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0399 - Totentanz im Urnengrab

0399 - Totentanz im Urnengrab

Titel: 0399 - Totentanz im Urnengrab
Autoren: Jason Dark
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zurückgekehrt, ist in ein Versteck auf einem Baum geklettert und hat dann von dort aus gedreht. Sie sehen jetzt den Totenzauber der Aiminas-Indianer.«
    Nach diesem Wort verlöschte das Licht. Ich nahm einen Schluck von meinem etwas bitter schmeckenden, aber erfrischenden Drink und stellte das Glas auf einem kleinen Tisch ab.
    Ein paar Streifen zuckten über die Leinwand, und einen Moment später erschienen die ersten Bilder.
    Ich beugte mich vor, schaute sehr genau hin und erlebte etwas Unwahrscheinliches…
    ***
    Die Nacht war über den Dschungel hereingebrochen und hatte diejenigen Tiere geweckt, die tagsüber schliefen. Man hörte das Schreien der Affen, dazwischen ein schrilles Quieken, Flattern und Surren, Knacken und Klatschen. Gewaltige Mückenschwärme wurden von dem Feuer angelockt, das den Platz vor den Hütten erhellte.
    Ein Dorf im tiefen Regenwald, das nur wenige Weiße bisher gesehen hatten.
    Das Dorf schien unbewohnt zu sein, aber nur auf den ersten Blick, denn in den Hütten lauerten die Menschen. Sie hatten sich dorthin zurückgezogen, und manchmal erschien eine geduckte Gestalt, die eines der primitiven Häuser verließ, Holz nahm und es in das Feuer warf, wobei die Flammen stets aufloderten.
    Das Holz war auf eine besondere Art geschichtet worden. Waagerecht und senkrecht plazierte Scheite bildeten einen Turm, und zwischen ihnen befand sich soviel Platz, daß drei Menschen hineingeschoben werden konnten.
    Ihre Körper wurden von den Flammen umtanzt und leuchteten in einem seltsamen Blau. Die Toten verkohlten und schrumpften in der Hitze. Es war eine Verbrennung, wie sie bei den Naturvölkern immer durchgeführt wurde, wenn jemand starb.
    Irgendwann sanken die Flammen wieder zusammen. Auch das Holz zerbrach, der Haufen fiel ineinander, und die Leichen blieben liegen. Sie waren zwar verbrannt worden, besaßen im Prinzip aber noch ihre ursprüngliche Form.
    Ich fragte den Diplomaten: »Was hat das zu bedeuten?«
    »Werden Sie gleich erleben. Sie müssen nur umdenken. Die Magie dieser Ureinwohner ist ungewöhnlich. Sie verbrennen ihre Opfer, die leben aber trotzdem weiter. Können Sie das verstehen?«
    »Noch nicht.«
    »Dann geben Sie acht.«
    Ich konzentrierte mich wieder auf den Film und schaute zu, wie die Flammen des Feuers in sich zusammenfielen, so daß bald nur mehr ein rotes Leuchten zu sehen war, das sich wie ein farbiger Teppich auf dem Dorfplatz ausbreitete.
    Der Mann, der die Szene gefilmt hatte, besaß eine große Geduld.
    Erst nach einer Weile passierte wieder etwas. Da sah ich die schattenhaften Gestalten, wie sie aus den Hütten huschten und als Ziel das Feuer anvisierten, auf das sie lautlos zuschlichen.
    Einmal holte die Kamera ein Gesicht besonders nahe heran. Es war mit grauer Asche eingerieben worden und zeigte auf den Wangen ein dunkelrotes Muster.
    Das Gesicht drehte ab, und die Kamera verfolgte genau diesen Mann, der wohl eine Art Anführer darstellte. Alle waren sie völlig nackt, dafür aber mit Speeren, Pfeilen und Bögen bewaffnet.
    Vor dem Feuer hielten sie an und bildeten einen Kreis um die dunkelrote Glut.
    Abermals wurde nicht gesprochen, bis sich derjenige, den die Kamera verfolgt hatte, bückte und damit den ersten Schritt ging.
    »Das ist der Häuptling«, wisperte mir der Diplomant zu.
    »Hatte ich mir schon gedacht.«
    Ihm wurde der Vortritt gelassen. Er griff als erster in die heiße Glut hinein, doch es machte ihm nichts aus. Irgendwie konnte er Schmerzen vertragen, schließlich hatte er sich auch eine lange Nadel durch den Hals gebohrt.
    Mit beiden Händen griff er zu.
    »Schauen Sie genau hin, Mr. Sinclair«, hörte ich die flüsternde Stimme meines Nebenmannes. »Was jetzt kommt, begreife ich nicht und werde ich wohl auch nie begreifen.«
    Der Häuptling hatte genau das gefunden, wonach er gesucht hatte. Es war eine der verbrannten Leichen. Er zog sie unter dem Holzstapel hervor, legte sie behutsam auf seinen Arm und ging einige Schritte zur Seite, um sie dort abzulegen.
    Erst als der Tote auf dem Boden lag, bewegten sich auch die anderen Männer. Vier von ihnen, aufgeteilt in zwei Gruppen, kümmerten sich um die nächsten beiden Leichen.
    So vorsichtig wie der Häuptling holten auch sie die Toten hervor und legten sie außerhalb des Feuerscheins zu Boden, so daß die Leichen eine kleine Reihe bildeten.
    Dann verschwand das Bild.
    Ich atmete tief aus. Nur wenig Licht fiel in den Raum, deshalb sah ich den Diplomaten nur schattenhaft. »War das alles?«
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