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0436 - Tanz auf dem Scheiterhaufen

0436 - Tanz auf dem Scheiterhaufen

Titel: 0436 - Tanz auf dem Scheiterhaufen
Autoren: Jason Dark
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durch einen Körper, der sich an verschiedenen Stellen durchsichtig zeigte.
    Ich sah plötzlich feinstoffliche Gesichter, die mir nicht zum erstenmal in meinem Leben erschienen, sich aber wie vier geisterhafte Schichten über das Gesicht der Frau legten.
    Feine Gesichter, von langen Haaren umrahmt und mit einem Gesichtsausdruck versehen, der etwas Engelhaftes besaß.
    Genau das war der richtige Ausdruck.
    Engelhaft…
    Es waren die Geister der vier Erzengel, die in dem Körper steckten und das Böse vertreiben wollten.
    Gelang ihr Exorzismus, oder war die Kraft der Großen Mutter stärker?
    Ich verspürte in mir eine ungemein starke Spannung. Meine Nerven glichen gespannten Seilen, so sehr stand ich unter Strom. Zugleich wechselte der Sturm meiner Gefühle zwischen Hoffen und Bangen, während Dominique einen furchtbaren Kampf ausfocht.
    Sie blieb nicht mehr auf einer Stelle, sondern taumelte durch das Verlies. Wenn sie eine Wand erreichte, fiel sie dagegen, stieß sich wieder ab, ging noch einmal torkelnd vor, stolperte über die eigenen Beine, fing sich aber, ging weiter und kam auf mich zu.
    Das Kreuz hielt sie noch immer. Es strahlte nicht einmal. So etwas hatte ich noch nie erlebt. Normalerweise verbreitete es ein Licht, das heller als das der Sonne war, aber hier war die Kraft des Kreuzes nach innen gerast.
    Die vier Gesichter der Erzengel, die auch mein Kreuz gezeichnet hatten, verschwanden, als hätte man sie weggeputzt. Dafür sah ich wieder überdeutlich das normale Gesicht der Dominique Weber.
    Es zeigte eine ungemein starke Qual.
    Selten habe ich bei einem Menschen so etwas gesehen. Sie schluchzte und jammerte in einem. Die Hand mit dem Kreuz hatte sich verfärbt. Wie ein Schleier lag der Blauschimmer über der Hand.
    Ich streckte meinen Arm aus.
    Dicht über der Brust fand meine Hand ihr Ziel. So konnte ich die Frau stoppen.
    Aber wie fühlte sich die Haut an?
    Sie war kalt, als würde kein Leben mehr in ihr stecken. Das wollte ich genauer wissen, deshalb suchte ich ihren Puls.
    Da schlug nichts mehr.
    Ich hatte also eine Tote vor mir. Kalt rieselte es meinen Rücken hinab, denn die Tote bewegte sich noch, als wäre das Kreuz der Motor, der sie auf den Beinen hielt.
    Das änderte sich, als ich ihr das geweihte Silber aus der Hand nahm. Ich rechnete damit, daß sie zusammensacken würde. Für einen Moment sah es so aus, aber Jane warnte mich schon.
    »John, die Große Mutter ist da!«
    Unwillkürlich sprang ich zurück. Dabei warf ich einen Blick auf die von Lilith manipulierte Stelle des Kreuzes, sah das Bild nicht mehr, aber der Bann hielt trotzdem an.
    Er packte Dominique.
    Und er schleuderte sie wie eine Puppe quer durch das Verlies. Sie wirbelte dabei um ihre eigene Achse, bis sie ein Ziel fand, gegen das sie mit immenser Wucht krachte.
    Es war die Statue der Großen Mutter.
    Ich rechnete damit, daß Dominique an der Statue entlang zu Boden rutschen würde, es war ein Irrtum. Sie hielt sich, aber mit ihr geschah etwas Schreckliches.
    Die Steinstatue, bisher unbeweglich gewesen, erfüllte sich mit Leben. Und dieses Leben saugte Dominique in sich auf. Sie und die Statue verschmolzen zu einem Gegenstand.
    Ein unheimlicher Vorgang lief in dem vom Fackellicht erhellten Verlies ab. Das Grauen hatte seine Hand ausgestreckt. Endlich war der Kontakt zwischen der Großen Mutter und einer ihrer Dienerinnen geschlossen worden, nur hatte diese Frau nichts mehr davon.
    Als Tote wurde sie ein Teil der Schmelze.
    Jane Collins rappelte sich hoch. Sie streckte mir den Arm entgegen, um mich aufzuhalten. »John, geh nicht hin. Du kannst nichts mehr tun. Wir alle sind machtlos. Die Walpurgisnacht hat uns mit ihrem Schrecken eingeholt. Hier regiert die Große Mutter.«
    Da hatte Jane nicht gelogen, denn sie zog auch weiterhin die Gestalt der Frau in den allmählich schmelzenden Stein und machte aus ihr einen Teil von sich.
    Dominique war rückwärts gekippt. Zuletzt schauten nur mehr ihre Beine hervor, wobei sich die Füße zuckend bewegten und sich langsam drehten. Sprechen konnte sie nicht mehr, der Kopf war längst verschwunden. Aber auch die Statue selbst blähte sich auf. Sie hatte eine neue Kraft bekommen, die Große Mutter war es, die sie erfüllte und noch einmal die gewaltige Magie ausspie.
    Bisher hatten uns die Wände den Blick genommen. Sie aber verschwanden, als wären sie von einem gewaltigen Radiergummi ausgelöscht worden. Unser Blick fiel in einen Raum hinein, der mir grenzenlos erschien, aber von zwei
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