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040 - Paris, Stadt der Sünde

Titel: 040 - Paris, Stadt der Sünde
Autoren: Anne Stuart
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rau gewesen, und Cousin Marcus hatte die meiste Zeit in der Kabine zugebracht und seinen Mageninhalt von sich gegeben. Elinor war an Deck geblieben und hatte grübelnd auf die sturmgepeitschten Wogen geblickt, ein Spiegelbild ihrer düsteren Gemütsverfassung. Nachdem das Schiff in Dover vor Anker gegangen war, fühlte Marcus sich etwas besser, verbrachte aber den ersten Tag ihrer Weiterreise ausgestreckt und stöhnend auf der Polsterbank der geräumigen Karosse.
    Mit gesenktem Blick saß Elinor ihm gegenüber in die Ecke gedrängt. Es wäre eine Sünde, froh über die Leiden ihres Reisegefährten zu sein, aber Marcus’ empfindsamer Magen kam ihr gerade recht. Dadurch blieben ihr Gesten seiner Zuneigung erspart, zu denen er sich auf dem Schiff vor seiner Seekrankheit angeregt gefühlt hatte. Seine linkischen Zärtlichkeiten wirkten verkrampft und unecht. Und sein Kuss widerte sie an.
    Natürlich kannte sie den Grund. Er war nicht Rohan. Mit jeder Berührung dieses fremden Mannes kam sie sich seltsam beschmutzt vor. Auch daran musste sie sich gewöhnen.
    Die Hochzeit sollte in dem kleinen Dorf Dunnet an der Küste von Dorset stattfinden, ganz in der Nähe des stattlichen Landgutes ihres Vaters. Es waren zwölf Jahre vergangen, seit sie zum letzten Mal hier war, aber seltsamerweise empfand sie keinerlei freudige Erregung, in ihr Elternhaus zurückzukehren. Ihr Leben hatte jede Farbe verloren, sie sah alles in düsterem Grau, und daran würde sich nichts ändern bis zum Ende ihrer Tage. Da ihr Leben bereits vor ihrer schicksalhaften Begegnung mit dem Fürsten der Finsternis grau und freudlos gewesen war, würde sie auch eine trostlose Zukunft ertragen – ohne Rohan, diesem elenden Mistkerl, der ihr alle Farben des Glücks gezeigt hatte.
    Elinor betrachtete ihren zukünftigen Gemahl, der es sich auf der Bank ihr gegenüber bequem gemacht hatte und vor sich hin döste. Cousin Marcus war ein angenehm aussehender Mann, hochgewachsen und kräftig, was sich mit den Jahren vermutlich zur Fülle wandeln würde. Zu dumm, dass sie eine Schwäche für sehnige Männer mit eleganten geschmeidigen Bewegungen hatte. Im Gegensatz zu seinem schütteren Haupthaar schien Marcus mit einer dichten Körperbehaarung gesegnet zu sein, vermutete sie beim Anblick seines behaarten Handrückens und der krausen Wolle, die ihm aus dem Hemdkragen quoll, als er sich bei einer Übelkeitsattacke seiner Halsbinde entledigte. Und jedes Mal, wenn sie ihn ansah, rieselte ihr Gänsehaut über den Rücken. Sie hatte ihre Gefühlsverwirrung für Rohan überwunden, also würde sie auch ihren Ekel überwinden.
    Die beste Heilung ihres Kummers wären eine rasche Heirat und eine rasche Hochzeitsnacht. Je früher sie unter ihm lag, desto schneller würde sie über ihre rührselige Sehnsucht nach etwas hinwegkommen, das ohnehin nur in ihrer Fantasie existiert hatte.
    Als die Kutsche endlich in die Auffahrt zum alten Herrenhaus einbog, war Elinor vor Müdigkeit wie benommen. Marcus hingegen wurde immer lebhafter und erwartungsvoller, die Folgen seiner Seekrankheit waren endgültig verflogen. „In den letzten Jahren hat sich nicht viel im Haus verändert, Elinor“, erklärte er. „Da ich erst vor Kurzem eingezogen bin, konnten noch keine größeren Umbauten vorgenommen werden.“ Er machte eine Pause und warf ihr einen prüfenden Blick zu. „Und du willst natürlich ein Mitspracherecht bei baulichen Neuerungen, nicht wahr?“

    „Nein“, antwortete sie zerstreut. „Keineswegs. Du kennst das Haus vermutlich besser als ich. Im Übrigen ist es dein Haus.“
    Er lächelte zufrieden. „Gewiss. Aber wenn wir erst verheiratet sind, ist es unser Haus.“ Er leierte die Worte herunter, als habe er sie auswendig gelernt.
    Doch im Moment interessierte sie weder sein Gerede noch das Haus oder die Ländereien. Sie wollte nur ein Bett, um sich auszuschlafen und am besten nie wieder aufzuwachen.
    Der Wagen hielt vor dem Portal, ein livrierter Diener half ihr beim Aussteigen, und Elinor ließ den Blick über die Fassade des Herrenhauses schweifen in Erwartung eines Funkens Wiedersehensfreude, um ihre dunkle Stimmung aufzuhellen. Doch nichts geschah. Die Dienstboten standen zur Begrüßung der Herrschaften aufgereiht auf den Steinstufen, und sie hoffte, vertraute Gesichter zu sehen, zum Beispiel Nanny Maudes jüngere Schwester Betty. Aber all diese Menschen waren ihr fremd, nicht zuletzt der Mann an ihrer Seite. Ein Frösteln durchrieselte sie.
    Cousin Marcus führte sie
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