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045 - Das verschwundene Volk

045 - Das verschwundene Volk

Titel: 045 - Das verschwundene Volk
Autoren: Claudia Kern
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Soldaten Estevez zum Lazarettwagen führten, dann richtete er seinen Blick wieder auf das Pueblo vor ihnen in der Steilwand.
    »Wir drehen um und ziehen nach Westen«, hörte er zu seiner Überraschung Coronados Befehl. »Hier oben gibt es keine goldenen Städte.«
    Antonio sah ihn an. »Ihr wollt nicht nachsehen, was im Pueblo geschehen ist?«
    Coronado spielte nervös mit den Zügeln seines Pferdes. »Das muss ich nicht, Fray. Dort ist etwas Schreckliches geschehen, etwas Böses, das die Körper und Seelen dieser Männer zerschmettert hat. Fünfhundert Schwerter können nichts dagegen ausrichten, auch fünftausend nicht.« Sein Blick wirkte plötzlich gehetzt. »Ich spüre, wie es nach mir ruft, Fray. Wenn ich ihm nachgebe, werden wir alle sterben.«
    Er gab seinem Pferd die Sporen und setzte sich an die Spitze des Trosses, der rasch nach Westen schwenkte.
    Antonio blieb einen Moment zurück. Seine Hand griff nach dem Holzkreuz vor seiner Brust.
    Was ruft nach ihm?, dachte er. Was ist das für ein Ort?
    Er bekreuzigte sich, dann wandte er sein Pferd ab und ritt nach Westen, ohne sich noch einmal umzudrehen.
    ***
    New Mexico, Gegenwart 16. Oktober 2517
    Matthew Drax wischte sich den Schweiß von der Stirn. »Ganz ruhig«, sagte er. »Und jetzt zieh das Lenkrad langsam auf dich zu…« Der Gleiter schwang plötzlich wie eine Schaukel nach oben.
    »Hey, langsam!«
    Aruula warf ihm einen kurzen nervösen Blick zu und schloss die Hände so fest um das Steuer, dass ihre Knöchel weiß hervortraten.
    »Schrei mich nicht an, Maddrax. Ich versuche zu beten.«
    Matt legte ihr beruhigend eine Hand auf den Arm. »Du sollst nicht beten, du sollst fliegen. Stell dir einfach vor, du sitzt auf einer Androne, nur ohne den furchtbaren Gestank. Das Lenkrad ist dein Zügel, die Pedale unter deinen Füßen ersetzen den Kniedruck, okay?«
    Aruula nickte verkrampft. Matt wusste, dass er seine Gefährtin mit der Aufgabe überforderte, denn sie lebte in einer Welt ohne Maschinen, in der die meisten Menschen vor einem solchen Fluggerät geflohen wären und an das Werk böser Geister geglaubt hätten.
    Sie hatte keine Ahnung von den Gesetzen der Thermik oder von der Funktion der Magnetfelder, die den Gleiter auf immerhin fünfzehn Meter Höhe hoben und ihn bis zu achtzig Stundenkilometer schnell voran trieben. Und doch hatte sie sich auf eine Flugstunde eingelassen, auch wenn es Matt fast vier Tage gekostet hatte, um sie davon zu überzeugen.
    Unter normalen Umständen hätte er vielleicht nicht so sehr darauf beharrt, aber die inzwischen drei Wochen zurückliegenden Ereignisse hatten seinen instinktiven Glauben an die eigene Unverwundbarkeit gehörig ins Wanken gebracht.
    Er war bei der Flucht vor einem Rudel Mutanten in eine Felsspalte gestürzt und hatte sich das Bein gebrochen. In seiner eigenen Zeit wäre das nicht mehr als ein schmerzhafter Unfall gewesen, aber hier in der fast menschenleeren Wildnis hätte es ihn das Leben kosten können. Matt schauderte bei dem Gedanken, was ohne die Menschen, die in einem nahegelegenen Tal lebten, mit ihm geschehen wäre. Sie hatten ihn versorgt - sehr gut sogar - und er hoffte, dass er ihnen im Gegenzug hatte helfen können, ein neues Leben zu beginnen, denn ihre Gemeinschaft war in einem Jahrhunderte alten Rollenspiel erstarrt.
    Matt spürte einen Ruck, als der Gleiter in ein Luftloch geriet. Aus den Augenwinkeln sah er, dass Aruula aus eigenem Antrieb gegensteuerte und den Höhenverlust ausglich. Sie schien ein Gefühl für die Maschine zu bekommen.
    »Bei meiner ersten Flugstunde habe ich mich wesentlich dümmer angestellt«, log er. »Du machst das richtig gut.«
    Aruula wagte nur einen kurzen Seitenblick, bevor sie sich wieder auf die Steuerung konzentrierte. Ihr Gesichtsausdruck war angespannt, ihre Lippen bewegten sich stumm.
    »Betest du?«, fragte Matt.
    »Ja.«
    Ihre Antwort versetzte ihm einen Stich, nicht etwa, weil er Aruula in eine Lage gebracht hatte, in der sie aus lauter Todesangst Hilfe bei den Göttern suchte, sondern weil sie sich für ihn darauf eingelassen hatte - nur für ihn.
    »Aruula, ich weiß, dass es hart für dich ist, und ich würde dich nicht darum bitten, wenn es nicht unbedingt nötig wäre, dass du diesen Gleiter beherrschst. Unser Leben…«
    »Es geht mir nicht um das Fliegen«, unterbrach sie ihn. »Das ist schwer, aber kein Grund die Götter anzurufen. Achte lieber auf das, was sich unter uns befindet.«
    Matt runzelte die Stirn und warf einen Blick aus dem
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