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0474 - Metro-Phantome

0474 - Metro-Phantome

Titel: 0474 - Metro-Phantome
Autoren: Werner Kurt Giesa
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Technik in lässiger Arroganz vergessen zu haben. Dabei wäre dieser Luxus heute selbst in Großserie zu erschwinglichen Preisen machbar; würde weniger kosten als eine 1000-km-Inspektion.
    Aber was die Kunden längst nicht mehr kannte, danach fragten sie auch nicht…
    »Ich habe versucht, noch für heute einen Flug für Sie nach Moskau zu buchen«, sagte Raffael. »Aber das ging leider nicht. Sie können erst morgen mittag fliegen; nicht von Lyon aus, sondern von Paris. Ich habe daher gleich zwei Tickets für den TGV-Zug Lyon-Paris mit gebucht…«
    »Ach, das ist gar nicht so schlecht«, gestand Nicole. »Dann bleibt uns ja zumindest noch der heutige Abend…«
    Zamorra nickte Raffael zu, und der Diener zog sich unauffällig zurück. Nicole nahm ihren gleichzeitigen Chef, Lebens- und Kampfgefährten und Geliebten bei der Hand und zog ihn in eines der Zimmer. Sie schlüpfte aus dem Mantel und ließ sich nackt in einen der Sessel fallen.
    »Mit mir stimmt doch etwas nicht«, sagte sie. »Das war doch vorhin nicht nur Gedankenverlorenheit…«
    Zamorra nickte. Er schilderte, was er für kurze Zeit gesehen hatte. »Kannst du dir vorstellen, was das gewesen sein könnte?«
    »Eine Vision?«
    »Aber die habe ich doch sonst nicht«, meinte Zamorra.
    »Versuch doch mal, die Szene mit dem Amulett zurückzurufen«, schlug Nicole vor.
    »Das ist eine gute Idee.« Zamorra holt Merlins Stern heran und versuchte an der gleichen Stelle, an der er sich vorhin befunden hat, die so realistischen Bilder »zurückzuholen«, indem er über das Amulett einen Blick in die nur wenige Minuten zurückliegende Vergangenheit tat.
    Er sah - und er sah doch nicht.
    Es war, als würden sich die Realität und das, was Zamorra gesehen hatte, überlappen. Die Konturen verschwammen, verflossen ineinander.
    Fast hatte Zamorra den Eindruck, daß eine fremde Wirklichkeit darum kämpft, existent zu werden.
    Doch je länger er seinen Blick in der Vergangenheit verharren ließ, desto schwächer wurde das fremde Bild, bis es schließlich ganz verschwunden blieb und sich nicht wieder »zurückholen« ließ. Gerade so, als habe das Ereignis die Vergangenheit verlassen… .
    »Zumindest muß es vorübergehend real gewesen sein«, überlegte Zamorra. »Denn sonst hätte ich es ja mit dem Amulett nicht sehen können. Aber ich verstehe nicht, wieso es überhaupt möglich war, was es bedeutet - und warum es jetzt plötzlich aus der Erfassung hinausrutscht…«
    »Bist du sicher, daß es hilft, wenn du dir den Kopf darüber zerbrichst?« fragte Nicole. »Vielleicht wiederholt sich das Bild. Vielleicht findest du auf andere Weise eine Erklärung dafür. Vielleicht hat dir auch nur dein Unterbewußtsein einen Streich gespielt. Ich habe draußen nichts davon bemerkt. Weder die Trümmer des Châteaus, in denen ich eigentlich hätte stehen müssen, noch den Spider und seinen Strahlbeschuß. Es muß also ein Phänomen sein, das nur dich betrifft, Chef -und wenn Raffael etwas gesehen hätte, er hätte sicher nicht darüber geschwiegen. Dafür haben wir alle zu lange mit übersinnlichen Erscheinungen zu tun.«
    »Du meinst also, ich solle abwarten«, sagte Zamorra.
    »Zumindest, was diese Sache angeht«, erwiderte Nicole.
    »Gibt es denn noch andere Sachen?«
    »Siehst du das nicht? Wir haben noch einen Abend und eine Nacht Zeit. Wie wäre es, wenn du mich kleines, unschuldiges Mädchen verführst?«
    Zamorra seufzte. »Habe ich dir nicht schon zu erklären versucht, daß du weder klein noch unschuldig bist? Außerdem habe ich dich schon verführt, und die Reaktion war ein wildes Protestgeschrei im Bad…«
    Nicole lächelte ihn mit großen Augen an.
    »Ich bin wie ein Fernseh-Programmdirektor«, gestand sie. »Ich bestehe auf mindestens einer Wiederholung…«
    ***
    Raffael Bois brachte sie am nächsten Vormittag nach Lyon. Der Hochgeschwindigkeitszug TGV brachte sie innerhalb einer Stunde von Lyon nach Paris. Ein Taxi brachte sie zum Flughafen und brauchte dafür eine weitere Stunde. Das waren bereits drei. Der Flug selbst, nonstop von Paris bis nach Moskau, dauerte dagegen nur dreieinhalb Stunden…
    Boris Saranow erwartete seine Gäste bereits am Airport. Trotz glasnost und perestroika wäre es unter normalen Umständen für Zamorra und Nicole nicht möglich gewesen, von einem Tag zum anderen einfach nach Rußland zu fliegen. Nach wie vor gab es Behörden, in denen der Amtsschimmel wieherte, und nach wie vor gab es Einreisevorschriften. Allein das Visum benötigte
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