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046 - Der Schatten des Werwolfs

046 - Der Schatten des Werwolfs

Titel: 046 - Der Schatten des Werwolfs
Autoren: Dämonenkiller
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ausgeschnittenes, giftgrünes Abendkleid trug. Das tizianrote Haar war zu einem kunstvollen Turm frisiert, in dem Perlen funkelten. Selten zuvor hatte Archer ein derart ausdrucksvolles Gesicht gesehen. Es war nicht schön, dazu waren die Augen zu ungleichmäßig; sie waren schräg gestellt und von einem schillernden Blau, das kalt wie das Eis eines Gletschers wirkte; die Nase war zu klein für das längliche Gesicht, dazu noch leicht aufgeworfen; die buschigen Brauen waren über der Nasenwurzel zusammengewachsen, und der Mund war ein kreisrunder, großer Fleck. Aber das alles fügte sich zu einem faszinierenden Ganzen zusammen. Archer konnte einige Minuten seinen Blick nicht von dem Gesicht losreißen.
    Dann blickte er wieder Ronald Chasen an, der neben dem jungen Mädchen unscheinbar und blass erschien.
    Rasch sah er zu den anderen Leuten. Insgesamt waren es zwölf. Einen der Männer kannte er. Es war Robert Adam, ein bekannter Architekt, über den in letzter Zeit ziemlich viel geschrieben worden war, da er einige aufsehenerregende Bauten entworfen hatte. Die anderen Leute hatte Archer nie zuvor gesehen.
    Wood setzte die Köpfhörer ab. »Scheint eine ganz normale Party zu sein, Fred«, sagte er. »Sie unterhalten sich über Architektur und Kunst. Dabei ist immer wieder von besonders beachtlichen Bauwerken die Rede. Für mich ist das unverständlich, da ich von Architektur keinerlei Ahnung habe.«
    »Ich will zuhören«, sagte Archer. »Klettere mit den Kopfhörern hoch!«
    »Ich weiß nicht, ob das Kabel reichen wird«, sagte Wood.
    »Dann nimm ein Verlängerungskabel!«, knurrte Archer ungehalten. »Und bring mir den Fotoapparat mit! Den mit der Infraroteinrichtung!«
    »Ich komme«, sagte Wood.
    Fünf Minuten später hatte Archer den Fotoapparat um den Hals hängen und die Kopfhörer übergestülpt. Es dauerte einige Zeit, bis sich Archer an das Stimmengewirr gewöhnt hatte, das aus den Hörern drang, und er Einzelheiten verstehen konnte. Er hatte ein gutes Stimmengedächtnis und konnte Chasens Stimme herausfinden.
    »Wo soll dieses Gebäude errichtet werden?«, hörte er Chasen fragen.
    »Das werden Sie später erfahren«, sagte eine Frauenstimme, die tief und rauchig klang.
    »Aber es ist wichtig, Miss Lorrimer.«
    Der ungeduldige Ton in Chasens Stimme war nicht zu überhören.
    Die Rothaarige ist also Miss Lorrimer, stellte Archer fest.
    »Sie haben die Entwürfe mitgebracht, Mr. Chasen?«, fragte Miss Lorrimer.
    »Ja«, sagte Chasen. »Ich habe sie im Auto.«
    Der Privatdetektiv setzte das Fernglas ab und hob die Kamera. Mit dem Teleobjektiv schoss er einige Fotos von Chasen und der jungen Frau. Dann hörte er den Gesprächen weiterhin zu. Nach einer halben Stunde wusste er mehr. Fünf Architekten waren eingeladen worden, die alle den Auftrag bekommen hatten, ungewöhnliche Bauwerke zu entwerfen. Die anderen Personen gehörten zur Familie Lorrimer.
    Als sich die Gesellschaft um einen hübsch gedeckten Tisch setzte und zwei junge Frauen Speisen servierten, nahm Archer die Kopfhörer ab und ließ das Fernglas sinken. Er kletterte vom Baum herunter.
    »Ich gehe was essen, John«, sagte er. »Lass das Band weiterlaufen! Ich fürchte, dass wir hier nur unsere Zeit verschwenden. Das scheint eine ganz normale Zusammenkunft zu sein, halb geschäftlich, halb privat. Ich bin in einer Stunde zurück.«
    Archer war schon nach fünfzig Minuten zurück. Er hatte in einem kleinen Restaurant rasch gegessen. Als er wieder auf die Eiche kletterte, wurde es langsam dunkel. Einige Minuten hörte er wieder den Gesprächen zu; sie waren völlig belanglos.
    Die Gesellschaft aß noch immer. Archer rauchte eine Zigarette, setzte sich so bequem wie möglich auf einen Ast und blickte alle fünf Minuten durchs Glas.
    Auf der Terrasse brannten einige Kerzen. Der Himmel war wolkenlos, und der Vollmond stand hoch. Es war eine schwüle Julinacht, völlig windstill.
    Hier vergeude ich nur meine Zeit , dachte Fred Archer. Lustlos hob er das Fernglas. Dann beugte er sich vor und atmete rascher. Nach einer Weile setzte er das Glas ab, schüttelte den Kopf und kniff die Augen zusammen. Er griff nach den Kopfhörern, die er auf einen Ast gelegt hatte, und schob sie über die Ohren.
    Lautes Keuchen war zu hören.
    Wieder hob er das Glas. Er glaubte seinen Augen nicht trauen zu können. Und dann hörte er das Schreien. Es klang überlaut in den Kopfhörern. Er ließ das Fernglas sinken und griff mit zitternden Fingern nach der Infrarotkamera.
    In
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