte sie ihn noch niemals erlebt. Der Pietro, den sie kannte, schien irgendwo außerhalb seines Körpers zu leben, und in ihm steckte stattdessen etwas ganz anderes… fremdes!
    Sie wandte sich ab. Pietro kam zu ihr zurück. »Schau, cara mia, es tut mir leid. Aber ich habe starke Kopfschmerzen, und ich möchte…«
    »Schon gut, vergiß es«, murmelte sie. »Ich dränge dich ja nicht. Wenn du meinst, daß es nicht geht, geht es eben nicht. Rufst du mich morgen an?«
    »Sicher«, sagte er leise. »Habe ich deine Telefonnummer?«
    Sie starrte ihn aus großen Augen an. »Natürlich!« stieß sie hervor. Da begann er zu lächeln, als erinnere er sich gerade in diesem Moment. »Ja, sicher. Ich bin eben ein bißchen durcheinander heute. Tut mir leid.«
    Kopfschüttelnd verließ sie das kleine Haus wieder und stieg in ihren Fiat 126, der schon fast so alt war wie sie selbst, aber immer noch fuhr und dabei still vor sich hin rostete. Vorher sah sie sich noch einmal um, ob der vierarmige Schatten noch einmal auftauchte. Aber der tat ihr den Gefallen nicht. Dabei wäre Ilona fast beruhigt gewesen, wenn diese Erscheinung sich wiederholt hätte - dann hätte sie die Gewißheit gehabt, daß es hier am hellen Tag spukte, und daß Pietros seltsames Verhalten vielleicht darauf zurückzuführen wäre.
    Seufzend richtete sie sich darauf ein, den Abend anders zu verplanen. Sie beschloß, ein paar von ihren Freundinnen anzurufen. Vielleicht hatten die Lust, mit ihr ins Kino zu gehen. Aber dann sagten Carina und Stella ab, weil sie schon etwas Besseres vorhatten, und Carlotta war nicht zu Hause, aber bei ihrem Freund, diesem reichen tedesco, der angeblich mal als Reporter gearbeitet hatte und sich jetzt vorwiegend durch gepflegtes Nichtstun auszeichnete, wollte sie auch nicht anrufen. Sie verlor den Spaß an der Sache, fuhr heim und hängte sich vor die Mattscheibe, um sich einmal mehr über das miserable Fernsehprogramm zu ärgern. An den vierarmigen Schatten dachte sie nicht mehr.
    ***
    Rano, der Hexer, sah der Frau nach. Er war froh, daß sie von sich aus wieder gegangen war und ihn in Ruhe ließ. So brauchte er sie nicht fortzuekeln, oder… Daran dachte er lieber nicht - jetzt noch nicht. Er würde zwar ein Opfer benötigen, aber solange er keine konkreten Anhaltspunkte besaß, wann und wie er vorzugehen hatte, bestand das Problem: wo das Opfer gefangenhalten? Zudem konnte es vermißt werden, und vielleicht hatten Nachbarn die Ankunft beobachtet und gaben dann ihr Wissen an die Polizei weiter. Dieses Risiko konnte Rano erst dann eingehen, wenn er seine Rache vollzogen hatte und diese Basis aufgeben konnte.
    Rano hoffte, daß in der nächsten Zeit nicht noch mehr Besucher hier auftauchten. Er bemühte sich, eine Rückkopplung zum Gedächtnis seines Trägers aufzubauen, um dessen Freundes- und Bekanntenkreis zu erforschen, aber es wollte ihm nicht so recht gelingen; er tappte weiterhin im dunkeln. Er war wohl noch nicht lange genug mit diesem Mann verbunden, der sich Pietro Cataloni nennen ließ.
    Aber das würde alles noch kommen.
    Vorerst kam die Rache.
    Und in den späten Abendstunden kehrte auch das Monster zurück, um nach ausgeführtem Befehl Bericht zu erstatten. Rano hörte zu und ließ dann mit erneutem Drehen des Ringes und einem anderen Zauberspruch das Monster wieder verschwinden.
    Wenn er seine Dienste wieder benötigte, konnte er den Vierarmigen jederzeit erneut aus dem Nichts abrufen.
    ***
    Ein verborgener Ort, außerhalb der Zeit:
    Der Druide erwachte. Vorsichtig öffnete er die Augen, aber um ihn herum war nichts als Dunkelheit.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher