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0474 - Metro-Phantome

0474 - Metro-Phantome

Titel: 0474 - Metro-Phantome
Autoren: Werner Kurt Giesa
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seid bis zu einer gewissen Grenze weisungsbefugt, und ihr habt das Recht, eine Waffe zu führen.«
    »Also so eine Art Commander James Bond?« fragte Nicole stirnrunzelnd.
    »Ich höre dich da von ›gewissem Umfang‹ und ›gewisser Grenze‹ brabbeln«, sagte Zamorra. »Wo fängt diese Gewißheit an, und wo endet sie?«
    »Das dürfte davon abhängen«, seufzte Saranow schulterzuckend, »in welcher Gegend Ihr Euch befindet und wie man in den gewissen GUS-Ländern in gewissen Dienststellen gewisser Behörden über den KGB denkt. Aber diese Ausweise gelten überall, wo der KGB was zu sagen hat.«
    »In gewisser Hinsicht ist mir das zu ungewiß«, spottete Zamorra und steckte die Plastikkarte ein. »Mir gefällt es nicht besonders, diese KGB-Ausweise zu besitzen. Wer weiß -vielleicht wird auch der KGB irgendwann entmachtet, und wenn dann irgendein Troll auf die Idee kommt eine Hexenjagd nach deutschem Vorbild zu entfesseln, wo grundsätzlich jeder derzeit ein Schwerstverbrecher zu sein scheint, der mal neben jemandem gestanden hat, der Stasi-Agent war… nun, ich lege eigentlich keinen gesteigerten Wert darauf, auf diese Weise gesellschaftlich demontiert zu werden.«
    »Na, jetzt übertreibst du aber entschieden«, warf Nicole ein. »Die Stasi-Leute sind nun wirklich alles andere als Engel gewesen, und die Deutschen…«
    »… fühlen sich dazu verpflichtet, Angst vor ihrer Vergangenheit zu haben, sei es das Nazi-Reich oder die DDR. Und wir anderen tun alles, um diese Angst künstlich zu schüren.«
    »Du übertreibst wirklich«, widersprach Nicole. »Sie wollen nur verhindern, daß so etwas sich jemals wiederholt.«
    »Indem sie Greise anklagen und verurteilen, die ohnehin nur noch wenige Jahre zu vegetieren haben. Vielleicht sollten sie sich besser um ihre Jugend kümmern. ›Wehret den Anfängen‹, nicht ›straft die Toten‹.«
    »Aber die Lebenden«, verlangte Nicole.
    »Sofern sie noch wirksam zu bestrafen sind. Aber ich halte Vorbeugen besser als Heilen.«
    Saranow schlug Zamorra auf die Schultern. »Wenn du nach dieser Exkursion in die europäische Innenpolitik jetzt vielleicht deine müden Hühnerknochen in Bewegung setzen möchtest, damit Genosse Fedor Martinowitsch nicht unnötig lange zu warten hat…«
    »Was ist mit meinem und Nicoles fünfzehn Koffern?«
    Saranow stutzte; Nicole verpaßte Zamorra einen Rippenstoß.
    »Werden wohl schon zum Auto gebracht worden sein«, vermutete Sa ranow. »Kommt, Freunde. Verlassen wir diese ungastliche Stätte, wo es um diese Tageszeit noch keinen Wodka gibt.«
    Draußen führte er sie zu einem vergleichsweise winzigen Wägelchen. Zamorra hob staunend die Brauen; ersah Probleme voraus, denn Saranow mit seiner Leibesfülle würde wenigstens drei Viertel der Rückbank dieses Vehikels einnehmen. »Und mein sowie Nicoles fünfundzwanzig Koffer passen doch gar nicht da hinein…«
    »Das verdanken wir der Auflösung der Sowjetunion und der alten Strukturen«, beklagte sich Saranow. »Zu Gorbatschows Zeiten - Gott segne ihn - bekam ich einen Wolga oder einen GAZ oder ZIL, wenn ich ihn anforderte. Was gibt man uns unter Jelzins Regime? Einen Polski-Fiat, der schon fast auseinanderkracht. Wenn’s wenigstens ein Shiguli wär… äh, bei euch wird er wohl als Lada verkauft…«
    Zamorra betrachtete das Gefährt und wechselte einen Blick mit Nicole. Dann sah er wieder Saranow an. »Gibt’s hier einen Autovermieter?«
    »Hier am Flughafen habe ich ›Europcar‹ gesehen«, sagte Nicole.
    »Zu teuer«, seufzte Saranow. »Mindestens sechzig Rubelchen pro Tag für einen Kleinwagen; es gibt zwar auch Mercedes 300, aber der kostet schon 250 Rubelchen pro Tag, und das bezahlt meine Dienststelle euch nicht…«
    Zamorra nickte; beim niedrigen Einkommensdurchschnitt der Moskowiter war das verständlich. Das war fast der Monatslohn eines Arbeiters. »Gibt’s nicht Billigeres?«
    »Nicht hier, aber über Intourist kriegst du für 15 Rubel einen Tschaika…« Zamorra schnipste mit den Fingern. »Das ist es«, sagte er. »Ab sofort fahren wir mit einer ›Schwalbe‹.«
    ***
    Mit dem Tschaika fuhren sie zum Hotel »Metropol«. Der Wagen war ein Nachbau amerikanischer Straßenkreuzer aus den 60er Jahren - sehr schwarz, sehr chromblitzend, sehr lang, sehr breit und mit sehr viel Platz. Nicole übernahm sofort ungefragt das Lenkrad und verbannt Fedor Martinowitsch, den Zamorra und sie herzlich begrüßt hatte, auf den Beifahrersitz. Für Autos dieser Art konnte sie sich begeistern, auch
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