Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
0457 - Heiße Sehnsucht nach Sing-Sing

0457 - Heiße Sehnsucht nach Sing-Sing

Titel: 0457 - Heiße Sehnsucht nach Sing-Sing
Autoren:
Vom Netzwerk:
es höchstens halb zehn war, als er McNiery mit eingeschlagenem Schädel fand. Wir haben vierzig Minuten gebraucht, um unseren Kreis aufzubauen. In einer knappen Stunde kann ein Mann nicht weiter als höchstens fünf Meilen kommen, und selbst das schafft er nur, wenn er reif ist für die Olympia-Mannschaft. Bei diesem unwegsamen Gelände.«
    »Wenn er nun gleich zu Beginn seiner Flucht ein Auto erwischt hat?« warf einer der Uniformierten von der State Police ein.
    »Verdammt noch mal, ich möchte den Idioten sehen, der einen Mann in Sträflingskleidung freiwillig mitnimmt«, knurrte der Sheriff böse. »Außerdem haben wir doch mit den Zuchthaus- und Luftschutzsirenen in der ganzen Gegend bekanntgegeben, daß mal wieder einer ausgebrochen ist. Innerhalb der nächsten vierundzwanzig Stunden, hält auf freier Strecke kein Autofahrer mehr an, wenn er nicht eine Panne hat oder ihm das Benzin ausgegangen ist.«
    »Wenn er aber nicht mit einem Wagen weggekommen ist, muß er noch in dem Gebiet stecken, das wir durchsucht haben.«
    »Himmel und Hölle«, raunzte der Sheriff. »Da ist es, was ich fürchte!«
    Er hatte recht. Batters war da, wo die Aufmerksamkeit der Suchtrupps nicht allzu groß gewesen war, nämlich in der unmittelbaren Nähe des Steinbruchs. Er war von seinem Granitblock hinaufgeklettert bis an den Rand des Steinbruchs, und er hatte sich eine Stelle ausgesucht, wo schon seit Monaten nicht mehr gearbeitet wurde, so daß niemand ihn bei seiner verwegenen Kletterpartie entdeckte. Dann war er sechzehn Schritte geradeaus gelaufen, hatte einen Steinblock beiseite geschoben und war in den Spalt geklettert, der sich dahinter öffnete. Schwitzend und nur mit größten Anstrengungen war es ihm gelungen, den Felsblock wieder vor den Spalt zu ziehen.
    Später hörte er das Gekläff der Hunde, die auf dem felsigen Gelände nichts ausrichten konnten. Um so weniger, als ihre Führer dem Gekläff wenig Bedeutung zumaßen, so unmittelbar neben dem Steinbruch. Auch Hubschrauber hatte Batters in seinem Versteck gehört, und er rieb sich die Hände und freute sich, daß er vor ein paar Wochen diesen Spalt zufällig gefunden hatte. Ohne dieses Versteck wäre ein Ausbruchsversuch von vornherein sinnlos gewesen.
    Batters hatte sich seine Flucht genau überlegt. I'm ersten Jahr hatten sie ihn in Einzelhaft gehalten. Es war ein furchtbares Jahr gewesen. Beinahe hatte er das Sprechen verlernt, und als sie ihn wegen seiner beinahe demütig guten Führung endlich zu den anderen steckten, da brauchte er ein paar Tage, bis er wieder Herr seiner Sprache war. Wenn er an die Zeit der Einzelhaft zurückdachte, überlief es ihn heiß und kalt.
    Es war die Hölle gewesen, die leibhaftige Hölle. Bis zu diesem Zeitpunkt hatte er nie gewußt, wie sehr der Mensch auf den Umgang und die Begegnung mit seinesgleichen angewiesen ist.
    Natürlich hatten sie ihn nicht gleich mit zum Außenkommando gelassen, als die Zeit der Einzelhaft vorbei war. Er mußte im Zuchthaus arbeiten, und getreu den üblichen Regeln, die in dieser Anstalt herrschten, hatte man ihm die schmutzigsten und schwersten Arbeiten zugeteilt, denn er galt als einer der Schlimmsten unter allen Insassen. Er hatte das Leben eines Menschen auf dem Gewissen, und es sah aus, als wollten die Aufseher es ihn Tag für Tag spüren lassen.
    Aber Lionel Batters mochte noch so eine verkommene Gangsternatur sein, er besaß eine unglaubliche Willenskraft. An dem Tage, als man ihn verurteilte, sagte er zu seinem Anwalt:
    »Ich komme heraus, verlassen Sie sich darauf. Und dann werden ein paar Leute das große Zittern kriegen. Ich weiß schon, wie man es anstellen muß. Und ich habe die nötige Ausdauer dafür, Sie werden es sehen.«
    Und mit dieser schier übermenschlichen Ausdauer und Geduld nahm er alles auf sich, was ihm aufgebürdet wurde. Er beklagte sich nie. Er gehorchte stets ’’und ohne Murren. Nach neunzehn Monaten und elf Tagen —Batters zählte die Tage und brauchte dazu nicht einmal ein System von Strichen an der Zellenwand — wurde er zum Direktor der Anstalt gerufen.
    »Mann, Batters, was haben Sie vor?« fragte der erfahrene Anstaltsleiter.
    »Was soll ich Vorhaben, Sir?« entgegnete Batters und erwiderte den Blick naiv-unschuldig.
    »Sie wollen uns doch aufs Kreuz legen! So zahm, so willig, so übereifrig und musterhaft fleißig — so ist doch kein Mensch, und schon gar nicht ein lebenslänglich eingesperrter Verbrecher. Was bezwecken Sie?«
    Batters zuckte nur die Achseln.
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher