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041 - Der Schwarze Tod

041 - Der Schwarze Tod

Titel: 041 - Der Schwarze Tod
Autoren: G.J. Arnaud
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aber er hat offensichtlich Angst davor und weigert sich, sie zu berühren. Für ihn sind es Werke böser Geister.
    Dann nehme ich das Manuskript hervor, an dem ich seit Jahren arbeite. Ich schreibe nicht sehr schnell, das stimmt. Manchmal nur einen Absatz, selten mehr als zwei oder drei Seiten. Und gelegentlich vergehen Tage und Wochen ohne daß ich dazu komme, eine Zeile zu schreiben.
    Manchmal muß ich alles von Anfang an lesen, denn ich bin kein geborener Schriftsteller, und es fällt mir schwer, die chronologische Ordnung einzuhalten. Aber ich will nichts anderes, als möglichst getreu das aufzeichnen, was vor dreißig Jahren geschehen ist.
    Die erste Seite meiner Erzählung liegt vor mir.
     

     

Alles nahm seinen Anfang am 25. November 1943.
    Nach einem sehr milden Herbst war innerhalb von wenigen Tagen der Winter gekommen und hatte mit scharfem Frost die Einwohner von Burach in ihre Häuser gejagt. In diesem entscheidenden Kriegsjahr hatte die Rationierung zwar keinen Einfluß auf die Lebensmittelversorgung des Dorfes, aber Schuhe und Kleidung waren schwer zu bekommen.
    Es hatte so stark geschneit, daß die Familien beschlossen, ihre Kinder während einiger Tage nicht zur Schule zu. schicken. Sie wollten abwarten, bis die Kälte etwas nachließ. Die Kinder hatten acht Kilometer bis zum nächsten Ort zu gehen, und kamen erst am Abend wieder zurück. Und so schloß sich das Dorf ein. In dieser Nacht des 25. Novembers fiel das Thermometer bis auf 20 Grad unter Null. Burach hüllte sich in Eis und Stille.
    Als der Bäcker Couderc um drei Uhr morgens vom Brunnen vor der Backstube Wasser holen wollte, um den Backtrog zu füllen, fand er nichts als einen Eisblock vor. Leise fluchend begann er ihn mit der Hacke zu zerschlagen, um den Wasserstrahl freizusetzen. Zwischen zwei Schlägen hörte er plötzlich hinter sich ein Geräusch. Jemand ging durch den harschigen Schnee. Um drei Uhr früh war das in diesem kleinen Dorf eine Seltenheit.
    Er drehte sich um und sah die Frau: eine kräftige braunhaarige Person, die ein langes Kleid aus naturfarbener Wolle trug und darüber eine Art Umhang aus Schaffell. Couderc sah, daß das Kleid einen tiefen Ausschnitt hatte, aus dem die Brüste bis zur Hälfte hervor sahen. Und das bei dieser Kälte! Er hatte die Frau noch nie gesehen, aber da man dauernd von Flüchtlingen hörte, dachte er, sie wäre eine von ihnen aus einem Nachbarort und hätte den Weg verfehlt.
    „Was machen Sie denn da? Sie werden sich den Tod holen, wenn Sie in diesem Aufzug draußen Spazierengehen!“
    Die Frau betrachtete ihn verständnislos. Dann wanderte ihr Blick zum Brunnen und zu dem Wasserkübel, den er in der Hand trug.
    „Wohin wollen Sie denn?“ fragte Couderc. „Haben Sie den Weg verloren?“
    Aber sie antwortete nicht.
    Der Bäcker nahm seinen Kübel, füllte ihn mit den Eisstücken, die er los gehauen hatte, und trug ihn hinein zu seinem Backtrog. Um den Wasserstrahl aufzutauen, holte er eine Lötlampe.
    Als er vor das Haus trat, die brennende Lötlampe in der Hand, stand die Frau immer noch beim Brunnen. Erschreckt floh sie vor dem Feuer.
    „Haben Sie keine Angst“, sagte der Bäcker gutmütig. „Ich schmelze nur das Eis ab. Wenn Sie wollen, können Sie sich drinnen in der Backstube aufwärmen.“
    Er näherte die Flamme dem Wasserrohr und beobachtete die Fremde aus dem Augenwinkel. Ihre Kleidung hatte ihn neugierig gemacht. Das lange Kleid aus dicker Wolle mit dem tiefen Ausschnitt, die seltsamen, reich verzierten Schuhe – das alles hatte er noch nie gesehen.
    „Es kommt gleich.“
    Er sprach vom Wasser. Ein großer Zylinder löste sich aus dem Wasserrohr und begann herauszugleiten. Zuerst nur ein Faden, wurde der Strahl immer stärker und floß schließlich normal.
    Er, füllte seine beiden Kübel und ging ins Backhaus zurück.
    „Aber Sie werden doch nicht hier draußen bleiben, oder?“ rief er ihr von der Schwelle zu.
    Die Frau sah ihn an. Sie kam mit vorsichtigen Schritten näher und hob plötzlich die Hand an die Lippen, um einen Schrei zu unterdrücken. Ihr Blick war auf die Glühlampe gefallen, die von der Decke des Raumes baumelte.
    „So kommen Sie schon herein!“ rief Couderc ungeduldig. „Die ganze Wärme geht nach draußen!“
    Er nahm ihren Arm und zog sie zu sich. Sie wehrte sich nicht, aber als er die Tür geschlossen hatte, blieb sie wie hypnotisiert von der Lampe stehen. Er dachte, daß das nach Stunden in der Dunkelheit normal war.
    Ohne etwas zu sagen, goß er
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